Essen. Mit dem Veganuary starten viele Menschen vegan ins neue Jahr. Doch eine Gesetzeslücke macht es ihnen schwer, fleischlose Lebensmittel zu finden.
- Im „Veganuary“ starten Menschen freiwillig fleischlos ins Jahr und ernähren sich einen Monat lang rein pflanzlich.
- Noch immer fehlt eine rechtsverbindliche Definition der Begriffe „vegetarische“ und „vegane Lebensmittel“
- Die Gesetzeslücke hat Folgen: In veganen Lebensmitteln können tierische Inhaltsstoffe stecken. Wir erklären, worauf Veganer achten müssen
Der „Veganuary“ will Menschen weltweit ermutigen, einen Monat lang auf Fleisch zu verzichten und sich rein pflanzlich zu ernähren. „Veganuary“ ist eine Wortschöpfung aus den Begriffen „Vegan“ und „January“. Viele Discounter und auch vegane Restaurants werben mit ihren Angeboten. Den Aktionsmonat gibt es seit 2014.
Hinter veganer Ernährung steht fast immer der Wunsch, möglichst ethisch und nachhaltig zu leben. Das Motiv: Fleisch und Milch aus Massentierhaltung belasten das Klima, und für rein pflanzliche Produkte müssen keine Tiere sterben.
Drei Prozent der Menschen in Deutschland leben inzwischen vegan, ergab eine Forsa-Umfrage aus dem August 2023. Neun Prozent bezeichnen sich demnach als Vegetarier. Zusammen betrachtet bedeutet das: Rund zehn Millionen Menschen verzichten hierzulande auf Fleisch. Doch welche Lebensmittel sind wirklich vegan? Wo lauern versteckte Zusatzstoffe tierischen Ursprungs? Wir erklären, was Verbraucher wissen müssen.
Aldi, Lidl und Co. entdecken neue Zielgruppen
Das veränderte Ernährungs- und Konsumverhalten der Verbraucher spiegelt sich in den Verkaufsregalen der Supermärkte wider. Fleischersatzprodukte aus Tofu, Soja, Tempeh oder Seitan haben hier längst Einzug gehalten. Im Jahr 2022 wurden insgesamt 104.300 Tonnen Fleischalternativen produziert, im Vorjahr waren es rund 97.900 Tonnen. Die Discounter haben die neuen Zielgruppen ins Visier genommen. Aldi etwa kündigte vor wenigen Tagen an, bis Ende 2024 sein Sortiment auf 1000 vegan gekennzeichnete Produktsorten auszuweiten.
Doch auch wenn sich laut des Allensbacher Instituts für Demoskopie die Anzahl der in Deutschland lebenden Veganer und Veganerinnen von 2015 bis 2021 verdoppelt hat, ist die Nachfrage nach tierischen Produkten nach wie vor um ein Vielfaches höher. Laut Statistischem Bundesamt produzierten die gewerblichen Schlachtunternehmen im ersten Halbjahr 2023 knapp 3,3 Millionen Tonnen Fleisch. Insgesamt wurden im ersten Halbjahr 23,6 Millionen Schweine, Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde sowie 343,9 Millionen Hühner, Puten und Enten geschlachtet.
Für „vegan“ und „vegetarisch“ gibt es keine gesetzliche Definition
Veganer, Vegetarier, Flexitarier – Was heißt das eigentlich genau? Wie unterscheiden sich die alternativen Ernährungsweisen, und stimmt es, dass auch in veganen Lebensmitteln tierische Inhaltsstoffe versteckt sein können?
Veganer haben es nicht leicht. Eine Gesetzeslücke macht es ihnen schwer, rein pflanzliche (vegane) und vegetarische Produkte auf Verpackungen zuverlässig zu erkennen. Tatsächlich gibt es bislang in Deutschland für Lebensmittel keine gesetzliche Definition der Begriffe „vegan“ und „vegetarisch“.
