Siegen/Röspe. Nicht nur Ralf Heuk äußert Kritik an Lärm und Umweltbelastung durch Schießübungen der Jäger. Das sagt die Aufsichtsbehörde dazu.
Ralf Heuk hat seinem Ärger über die Lärmbelastung durch die Schießübungen auf dem Schießstand der Kreisjägerschaft Siegen-Wittgenstein in Röspe Luft gemacht. Im Gespräch mit dieser Zeitung hatte berichtet, dass er nicht allein sei mit seiner Kritik und dass sich inzwischen viele anonyme Tippgeber per E-Mail an ihn wenden. Dabei geht es nicht allein um die Lärmbelastung von Anwohnern. Kritik gibt es auch an der Umweltbelastung durch Geschossteile im Boden und den mit Teilen von zerschossenen Tontauben übersäten Waldboden. Fotos von anonymen Fotografen liegen auch der Redaktion vor.
Der Kreis Siegen Wittgenstein bestätigt, dass immer mehr Kritik laut wird: „In den letzten Monaten sind in größerer Anzahl überwiegend anonyme, inhaltlich recht gleichlautende Beschwerden zum Schießstand Röspe bei den Dienststellen des Kreises, aber auch bei kreisangehörigen Städten und Gemeinden sowie Behörden des Landes, unter anderem auch beim Umweltministerium des Landes eingegangen“, bestätigt der zuständige Umwelt-Dezernent des Kreises Arno Wied auf Nachfrage der Redaktion.
Den Beschwerdeführern habe Wied mangels Kontaktdaten persönlich nicht antworten können. „Ansonsten kann ich für die Dienststellen des Kreises, die in der Zwischenzeit auch ausführlich dem Umweltministerium berichtet haben, sagen, dass die Beschwerden ernst genommen und behandelt werden“, macht Wied deutlich.
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„Ich kann für die Dienststellen des Kreises sagen, dass die Beschwerden ernst genommen und behandelt werden.“
Die Kreisverwaltung habe sich intensiv mit der Genehmigung und den gesetzlichen Vorgaben für den Betrieb des Schießstandes auseinandergesetzt und auch die Umweltbelastung geprüft.
Zur Genehmigung
Der Schießstand in Röspe wurde erstmalig 1970 durch den Landkreis Wittgenstein genehmigt und wird seit mehr als 50 Jahren für die Ausbildung von Jägern, zur Vorbereitung auf das Ablegen der Jägerprüfung und das jagdliche Pflicht- und Übungsschießen genutzt. Der mit Trap-/Skeet-Wurftaubenanlagen und Kugelschießstandanlagen ausgestattete Schießstand sei immer wieder an sich verändernde Anforderungen des jagdlichen Schießens angepasst und modernisiert worden. Die für die Errichtung und den Betrieb des Schießstandes und seiner Anlagen notwendigen Genehmigungen sind im Laufe der Jahre durch die Immissionsschutzbehörde und die Bauaufsichtsbehörde des Kreises Siegen-Wittgenstein, das ehemalige Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Siegen und die Kreispolizeibehörde Siegen-Wittgenstein erteilt worden, berichtet die Kreisverwaltung.
„Unabweisbar notwendig“
Der Kreis betont, dass der Schießstand auch nicht einfach verzichtbar ist: „Da mit vielen der anonym vorgetragenen Beschwerden auch Meinungen transportiert wurden, nach denen der Schießstand Röspe als unnötige und deswegen zu schließende Einrichtung einzustufen wäre, auch zu diesem Aspekt noch einige Worte. Jäger haben nach den gesetzlichen Bestimmungen z.B. des Bundesjagdgesetzes das Jagdrecht mit der Pflicht zur Hege. Die Hege zielt auf die Erhaltung artenreicher und gesunder Wildbestände ab. Um diesem Auftrag erfüllen zu können, sind Schießstände zur flächendeckenden und wohnortnahen Versorgung der Jägerschaft mit geeigneten Ausbildungs- und Übungsstätten unabweisbar notwendig“, begründet der Kreis die Notwendigkeit des Schießstandes.
Mit Blick auf Umweltgefahren ergänzt der Kreis, dass insbesondere die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen eine sogenannte Konzentrationswirkung besäßen. Das heißt, baurechtliche Regelungen, Gewässer-, Boden- oder Naturschutzrecht werden berücksichtigt. „Damit kann es als sichergestellt erachtet werden, dass die Anlagen und Einrichtungen des Schießstandes und die dort ausgeübte Schießnutzung den aktuellen rechtlichen Anforderungen und Vorgaben entsprechen.“ Außerdem genieße er nach Vorgaben des Landschaftsplanes Erndtebrück „Bestandsschutz“. Für den seit 2011 geltenden Landschaftsplan seien die Belange des Arten- und Naturschutzes geprüft und genehmigt worden. „Zulässigkeit und Nutzung des Schießstandes sind daher auch naturschutzrechtlich nicht infrage zu stellen“, so der Kreis.
Zur Lärmbelastung
Zu der in den Beschwerden als „unangenehm“ oder auch „unzumutbar“ empfundenen Geräuschbelastung schaut der Kreis in die „maßgebliche Verwaltungsvorschrift“, die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm“ (TA Lärm). Die lässt werktags einen Schießbetrieb von 7 bis 20 Uhr als Betriebszeit zu, was in Röspe nach den vorliegenden Erkenntnissen aber deutlich unterschritten werde. Für die ausnahmsweise Nutzung an Sonntagen oder Sonderveranstaltungen, die nach der TA Lärm als „Seltene Ereignisse“ definiert werden, gelten besondere Einschränkungen, die nach Auskunft der Kreisjägerschaft und allen in Siegen vorliegenden Erkenntnissen eingehalten werden.
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Außerdem argumentiert der Kreis mit der Lage des Schießstandes im Wald und einer „deutlich über einen Kilometer Luftlinie jenseits des nächstes Höhenzuges entfernt“ liegenden Ortschaft Röspe. Um dennoch Klarheit zu bekommen, habe der Kreis einem der nicht anonymen Beschwerdeführer angeboten, die entstehenden Immissionswerte konkret zu messen. Es ist vorgesehen, dies nach der Wiederaufnahme des Schießbetriebs im kommenden Frühjahr umzusetzen.
Zur Umweltsituation
Der Kreis kennt die Bleibelastung von Teilen des Schießstandes und dessen Umfeld. „Zur Umweltsituation ist zu bestätigen, dass seit mehreren Jahren bekannt und bestätigt ist, dass Teilflächen im Bereich des Schießstandes und in dessen Umfeld durch die frühere Art und Weise des Schießbetriebes und der dabei eingesetzten Materialien schadstoffbelastet sind. Dazu ist aber darauf hinzuweisen, dass Bodenbelastungen auf Schießständen schon seit den 1990er Jahren thematisiert werden und die Bundesländer nach und nach konkrete Untersuchungen veranlasst haben. Die hier für den Schießstand Röspe gegebene Situation ist also alles andere als ein besonderer Einzelfall“, so der die Verwaltung weiter.
Es gebe eine vom Land geförderte genaue Untersuchung der Boden und Gewässerbelastung aus dem Jahr 2015. Es ist davon auszugehen, dass der Sanierungsaufwand Kosten in Höhe von aktuell mindestens 800.000 Euro verursachen wird. Aufgrund dieses enormen Kostenaufwands wird fortwährend unter Einbeziehung der davon tangierten Fachbehörden weiterhin nach alternativen Lösungen gesucht. Aktuell werde auch nach einer Finanzierungsmöglichkeit für die Sanierung mit dem Landesjagdverband und dem Land gesucht.