Essen. Weitere Förderprogramme zur Energiewende fallen der Haushaltskrise zum Opfer. Tausende Energieberater verlieren wichtige Einnahmen. Die Details.

Das 60-Milliarden-Loch im Bundeshaushalt zwingt die Bundesregierung zu weiteren Einsparungen. Wegen der Haushaltskrise stoppt das zuständige Bundesamt weitere Förderprogramme. Betroffen ist dabei auch die Energieberatung, eigentlich einer der Stützpfeiler der Energiewende. Im Bundesverband Gebäudeenergieberater Ingenieure Handwerker (GIH), dem Interessenverband der Energieberater in Deutschland, bangen Tausende Mitglieder um ihre Existenz. Es trifft auch Verbraucher: Laut GIH warten aktuell Zehntausende Förderanträge von Bauherren auf Bearbeitung.

Energieberater: Förderstopp gefährdet berufliche Existenz

„Nach den Förderstopps im letzten Jahr und der monatelangen Hängepartie zum mittlerweile verabschiedeten Gebäudeenergiegesetz (GEG) müssen über 15.000 Energieberatende bundesweit ihren Kunden die nächste Hiobsbotschaft mitteilen", kritisiert Stefan Bolln, der Bundesvorsitzende des Energieberatendenverbands GIH. Sanierungswillige aus der Privatwirtschaft und dem Gewerbe bekämen nun für unabhängige und gewerkeübergreifende Beratungen keine Zuschüsse mehr.

Wegen der unklaren Lage zuvor würden laut Bolln jetzt schon Energieberatende und ihre Kunden seit teils über sechs Monaten auf Zehntausende Förderzusagen ihrer Beratungen der „individuellen Sanierungsfahrpläne“ (iSFP) durch das zuständige Bundesamt warten. Laut einer Umfrage des GIH sehen zwei von drei Mitglieder des Energieberatendenverbands den Förderstopp der Beratungsprogramme als existenzbedrohend. In den Sanierungsfahrplänen legen die Energieberater gemeinsam mit den Bauherren Schritt für Schritt die Baumaßnahmen fest. Sie machen einen Großteil der Einnahmen aus.

Bundesregierung legt neun weitere Programme auf Eis

Wegen der akuten Ausgabensperre im Bundeshaushalt hat das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) neun Förderprogramme vorläufig auf Eis gelegt. Sie waren bislang vor allem aus dem Klima- und Transformationsfonds bezahlt worden. Zu den Förderprogrammen, die gestoppt wurden, zählen:

  • die Bundesförderung Aufbauprogramm Wärmepumpe (BAW). Mit diesen Zuschüssen wird die Teilnahme an Schulungen von Mitarbeitern gefördert, die Wärmepumpen einbauen und warten. Die Förderung für den Einbau der Geräte ist nicht gemeint
  • die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW)
  • die Energieberatung für Nichtwohngebäude, Anlagen und Systeme (EBN)
  • die Energieberatung für Wohngebäude (EBW)
  • die Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft (EEW)
  • das Förderprogramm Serielle Sanierung
  • die Richtlinie zur Förderung von Kälte-und Klimaanlagen mit nicht-halogenierten Kältemitteln in stationären und Fahrzeug-Anwendungen (Kälte-Klima-Richtlinie)
  • die Richtlinie zur Förderung von E-Lastenfahrrädern für den fahrradgebundenen Lastenverkehr in Wirtschaft und Kommunen (E-Lastenfahrrad-Richtlinie)
  • das Förderprogramm „Bürgerenergiegesellschaften“ bei Windenergie an Land

Für diese Programme würden mit sofortiger Wirkung keine Anträge zu den Programmen mehr bewilligt oder angenommen, teilte die Bundesbehörde mit. Projekte mit bereits erteilten Förderzusagen könnten hingegen weiterverfolgt werden. Die Pause bezieht sich somit auf neue und noch nicht entschiedene Förderanträge. Nicht betroffen von der Antragsstopp sind die Programme für E-Autos und die Bundesförderung für effiziente Gebäude.

Auch die Förderbank KfW setzt Zuschüsse ab sofort aus

Wenige Tage zuvor hatte auch die bundeseigene Förderbank KfW mit sofortiger Wirkung Programme gestoppt, die den Bereich Wohnen und Bauen betreffen. Laut KfW können ab sofort für folgende Programme keine neuen Anträge mehr gestellt oder Zusagen erteilt werden:

Unklar ist, ob weitere KfW-Förderprogramme von einem Stopp betroffen sind. „Wir stehen im Austausch mit allen auftraggebenden Ressorts, ob der Antrags- und Zusagestopp auch auf weitere Programme anzuwenden ist“, teilte die KfW mit.

Das Bundesverfassungsgericht hatte die Umwidmung von 60 Milliarden Euro Corona-Krediten im Bundeshaushalt 2021 für nichtig erklärt. Das Geld sollte nachträglich für den Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft eingesetzt werden. Nun sucht die Bundesregierung nach neuen Finanzierungswegen.

Riesige Freiflächen-Solaranlagen sollen Schrittmacher bei der Energiewende in NRW sein. Für 2024 hat die Landesregierung sämtliche Fördermittel gestrichen. Das Bild zeigt den größten Solarpark Deutschlands im Landkreis Barnim, östlich von Berlin.
Riesige Freiflächen-Solaranlagen sollen Schrittmacher bei der Energiewende in NRW sein. Für 2024 hat die Landesregierung sämtliche Fördermittel gestrichen. Das Bild zeigt den größten Solarpark Deutschlands im Landkreis Barnim, östlich von Berlin. © dpa

NRW fördert im nächsten Jahr keine Solaranlagen mehr

In Nordrhein-Westfalen hat die Landesregierung vor wenigen Tagen wegen der „angespannten Haushaltslage“ die Förderung von Solaranlagen ausgesetzt. Gestoppt wurden die Mittel sowohl für den Neubau wie auch für den Ausbau aller nicht über das Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG) förderfähigen Solaranlagen. Gestrichen wurden die Zuschüsse für:

  • Freiflächen-, Agri- und Floating-Photovoltaikanlagen
  • Dachanlagen auf Kommunal-Gebäuden mit Speicher
  • Planung und Beratung
  • Wasserkraftanlagen
  • Neue Hauselektrik in Mehrparteienhäusern
  • Fassaden-Photovoltaik
  • Carports mit Photovoltaik-Dach
  • Kleinwindenergieanlagen

Die Details zum Förderstopp für Photovoltaik-Anlagen in NRW haben wir auf dieser Seite aufgeschrieben.

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