Leitlinien bei der Kennzeichnung sollen helfen
Es gibt jedoch Leitlinien bei der Kennzeichnung, nach denen sich Veganer richten können. Auf diese grundsätzlichen Punkte hatten sich die Verbraucherschutzminister der Bundesländer 2016 geeinigt. Sie wurden als Leitsätze ins Deutsche Lebensmittel übernommen. „Die Leitsätze sind rechtlich nicht bindend und wie Sachverständigengutachten zu verstehen, die die allgemeine Verkehrsauffassung darstellen“, erklärt Elisabeth van Thiel, Ernährungs-Expertin bei der Verbraucherzentrale NRW. „Daher werden diese bei rechtlichen Auseinandersetzungen aber durchaus einbezogen.“
Was also ist vegan, was vegetarisch? Die Verbraucherzentrale NRW fasst die im Deutschen Lebensmittelbuch veröffentlichten Definitionen so zusammen:
- Vegan: Als vegan und vegetarisch gekennzeichnete Lebensmittel dürfen keine Zutaten (einschließlich Zusatzstoffe, Trägerstoffe, Aromen, Enzyme), Verarbeitungshilfsstoffe und vergleichbare Stoffe enthalten, die tierischen Ursprungs sind
- Vegetarisch: Zusätzlich dürfen als vegetarisch bezeichnete Lebensmittel Milch, Kolostrum, Farmgeflügeleier, Bienenhonig, Bienenwachs, Propolis und Wollfett enthalten, sowie Produkte daraus
Eine erste Orientierung im Supermarkt: Gütesiegel
Verbraucher, die im Supermarkt nach veganen oder vegetarischen Lebensmitteln suchen, können sich als erste Orientierungshilfe nach Gütesiegeln richten. Die Kennzeichen werden nicht von staatlichen Institutionen vergeben, beinhalten aber europaweit einheitliche Kriterien.
Das V-Label
Das Verbrauchern wohl vertrauteste Logo ist das V-Label, das von der Europäischen Vegetarier-Union (EVU) entwickelt wurde. Es gibt ein Label für vegane und eines für vegetarische Produkte. Lebensmittel, die das V-Label tragen, dürfen für die Verarbeitung keine der folgenden Zutaten oder Hilfsstoffe enthalten:
- Tierfleisch (Fleisch, Geflügel, Fisch, Meeresfrüchte)
- Zutaten, die aus Fleisch oder Knochen hergestellt werden (in Suppen, Saucen oder Zubereitungen)
- Tierische Fette (Ausnahme: Butterfett), Bratfette oder Margarine, die Fischöl oder ähnliche Produkte enthalten, zum Beispiel in Kuchen, Aufläufen, Pasta, zum Backen und Braten, zum Einfetten der Backbleche und Büchsen oder irgendeiner anderen Verwendung
- Gelatine, Aspik, Geliermittel tierischer Herkunft
- Gelée Royale (spezielles Bienenprodukt)
- andere Produkte, die Zutaten aus Schlachtabfällen enthalten
Quelle: www.verbraucherzentrale.nrw
Die Kriterien des V-Labels entsprechen den Leitlinien des Deutschen Lebensmittelbuches. In einigen Punkten gehen die Standards des V-Labels über die Leitsätze hinaus. Eier etwa dürfen nicht aus Käfighaltung stammen, ihre Herkunft muss schriftlich nachgewiesen werden. Gentechnisch veränderte Produkte dürfen das „V“ ebenfalls nicht tragen. Honig ist lediglich in vegetarischen Produkten erlaubt.
Vorgesehen sind auch Kontrollen, die stichprobenartig oder unter Umständen unter Einschaltung eines unabhängigen Prüflabors stattfinden können.
Das EcoVeg-Logo
Das EcoVeg-Logo kennzeichnet vegane Lebensmittel in Bio-Qualität. Dieses vegane Logo wurde 2015 von dem Verein VegOrganic e.V. entwickelt. Diese Zusammenschluss von Fachleuten aus der Biobranche setzt sich für eine transparente und unabhängige Kontrolle veganer Produkte in Bioqualität ein.
Um das Label zu erhalten, müssen die Produkte ausschließlich aus pflanzlichen Inhaltsstoffen zusammengesetzt sein. Sie dürfen nur ohne technische Hilfsstoffe aus tierischen Organismen produziert werden. Unternehmen, die sowohl vegane als auch tierische Lebensmittel herstellen, müssen bei der Produktion eine räumliche und zeitliche Trennung gewährleisten und die Lebensmittel später auch getrennt lagern. Es werden nur Produkte gekennzeichnet, die bereits mit einem gültigen EU-Bio-Label zertifiziert sind. Das Label wird immer nur für ein Jahr vergeben, dann finden neue Überprüfungen statt.
