Bad Berleburg. Die Herde wird größer und der BUND klagt auf sofortige Freilassung aus dem Gatter in Bad Berleburg. Das bedeutet, der Druck wächst.
Was passiert mit der ehemals frei umherstreifenden Wisentherde in Bad Berleburg? Das ist eine der großen Fragen. Aktuell betreut der Kreis Siegen-Wittgenstein die Tiere als Untere Veterinärbehörde in einem Gatter und sondiert die Möglichkeiten für eine Beendigung des Projektes, weil sich nach wie vor kein neuer Träger für das umstrittene Artenschutzprojekt findet. Während im Kreishaus nach möglichen Abnehmern für die Wildrinder gesucht wird, läuft vor dem Verwaltungsgericht in Arnsberg aktuell ein Verfahren gegen den Kreis, das die sofortige Freilassung der Herde zum Ziel hat. Kläger ist die NRW-Landesgruppe des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND).
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„Die Hauptakte ist auf 79 Seiten angewachsen, hinzu kommen noch zwei Beiakten“
Am Verwaltungsgericht in Arnsberg indes läuft kein Eilverfahren, sondern ein ganz normales Klageverfahren, wie der Sprecher des Gerichts, Richter Kai Hendrik Teipel, erneut auf Anfrage dieser Zeitung erläutert. Die Klageschrift des BUND war am 5. April eingegangen. Zuständig ist die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts, die unter dem Aktenzeichen 1094/24 entscheidungsrelevante Unterlagen sammelt. „Die Hauptakte ist auf 79 Seiten angewachsen, hinzu kommen noch zwei Beiakten“, berichtet Teipel und ergänzt: „Einen Zeitplan, wann das Verfahren entscheidungsreif sein könnte, gibt es nicht.“
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Aktuell leben rund 40 erwachsene Tiere in dem Gatter im Wald bei Bad Berleburg. Hinzu kommen 14 Kälber und die Zahl der trächtigen Kühe ist noch nicht bestimmt. Mit rund 24 Hektar ist es für 50 Großvieheinheiten ausgelegt. Das Gehege wird also an seine Grenzen kommen und die Herde wird im Herbst weit über das ursprünglich vertraglich fixierte Maß von 25 Tieren anwachsen. Unterm Strich drängt die Zeit, sowohl für eine Auflösung der Herde und ein Ende des Projektes als auch für eine Freilassung.
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„Der Kreis hat zu mehreren Wisentprojekten in Europa Kontakt, um eine Verbringung von Tieren der im Rothaargebirge freigesetzten Wisente zu prüfen.“
Der Druck auf die verbliebenen Parteien des öffentlich-rechtlichen Vertrages, der 2013 die Auswilderung der Wildrinder im Rothaargebirge regelte, wächst. Im September kündigte der insolvente Trägerverein den Vertrag einseitig und entließ die Tiere in die rechtlich umstrittene „Herrenlosigkeit“. Im März 2024 folgte die Wittgenstein-Berleburg‘sche Rentkammer. Die fürstliche Verwaltung hatte bislang die Flächen für das vom 2017 verstorbenen Prinzen Richard mit angestoßene Projekt gestellt. Ohne Land und ohne Träger scheint das Projekt ohne Zukunft, auch weil das Land NRW wie von vielen gefordert eben nicht einspringen wird.
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In diese Phase fällt die Kritik am aktuellen Projektmanagement durch den ehemaligen wissenschaftlichen Kopf des Wisentprojektes, Uwe Lindner, und den Feudinger Wisentzüchter Achim Wickel. Sie werfen dem Kreis und der Steuerungsgruppe fehlenden Transparenz vor: Von „Mauschelei“ und „Nebel“ sprechen die beiden gegenüber dieser Zeitung. Sie wollen wissen, was mit den Wisenten bei einer Auflösung der frei lebenden Herde in Wittgenstein passieren soll und klagen gleichzeitig darüber, dass ihr Angebot, die Tiere nach Osteuropa zu vermitteln, abgelehnt werde.
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Den Vorwurf mangelnder Transparenz lässt der Kreis nicht auf sich sitzen. Sprecher Manuel Freudenstein verweist auf aktuelle Informationen, die im Umweltausschuss des Kreises, aber auch im Landtags-Ausschuss am 19. Juni berichtet worden seien. Der Kreis hat, laut Freudenstein, „zu mehreren Wisentprojekten in Europa Kontakt, um eine Verbringung von Tieren der im Rothaargebirge freigesetzten Wisente zu prüfen.“ Es zeichneten sich erste Möglichkeiten ab, Tiere in diesem Jahr und in Folgejahren in andere Projekte zu verbringen.
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Warum aus den möglichen Abnehmern der Wisente ein Geheimnis gemacht werde, habe einen Grund, so Freudenstein: „Weil die für die anderen Projekte verantwortlichen Institutionen und Projektträger nicht nur ausdrücklich darum gebeten, sondern es auch zur Voraussetzung für die weiteren Planungen gemacht haben, bis zu einer abschließenden Prüfung absolute Vertraulichkeit zu wahren. Dieser Sachstand ist weiterhin unverändert.“