Feudingen. Axel Bergsten gehört zu den Fürsprechern einer Wisent-Auswilderung in Schweden. In Wittgenstein informiert er sich über das Wisentprojekt im Rothaargebirge.

Damit hat der Feudinger Wisenthalter Achim Wickel nicht gerechnet. Am Dienstag besuchte einer der wichtigsten Wisent-Lobbyisten Skandinaviens den Wittgensteiner Züchter von Wisenten und kanadischen Waldbisons an seinem Gatter in Feudingen.

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Bergsten arbeitet seit zwei Monaten für das Europäische Bison Conservation Council als Sekretär für Skandinavien und hat bereits 2014 in seiner Masterarbeit an der schwedischen Universität für Agrarwissenschaften in Umea die Voraussetzungen für eine Wiederansiedlung des Wisents in Schweden untersucht. In Feudingen war Bergsten aber aus rein privatem Interesse, wie er erläuterte.

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„Die Situation der Wisente hier ist sehr interessant für die Schweden, weil Deutschland als ein im Vergleich zu Schweden viel dichter bevölkertes Land es geschafft hat, ein Projekt mit frei lebenden Wisenten zu haben. Jetzt müssen die Probleme mit ihnen gemanaged werden, um es in der Zukunft einfacher zu machen. Ich denke, alle Beteiligten lernen dabei sehr viel über diesen Prozess.“

„Dem Wildtiermanagement wird oft nachgesagt, dass es sich in erster Linie um den Menschen und seine Gefühle handelt als Wildtiere. Dies gilt auch für eine Wiederansiedlung von Wisenten in Schweden.“

Axel Bergsten
Wisentexperte
Der Schwede Axel Bergsten ist der Skandinavien-Sekretär der EBCC (European Bison Conservation Center). Er machte sich jetzt ein Bild von der Situation der Wisente in Wittgenstein und besuchte dazu Züchter Achim Wickel in Feudingen.
Der Schwede Axel Bergsten ist der Skandinavien-Sekretär der EBCC (European Bison Conservation Center). Er machte sich jetzt ein Bild von der Situation der Wisente in Wittgenstein und besuchte dazu Züchter Achim Wickel in Feudingen. © Achim Wickel | Achim Wickel

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Achim Wickel sieht das Auswilderungsprojekt an einem entscheidenden Punkt und will von Bergsten wissen, ob dieser glaubt, dass man dem Ganzen noch eine neue Richtung geben könne. „Dafür kenne ich das Projekt zu wenig“, sagt Bergsten, um positiv hinterherzuschicken: „Es kann sich immer verändern.“ Aber der schwedische Experte kennt die Probleme, die ein solches Auswilderungsprojekt generell mit sich bringt, aus seiner Forschung heraus. Das Fazit seiner Arbeit über eine Wiederansiedlung der Wisente in Schweden leitet Bergsten mit dem Satz ein: „Dem Wildtiermanagement wird oft nachgesagt, dass es sich mehr mit dem Menschen und seine Gefühle beschäftigt als mit den Wildtierem. Dies gilt auch für eine Wiederansiedlung von Wisenten in Schweden.“ Die Herausforderung bei einem solchen Projekt sei es, Interesse zu wecken, Widerstände zu überwinden und Unterstützung zu gewinnen, skizzierte Bergsten bereits 2014 das, was den im Rothaargebirge 2013 wiedereingeführten Wisenten zehn Jahre später zum Verhängnis werden sollte. Das Interesse war geweckt worden, aber nicht alle Widerstände konnten überwunden werden und die Zahl der Unterstützer sank.

In Schweden schon lange ausgerottet

Der Wisente war in Südschweden verbreitet. Allerdings ist er dort laut Bergsten schon früh, ausgerottet worden. „Die jüngsten gefundenen archäologischen Überreste sind 8700 Jahre alt, aber die Art könnte bis zum 11. Jahrhundert vorhanden gewesen sein“, so Bergsten. Im Rest von Europa war der Wisent ab den 1920er Jahren akut vom Aussterben bedroht; der letzte frei lebende Wisent (ein Bergwisent) wurde 1927 im Kaukasus geschossen. Alle heute lebenden Wisente stammen von zwölf in Zoos und Tiergehegen gehaltenen Wisenten ab.

Mit Blick auf das an einem Scheideweg stehende deutsche Auswilderungsprojekt hält sich der skandinavische EBCC-Sekräter aber ganz bewusst mit Kritik zurück: „Die Menschen hier wissen besser als ich, was zu tun ist.“

Der Schwede Axel Bergsten ist der Skandinavien-Sekretär der EBCC (European Bison Conservation Center). Er machte sich jetzt ein Bild von der Situation der Wisente in Wittgenstein und besuchte dazu Züchter Achim Wickel in Feudingen.
Der Schwede Axel Bergsten ist der Skandinavien-Sekretär der EBCC (European Bison Conservation Center). Er machte sich jetzt ein Bild von der Situation der Wisente in Wittgenstein und besuchte dazu Züchter Achim Wickel in Feudingen. © Achim Wickel | Achim Wickel

Achim Wickel wollte es aber noch einmal genauer wissen und stellte die Frage, ob Bergsten nicht auch finde, dass ein so großes Land wie Deutschland eine Herde von 25 frei lebenden Wisenten erhalten können müsse. „Der Wisent ist für Europa das, was die wilden Tiere für viele Länder Afrikas ist oder die Präriebüffel für die USA und Kanada. Auch wenn wir eine hoch entwickelte Land- und Forstwirtschaft haben, sollten wir Wildnis-Bereiche haben, in denen wir zeigen, wie es war oder wie es ohne Menschen gewesen wäre“.

Wickel befragte Bergsten auch zu der Möglichkeit, die Wisente der ehemals frei lebenden Herde aus dem Bad Berleburger Managementgatter in andere Länder und Projekte zu bringen. Für Achim Wickel und den Wildbiologen Uwe Lindner sei dies nur die allerletzte Option, macht Wickel klar. Viel lieber möchten Wickel und Lindner einen Neustart des Projektes in Deutschland erreichen. „Zu den Transportmöglichkeiten wollte sich Bergsten nicht äußern, wünscht dem Wisentprojekt und vor allem den Tieren in Deutschland nur das allerbeste.“