Das Fairtrade-Siegel
Das Logo ist keine explizit vegane Kennzeichnung, jedoch auf vielen veganen Produkten zu finden. Es verweist auf Waren, deren Zutaten zu 100 Prozent aus fairem Handel stammen und bei deren Herstellung bestimmte soziale, ökologische ökonomische Kriterien eingehalten wurden. Das Sozialsiegel soll sicherstellen, dass Kleinbauern und Kleinbäuerinnen einen garantiert kostendeckenden Preis für ihre Waren erhalten. Bestimmte Pestizide sind verboten, ökologische Landwirtschaft wird belohnt.
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Das Problem mit den Zutaten
„Wer absichtlich keine Tierprodukte kauft, möchte auch unabsichtlich keine kaufen“, kritisiert die Tierschutzorganisation Peta. Dahinter steckt dieses Problem: Vegane Lebensmittel können versteckt tierische Inhaltsstoffe enthalten, die sich nicht ohne weiteres anhand der Zutatenliste erkennen lassen. So müssen Hersteller bei Zusatzstoffen, Aromen und Vitaminzusätzen bisher nicht angeben, ob sie tierischen Ursprungs sind. Hier hilft oft nur eine Liste der E-Nummern oder ein Anruf beim Hersteller weiter.
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Andere Zutaten wie etwa Lösungsmittel und Trägerstoffe für Zusatzstoffe, Aromen und Vitamine oder Verarbeitungshilfsstoffe müssen nicht zwingend im Zutatenverzeichnis aufgeführt werden – sie können jedoch tierischen Ursprungs sein.
Eine Übersicht über Zusatzstoffe, die tierischen Ursprungs sein können, haben die Verbraucherzentralen auf dieser Seite des Informationsportals Lebensmittelklarheit.de veröffentlicht.
Auf diese E-Nummern sollten Veganer achten
Dass Fruchtgummi mit Gelatine aus Schweineschwarte hergestellt sein kann, wissen die meisten Veganer. In der Liste der Inhaltsstoffe sollten sie jedoch auch nach dem Kürzel „E120" Ausschau halten. Dahinter versteckt sich der rote Farbstoff Echtes Karmin, der aus der Schildlaus gewonnen wird. Auch in Konfitüren und Fruchtzubereitungen kann E120 enthalten sein.
Schokolade oder damit überzogene Gebäckstücke glänzen, wenn Schellack (E904) verwendet wird. Das Überzugsmittel wird aus Lackschildläusen gewonnen. Auch Bienenwachs (E901) kann zu diesem Zweck Verwendung finden.
Bei Backwaren wie Brot oder Brötchen kann der Zusatzstoff L-Cystein verarbeitet werden, er macht den Teig leichter knetbar. Es handelt sich dabei um eine Aminosäure, die aus Schweineborsten oder Vogelfedern hergestellt wird. Dieser Zusatzstoff trägt das Kürzel E920 – erkennbar ist das allerdings nur bei verpackten Backwaren.
Bei veganen Säften oder Weinen wird oft Gelatine aus dem Bindegewebe von Tieren verwendet, um die Flüssigkeit zu klären. Bei Weinen kann dafür auch die Schwimmblase vom Stör benutzt werden. Da in beiden Fällen die Hilfsstoffe wieder entfernt werden, müssen sie nicht auf den Produkten deklariert werden. Auch hier gilt: Im Zweifel bleibt nur die Nachfrage beim Hersteller.
Verbraucherschützer fordern verbindliche Kennzeichnung
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Mehr Klarheit in der Kennzeichnung veganer Lebensmittel fordern Verbraucherschützer, darunter auch die Organisation Foodwatch. „Die Leitsätze sind ein guter Anfang“, sagt Expertin van Thiel, „aber wir als Verbraucherzentrale wünschen uns eine Rechtsverankerung der Begriffe vegan und vegetarisch sowie klare Angaben auf der Vorderseite der Produktverpackung, dass es sich um ein veganes oder vegetarisches Lebensmittel handelt.“ Ausgedachte Fantasienamen für diese Produkte könnten Verbraucher verwirren.
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