Bad Berleburg. Auch Bad Berleburg setzt auf differenzierte Hebesätze: Wohngrundstück werden günstiger, Geschäfts- und Mischgrundstücke aber massiver belastet.

Nachdem die Entscheidung in Erndtebrück bereits zugunsten der differenzierten Hebesätze gefallen ist, bereitet auch die Stadt Bad Berleburg diese Lösung vor. Beraten wird darüber im Haupt- und Finanzausschuss am 7. November und final entschieden wird durch den Stadtrat am 11. November. Sie ist damit nicht allein. Auch das geht aus der Vorlage für die Sitzungen hervor:

„Eine Abfrage im Umfeld der Stadt Bad Berleburg ergab, dass alle Kommunen des Kreises Siegen-Wittgenstein sowie die im Hochsauerlandkreis benachbarten Kommunen Winterberg, Hallenberg und Medebach aktuell zur Einführung von differenzierten Hebesätzen tendieren.“

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Der Vorteil sei: Differenzierte Hebesätze lassen eine Unterscheidung zwischen Wohngrundstücken und Nichtwohngrundstücken zu. Mit der Grundsteuer B für Wohngrundstücke werden Ein- oder Mehrfamilienhäusern, Mietshäusern oder Wohneigentum belegt. Unter „Nichtwohngrundstücke“ fallen Geschäftsgrundstücke, gemischt genutztes Grundeigentum, sonstige bebaute und unbebaute Grundstücke. Eine Mehrbelastung von bislang unbebauten Baugrundstücken ist dabei einkalkuliert. Die Schließung von Baulücken war schon oft Thema der Politik und mündete in der Diskussion um eine Grundsteuer C. Die wäre mit den differenzierten Hebesätzen ebenfalls vom Tisch.

„Wenn diese vielen Wohngrundstücke also entlastet werden, müssen die in Relation wenigen Nichtwohngrundstücke entsprechend stärker belastet werden, um die Aufkommensneutralität zu wahren.“

Stadt Bad Berleburg
aus der Vorlage

Grundlage der Steuerberechnungen sind Hebesätze, die die Finanzverwaltung veröffentlicht hat. Für die Grundsteuer B in Bad Berleburg würde ohne Differenzierung ein aufkommensneutraler Hebesatz von 694 Prozent für Wohngrundstücke und Nichtwohngrundstücke gelten. Durch die gewünschte Differenzierung würden sich zwei neue Hebesteuersätze für die Grundsteuer B ergeben. Für Wohngrundstücke läge der Wert in Bad Berleburg bei 592 Prozent und für Nichtwohngrundstücke bei 1018 Prozent. Das entspräche einem Verhältnis von 1,7 und gilt damit als rechtlich unproblematisch. Einen solchen Unterschied weisen im Kreis ansonsten nur noch Freudenberg, Wilnsdorf und Neunkirchen aus. Der Rest aller Kommunen in Siegen-Wittgenstein liegt bei einer Spreizung von 1:2 zwischen den beiden differenzierten Hebesätzen.

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Gemessen an dem einheitlichen, aufkommensneutralen Hebesatz für die Grundsteuer B von 694 Prozent für Bad Berleburg lassen sich im Vergleich zu den differenzierten Hebesätzen Be- und Entlastungen beim final festzusetzenden Steuerbetrag feststellen: „Die Wohngrundstücke werden also im Falle der für die Stadt Bad Berleburg festgesetzten Werte durch die Hebesatzdifferenzierung unmittelbar um 15 Prozent entlastet, was das erklärte Ziel dieser Gesetzesänderung ist. Demgegenüber werden zur Aufkommensneutralität die Nichtwohngrundstücke unmittelbar um 47 Prozent zusätzlich belastet. Die Diskrepanz liegt darin begründet, dass die größere Gruppe der Wohngrundstücke das fast 3,5-fache Volumen an Messbeträgen beinhaltet. Wenn diese vielen Grundstücke also entlastet werden, müssen die in Relation wenigen Nichtwohngrundstücke entsprechend stärker belastet werden, um die Aufkommensneutralität zu wahren“, heißt es in der Vorlage und dort steht weiter: „Es sei an dieser Stelle nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich die hier dargestellten Be- und Entlastungen jeweils auf das Gesamtvolumen beziehen und dass diese nicht für den Einzelfall im Vergleich zu Vorjahren gelten. Für die Belastung im Einzelfall ist eben maßgeblich die Neubewertung der Grundstücke einzubeziehen, deren Notwendigkeit überhaupt erst Anlass der bundesweiten Grundsteuerreform war.“

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Unterm Strich ist die Argumentation eindeutig: „Aus Sicht der Verwaltung überwiegen die Vorteile aus dem sozial- und gesellschaftspolitischen Zweck der Wohnkostenstabilisierung bzw. -reduzierung bei gleichzeitig zu erwartender Mobilisierung von Bauland dem möglichen Prozessrisiko, welchem sich alle Kommunen im Kreisgebiet unterwerfen.“

Tatsächlich kann jeder einzelne Bad Berleburger Grundstücksbesitzer gegen die neuen Festsetzungen klagen. Die Stadt beziffert das Ausfallrisiko bei der Grundsteuer B auf einen sechsstelligen Betrag jährlich.