Essen. Eine Studie zeigt: Ausgerechnet die Generation Z lebt die geforderte Nachhaltigkeit nur halbherzig. Das ist nicht die einzige Überraschung.

Klimakrise, Artensterben, Plastikmüll – die Sorge um Umwelt und Zukunft spaltet die Gesellschaft, ganz besonders aber die Jüngeren, wie eine neue Studie zeigt. Innerhalb keiner Generation sei das Thema Nachhaltigkeit mehr Menschen wichtiger geworden als in der „Gen Z“ (Geburtenjahrgänge 1997 bis 2012). Doch innerhalb keiner Generation sei es auch mehr Menschen unwichtiger geworden. Das ergab die Circular-Economy-Studie, die das Internetportal Kleinanzeigen.de mit wissenschaftlicher Begleitung des Wuppertal Instituts durchgeführt hat.

Wie zerrissen die Generation Z bei Zukunftsthemen ist, zeigt sich in den Antworten zu Klimaschutzprotesten. Ausgerechnet die Jahrgänge, die mit den Klimastreiks von Greta Thunberg aufgewachsen sind, sprechen sich mit 37 Prozent Zustimmung nur knapp für „Fridays for Future“ aus. 32 Prozent lehnen die Bewegung gar ab. Alle anderen Generationen sind dagegen.

Boomer befürworten Tempolimit stärker als die jüngeren Generationen

Die Bewegung „Letzte Generation“, deren Aktivisten sich auf Straßen festkleben, Bilder oder Denkmäler beschmieren, stößt über alle Generationen hinweg auf Ablehnung – von der Gen Z (48 %) bis zur Boomer-Generation (82%). Zu den Baby-Boomern oder Boomern zählen die Menschen, die in Zeiten steigender Geburtenzahlen kurz nach dem Zweiten Weltkrieg geboren wurden. Doch selbst bei den Jüngsten (Gen Y: 25%, Gen Z: 24%) gibt es wenig Unterstützung, so die Studie.

Oft aber sei der Wunsch nach einem nachhaltigen Leben größer als die Wirklichkeit. Immer noch gebe es eine große Kluft zwischen dem Umweltbewusstsein der Gesellschaft und dem entsprechenden Verhalten, schreiben die Autoren. Diese Widersprüche zeichnen die Autoren anhand aktueller Debatten nach.

Alle Generationen befürworten laut Erhebung ein Tempolimit. Überraschend: Die Boomer-Generation sogar mehr (58%) als die Gen Z (46%). Den Autobahn-Ausbau hingegen will keine Generation mehrheitlich stoppen, am wenigsten die Gen X (47% Ablehnung). Beim Ausbau der Schiene (72 % Zuspruch) und von Radwegen (68% Zuspruch) sind sich die Menschen ebenso einig wie bei dem Ende der Subventionen für fossile Energien. Im Gegensatz dazu: Ein Verbot für Autos mit Verbrennungsmotoren lehnen die Befragten eher ab (51%).

Nachhaltiges Leben: „Die anderen“ sollten beim Umweltschutz vorangehen

Überhaupt sind es „die anderen“, die beim Umweltschutz etwas tun sollten, ergab die Befragung. 47 Prozent halten die Bemühungen Einzelner für vergebens, wenn sich andere dem Umweltschutz verweigerten. „Meine Mitmenschen sollten nachhaltiger werden“, sagten 65 Prozent.

Quer über alle Generationen hinweg verhalten sich laut Studie rund zwei Drittel (65 Prozent) der Menschen nur gelegentlich, selten oder nie umweltfreundlich. Die Autoren folgern: Vielen Menschen fehlt es an Wissen, um die Nachhaltigkeit von Produkten bewerten zu können. 52 Prozent können demnach nur schwer beurteilen, ob die Nachhaltigkeitsinformationen vertrauenswürdig sind. 45 Prozent finden es schwer, Informationen darüber zu finden, ob ein Produkt nachhaltig hergestellt wurde. Und mehr als ein Drittel (34 %) hat gar Schwierigkeiten, die Informationen über die Nachhaltigkeit von Produkten überhaupt zu verstehen.

Gütesiegel auf Lebensmitteln sollen Verbraucher auf nachhaltige Produkte aufmerksam machen. Viele aber fühlen sich durch die Flut von Siegeln überfordert.
Gütesiegel auf Lebensmitteln sollen Verbraucher auf nachhaltige Produkte aufmerksam machen. Viele aber fühlen sich durch die Flut von Siegeln überfordert. © dpa

Wuppertal Institut kritisiert: Fehlende Informationen und Flut von Gütesiegeln

„Die Menschen wollen ganz überwiegend weniger Müll verursachen – aber wie das tatsächlich sinnvoll im Alltag aussehen kann, ist oft nicht leicht zu beantworten“, sagte Prof. Dr. Henning Wilts, Abteilungsleiter Kreislaufwirtschaft am Wuppertal Institut. Der Gesetzgeber müsse es Verbraucherinnen und Verbrauchern einfacher zu machen, tatsächlich ambitionierte Unternehmensinitiativen von billigem Greenwashing zu unterscheiden, so Wilts. Kathleen Jacobs, Senior Researcherin am Wuppertal Institut, kritisierte eine „regelrechte Flut von Lebensmittel-Gütesiegeln“, die bei Verbrauchern für Verwirrung und Unverständnis sorge, während es bei anderen Produkten wie Elektrogeräten oft an Nachhaltigkeitslabels fehle.