Bad Berleburg. „Es ist wichtig, auf dem neusten Stand zu sein“: Verena Pöppel und ihr Team helfen Menschen dabei, ihre Lebensqualität im Alltag zu verbessern.
Sich anziehen, die Schuhe zubinden, sich aufs Wesentliche konzentrieren, zurück in den Arbeitsalltag finden oder auch mehr Selbstbewusstsein erlangen: Es gibt die unterschiedlichsten Bereiche im Alltag, in denen Ergotherapeuten zum Einsatz kommen. Dabei spielt das Alter keine Rolle, wie Verena Pöppel verrät. 2010 machte die Berleburger Ergotherapeutin ihr Staatsexamen, leitete später eine Praxis, bevor sie 2016 ihre erste eigene eröffnete. Seit zweieinhalb Jahren ist sie mit ihrem Team in der Mühlwiese 11, begleitet dort viele Menschen auf ihrem Weg, ihr ganz persönliches Ziel zu erreichen. „Und was gibt es Schöneres als Menschen bei ihren Erfolgserlebnissen begleiten zu dürfen?“, sagt sie. Dafür setzt das fünfköpfige Team auf moderne Behandlungskonzepte.
Und schnell wird klar: Das Arbeitsfeld der Ergotherapie ist groß. Menschen mit ADHS, Wahrnehmungsstörungen, Depressionen oder neurologischen Problemen kommen ebenso zu ihnen wie auch Menschen nach Operationen oder Schlaganfällen, um nur einen Bruchteil der individuellen „Störungsbilder“ zu nennen.
Unter anderem sind in der Praxis zwei Handtherapeutinnen tätig, die alles rund um Hände behandeln. „Vielen ist das gar nicht bewusst“, erklärt Verena Pöppel. „Leider haben wir Ergotherapeuten auch heute noch ein kleines Imageproblem. In den 1990er-Jahren wurden wir nicht selten als Basteltanten abgestempelt. Auch heute noch fragen einige, was man eigentlich macht. Dann heißt es: Ihr bastelt und massiert doch nur. Dabei ist es weit weg von dem, was wir wirklich tun.“
Auch wenn der Beruf des Ergotherapeuten nur schwer in wenigen Worten zu beschreiben sei, so könnte man sagen, dass sie Menschen dabei helfen, „ihnen eine größtmögliche Handlungsfähigkeit in Beruf, Schule und im Alltag zu ermöglichen. Das Leben in der Hand zu haben und selbst handeln zu können, sind Grundvoraussetzungen für Gesundheit und Lebensqualität“, so Pöppel.
Vom Kleinkind über Vorschulkinder und junge Erwachsene bis hin zu älteren Menschen werden in der Praxis behandelt. „Wir fahren aber auch in die Einrichtungen wie Altenheim oder Kindergarten oder machen Hausbesuche.“ Dabei hat sich jeder im Team auf mehrere Fachrichtungen spezialisiert. „Auf Kinder beispielsweise sind alle hier spezialisiert. Aber es gibt manche, die vor allem Kinder mit sozio-emotionalen Störungsbildern behandeln, andere eher Patienten mit neurologischen Einschränkungen.“ Die können unter anderem nach einem Schlaganfall, Multipler Sklerose oder anderen Erkrankungen auftreten. Die Ziele der Patienten sind dabei individuell - so wie auch ihre Einschränkung selbst.
Zu Beginn jeder Ergotherapie werden gemeinsam mit dem Patienten ein ganz konkretes Ziel erarbeitet. „Was möchte er erreichen? Wo liegt das Problem? Wir wollen dabei so zielorientiert arbeiten, dass jeder von ihnen direkt sagen kann, was Ergotherapie bei ihm bedeutet“, erklärt die 36-Jährige, die in den vergangenen Monaten und Jahren die Struktur der Praxis komplett umgekrempelt hat. „Mir ist es wichtig, dass wir auf dem neusten Stand sind, was unsere Arbeit betrifft.“
Steckbrief: Praxis für Ergotherapie
Praxis für Ergotherapie, Mühlwiese 11, 57319 Bad Berleburg, 02751 / 8923450
Standort: 1
Mitarbeiter: 5
Branche: Ergotherapie
Arbeitszeit: Termine werden immer nach Vereinbarung mit den jeweiligen Mitarbeitern gemacht (flexible Arbeitszeiten), die Regelarbeitszeit liegt bei 38 Stunden, je nach Absprache auch in Teilzeit
Arbeitsplatz: Praxis, Einrichtungen, Hausbesuche
Weiterbildungen/Fortbildung: regelmäßig, mindestens eine pro Jahr
Ausbildungsbetrieb: ja, Zusammenarbeit mit Schulen in Siegen, Bestwig, Marburg und Cölbe, mehrere Staatsexamensprüfungen in der Praxis
Besonderheiten: gemeinsame Teamsitzung einmal die Woche, regelmäßige Ausflüge wie z.B. Essen gehen
Bei Kindern werden meist auch die Eltern in die Behandlungen mit einbezogen. „Das ist enorm wichtig.“ Manchmal kommen die Eltern mit ihrem Kind zur Ergotherapie, nachdem sie bei der Früherkennungsuntersuchungen beim Arzt waren. „Die Ergotherapie arbeitet dann ganzheitlich, das heißt auch Einrichtungen wie die Kindergärten können Empfehlungen aussprechen“, erklärt Pöppel.
„Es werden dann drei Ziele gesteckt - das des Kindes, der Eltern und der Einrichtung“, so Pöppel. „Mit dem Ziel des Kindes wird dann begonnen, dann ist es für das Kind spannender.“ Und die lernen schnell ein bestimmtes Vorgehen, wenn es um das Erreichen ihrer persönlichen Ziele geht: „plan-do-check“.
„Es geht darum, sich selbst eine Strategie zu erarbeiten, um bestimmte Fähigkeiten zu erreichen und daraus zu lernen.“ Das sogenannte CO-OP-Modell ist laut Pöppel eine Instruktionsmethode, bei der der Therapeut und die Eltern Prozessbegleiter sind und das Lernen begleiten. „Es gibt Störungsbilder, bei denen Kinder nicht durch Gesehenes lernen können, bei diesen Kindern hilft ausschließlich diese bestimmte Vorgehensweise“, so Verena Pöppel. Allerdings sei CO-OP auch eine Methode, die auf viele Bereiche im Alltag anwendbar sind. „Was ist mein Ziel und wie kann ich es am besten erreichen? Wenn ein bestimmter Weg nicht geht, dann vielleicht ein anderer“, so die Ergotherapeutin.
Die 36-Jährige liebt ihren Beruf. „Er ist vielseitig und ich selbst kann behaupten, dass ich von Beginn an meinen Traumberuf erlernt habe. Und das ist ein schönes Gefühl.“ Ein Gefühl, dass sie mit ihren Kolleginnen teilt.