Rom. Die Waldbrände auf Sizilien kommen auch Urlaubsorten gefährlich nahe. Ein Hoteldirektor hat seine Gäste jetzt im Alleingang evakuiert.
Es sind Stunden der Panik und des Entsetzens, die Hoteldirektor Mario Ballarino schildert. In sein Ressort "Donna Carmela" im Osten Siziliens kommen Menschen, um sich zu entspannen und einen Vier-Sterne-Urlaub in der idyllischen Gegend rund um den Ätna zu verbringen. Doch dessen Hänge haben sich dieser Tage in ein Flammenmeer verwandelt. Wie überall auf Sizilien wüteten auch dort Waldbrände, die beinahe auch Ballarinos Ressort verschlungen hätten. Als die Flammen dem Anwesen mit seinem weitläufigem Garten immer näher kamen, musste der Hotelier seine Gäste – darunter auch einige deutsche Urlauber – in Sicherheit bringen.
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"Wir haben in der Früh bemerkt, dass es in der Nähe unseres Hotels brannte", so Ballarino. Zunächst sei die Lage noch nicht allzu besorgniserregend gewesen. "Als der Schirokko-Wind stärker wurde und die Flammen bedrohlich näher rückten, haben wir begonnen, um Hilfe zu rufen, bekamen aber von der Feuerwehr keine Antwort." Zu überlastet waren offenbar die Feuerwehrkräfte mit der Bekämpfung der Brände. "Die Zeit verging, die Flammen näherten sich, deshalb haben wir beschlossen, die Evakuierung der Gäste allein zu organisieren."
In seiner langjährigen Karriere als Hotelmanager musste Mario Ballarino so manche Krise meistern – aber noch keine solche. Während ein Teil des Personals nach Unterkünften für die Gäste suchte, kämpften andere Mitarbeiter, um die Flammen vom Hotel fern zu halten. Mit Erfolg: Zwar wurden Teile des Parks zerstört, das Gebäude blieb jedoch verschont.
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"Die Kühlungsanlagen und einige Wasserpumpen sind außer Betrieb, doch zum Glück ist das Gebäude unbeschadet", resümiert der Hotelleiter. "Wir denken, dass wir in spätestens zehn Tagen den Normalzustand wieder hergestellt haben. Die Tourismussaison läuft gut, wir sind sicher, dass wir sie retten können." Die aktuellen Gäste sind in der Zwischenzeit in anderen Hotels der Gegend untergekommen.
Waldbrände und Unwetter: Regierung ruft Ausnahmezustand aus
Die italienische Regierung will nach den schweren Bränden im Süden und den Unwettern der vergangenen Tage im Norden den Ausnahmezustand verhängen. Das ermöglicht es dem Kabinett, Einsatzkräfte im Katastrophenfall besser zu koordinieren und bürokratische Hürden zu umgehen. Auch die Fonds für die Eindämmung der Schäden können so schneller ausgeschüttet werden.
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Ein Lichtblick: Die Brände in der Gegend von Catania sind zurzeit größtenteils gelöscht. Die Flammen wüten jedoch weiterhin unweit von Palermo und forderten bereits mehrere Todesopfer. Zwei verkohlte Leichen wurden in Cinisi in der Nähe des Flughafens von Palermo gefunden. Zudem starb am Dienstag eine ältere Frau, weil der Rettungswagen sie wegen der Brände nicht rechtzeitig erreichen konnte.
Feuer in Südeuropa – Bilder von den Waldbränden
Es ist der dritte Tag in Folge, an dem die Hügel um Palermo in Flammen stehen. In der Zwischenzeit hat sich das Feuer auf eine Mülldeponie ausgeweitet. Auch eine Pumpanlage auf der Autobahn Palermo-Messina wurde beschädigt. Über weiten Teilen der sizilianischen Hauptstadt liegen noch immer dichte Rauchschwaden.
Immerhin kann der Flugverkehr von Palermo aus allmählich wieder anlaufen, nachdem er am Dienstag für einige Stunden unterbrochen werden musste. "Inzwischen ist die Lage auf dem Flughafen normal, zum Glück haben die Flammen nur die Außenbereiche des Flughafens erreicht und keine Schäden verursacht", sagt Salvo Ricco, Sprecher der Betreibergesellschaft des Flughafens.
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Feuer in Italien: Brandstiftern drohen höhere Strafen
Italiens Regierung will Konsequenzen ziehen und den Kampf gegen Brandstifter verschärfen. Auf "Waldbrandstiftung" stehen bereits hohe Strafen von bis zu zehn Jahre Gefängnis. Sie sollen weiter erhöht werden, besonders für jene Pyromanen, die Brände legen, um wirtschaftliche Vorteile aus der Tat zu ziehen.
Allein in den vergangenen Tagen fielen den Flammen dutzende Hektar Wald und Buschland zum Opfer. "Die Schäden, die die Brände anrichten, sind nicht bezifferbar", betonte der Landwirtschaftsverbands Coldiretti. "Bis die von den Flammen zerstörten Wälder wieder nachwachsen, dauert es 15 Jahre."