Bad Berleburg. Die Stadt plant einen eigenen Windpark und weitere einzelne Anlagen. Was das für Wunderthausen bedeutet und wie die Politik reagiert.

Die Stadt Bad Berleburg will den Profit beim Windradausbau nicht nur großen Grundbesitzern oder Projektierern überlassen und plant Anlagen auf ihren eigenen Grundstücken. Dazu führt die Stadtverwaltung Gespräche mit Planern, Projektierern und Nachbarkommunen wie Hallenberg. Was bislang bekannt ist und was die Politik zu diesem Vorgehen sagt.

„Wir sind bei städtischen Flächen im Rahmen des kommunalen Flächennutzungsplan im Austausch mit den im jeweiligen Gebiet aktiven Projektierern“, erklärt der Beigeordnete Volker Sonneborn. Dabei gehe es aber nicht allein um Windkraftanlagen: „Zumeist handelt es sich dabei um Gestattung von Kabeltrassen, Zufahrten und Rotorüberflug, die im Einzelfall vertraglich festgehalten wurden.“ Darüber hinaus gibt es aber bereits konkrete Pläne an einzelnen Standorten: „Im Windpark zwischen Beddelhausen und Elsoff gibt es einen Vertrag mit Eurowind, wonach eine Windenergieanlage auf städtischer Fläche entstehen soll, die in Form einer Bürger-Energiegenossenschaft geführt wird.“ Auch am Lauberg, einen Bereich zwischen dem „Goldene Ei“ und dem Forsthaus Homrighausen tut sich ebenfalls etwas. Dazu Volker Sonneborn: „Im Bereich Lauberg – also im erwähnten Bereich hinter dem „Goldenen Ei“ – sind derzeit vier Windenergieanlagen genehmigt. In diesem Bereich befindet sich zudem eine kommunale Fläche, die als mögliche Fläche für Windenergieanlagen in unseren Planungen vorgesehen ist. Wir befinden uns dazu im Austausch mit dem Projektierer Westfalenwind, der bereits die Genehmigungen für die vier Windenergieanlagen vom Kreis Siegen-Wittgenstein erhalten hat.“

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Volker Sonneborn.

„„Im Windpark zwischen Beddelhausen und Elsoff soll eine Windenergieanlage auf städtischer Fläche entstehen, die in Form einer Bürger-Energiegenossenschaft geführt wird.“

Volker Sonneborn

Beim interkommunalen Windpark mit der Nachbarkommune Hallenberg, den beide Städte jetzt in einer Pressemitteilung angekündigt haben, ist aber noch viel offen. Nach Informationen dieser Zeitung könnten dort aber zwischen 12 und 13 Anlagen gestellt werden. „Hinsichtlich der Flächen nördlich von Wunderthausen befinden wir uns im engen Austausch mit der Stadt Hallenberg zur Planung des Gebietes an unseren Stadtgrenzen“, sagt Sonneborn. 

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Martin Schneider ist in diesem politischen Fall in einer besonderen Rolle. Er ist nicht nur Vorsitzender der CDU-Fraktion, sondern auch Vorsitzender des Ausschusses für Planen, Bauen und Wohnen und Ortsvorsteher von Wunderthausen.

Martin Schneider. 

„Die Untersuchungen haben ergeben, dass ein Windpark, im Vergleich zu einer einzelnen Anlage, deutlich mehr Vorteile für die Kommune bringt.“

Martin Schneider

Schneider selbst ist privat Kritiker des ungezügelten Windkraftausbaus, seit 1997 fünf Anlagen auf dem Gebrannten Rücken direkt in seiner Nachbarschaft aufgestellt worden sind, ohne dass die Bürger von Wunderthausen oder die Stadt Bad Berleburg eingreifen konnten. Die Anlagen stehen im hessischen Bromskirchen, weit weg von dessen Ortslage, direkt auf der Landesgrenze und nur einen Steinwurf von Wunderthausen entfernt. „Jeder weiß, wie ich privat zu dem Thema stehe“, sagt Schneider. Mit Blick auf die Pläne für einen interkommunalen Windpark Bad Berleburg/Hallenberg ist das aber ganz anderes: „Diese Entscheidungen sind auf Beschlüsse des Rates zurückzuführen“, macht Schneider deutlich, dass die Stadt Bad Berleburg nach der Ausweisung von Vorrangzonen auch auf ihren eigenen Flächen Windkraft installieren will. Neben einzelnen Anlagen, die bereits an anderen Stellen im Stadtgebiet mit Projektierern als Bürgerwindräder geplant sind, geht es hier um größeres: „Die Untersuchungen haben ergeben, dass ein Windpark, im Vergleich zu einer einzelnen Anlage, deutlich mehr Vorteile für die Kommune bringt.“ Und mit Blick auf sein Heimatdorf macht Schneider deutlich: „Wir haben eine Vorrangzonenplanung betrieben, weil wir vom Bund und Land dazu getrieben worden sind. Mit der Flächennutzungsplanung wollten wir uns eine Steuerungsmöglichkeit erhalten“, sagt Schneider. Diese Vorrangzonenplanung hat nun ergeben, dass es in Teilen des Streitwaldes bei Wunderthausen möglich ist, Windkraftanlagen zu errichten. „Das ist ein Schicksal, das wir mit fast allen Ortschaften teilen“, sagt Schneider.

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Und als Ortsvorsteher hat er auch die Stiftung Streitwald im Blick, die seit 50 Jahren regelt, dass Erlöse aus Jagdpacht und Holzernte aus dem früheren Wald der Wunderthäuser Sohlstätten-Besitzer über die Stadt in das Dorf fließen. Das soll auch so bleiben. Schneider warnt davor, an dieser Praxis rechtlich zu rütteln - auch aus dem Dorf heraus: „Wir sollten nicht unüberlegt habgierig werden.“ Die Gelder aus der Windkraft würden künftig in eine städtische Stiftung fließen, aus der heraus Projekte in allen Ortschaften und damit auch in Wunderthausen finanziert werden könnten. 

Iris Gerstmann.

„Die SPD Bad Berleburg wiederholt gefordert, dass die Stadt auf ihren eigenen Flächen Windkraft in Betracht zieht, um die Bevölkerung und die Stadt von den Vorteilen profitieren zu lassen.“

Iris Gerstmann

Die SPD-Fraktion begrüßt die Plane sehr: „In den vergangenen Jahren hat die SPD Bad Berleburg wiederholt öffentlich gefordert, dass die Stadt auf ihren eigenen Flächen die Nutzung von Windkraft in Betracht zieht, um die Bevölkerung und die Stadt selbst aktiv einzubeziehen und von den Vorteilen profitieren zu lassen, anstatt diese Möglichkeiten lediglich einigen wenigen Großgrundbesitzern zu überlassen.“ Schon im Februar 2023 hatte der Ortsverband der Partei einen Grundsatzbeschluss dazu gefasst. „Deswegen unterstützen wir die aktuellen Pläne, deren Umsetzung jedoch selbstverständlich noch in den zuständigen Gremien der Stadt Bad Berleburg beraten und beschlossen werden muss“, sagt die Fraktionsvorsitzende Iris Gerstmann dieser Zeitung.

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Susanne Bald.

„Wir machen das ja nicht, weil die Anlagen schön aussehen, sondern weil wir die Erneuerbaren ausbauen müssen.“

Susanne Bald

Auch die Grünen sehen das positiv: „Das ist eine aussichtsreiche Geschichte“, sagt die Fraktionsvorsitzende von Bündnis90/Die Grünen. Bald weiß, dass das Thema Windkraft auch in ihrer Partei umstritten ist. „Aber wir machen das ja nicht, weil die Anlagen schön aussehen, sondern weil wir die Erneuerbaren ausbauen müssen.“ Für Bald ist es mit Blick auf den Windkraftausbau in Bad Berleburg und Wittgenstein „nur stringent“, wenn die Stadt auch ihre eigenen Flächen unter die Lupe nimmt und „keine Potenziale verschwendet“. Außerdem böten sich hier die Chancen, Windkraft „gemeinwohlorientiert“ auszubauen, sodass die Kommune und ihrer Bürger direkt von den Erlösen profitierten.

Marion Linde.

„Dass die Mehrheit der Ratsvertreter die Verwaltungen beauftragt haben, städtische Flächen in den Konzentrationszonen aktiv für die Nutzung von Windenergie zu vermarkten, ist fatal.“

Marion Linde

Ganz anders sieht das die Fraktionsvorsitzende der UWG, Marion Linde: „Unsere kritische Einstellung zur Windkraft hat weiterhin in aller Deutlichkeit Bestand. Bad Berleburg einschließlich Bad Laasphe und Erndtebrück opfern in hohem Maße Natur und Fläche, weit über die Norm hinaus. Die finanziellen Begehrlichkeiten der Flächenbesitzer machen dies möglich. Dass jetzt die Mehrheit der Ratsvertreter die Verwaltungen beauftragt haben, städtische Flächen in den Konzentrationszonen aktiv für die Nutzung von Windenergie zu vermarkten, ist fatal. Dies kann man auch als Flächenfraß bezeichnen. Der Wald- und Wiesenboden erfährt eine große Verdichtung.“ 

Die AfD-Fraktion hat auf die Anfrage per E-Mail nicht geantwortet.

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