Bad Berleburg. Achim Wickel und Uwe Lindner erneuern Angebot, die wilde Herde zu übernehmen. Gleichzeitig erheben sie schwere Vorwürfe gegen alle Beteiligten.
„Kein Wisent muss getötet werden“, sagt Uwe Lindner, wissend, dass dies bislang auch nicht geplant ist. Der Feudinger Wisentzüchter Achim Wickel und der ehemalige wissenschaftliche Leiter des Auswilderungsprojektes in Bad Berleburg, Uwe Lindner, bieten dem Kreis Siegen-Wittgenstein erneut an, alle rund 50 Tiere der ehemaligen frei lebenden Herde in neue Artenschutzprojekte in Osteuropa zu vermitteln. Und zugleich nutzen die beiden ein Pressegespräch, um klare Forderungen in Richtung NRW-Umweltminister Oliver Krischer und die Steuerungsgruppe des Wisentprojektes aufzustellen und erneut Kritik am bisherigen Management und den Kosten zu üben.
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„Wir wollen niemanden verärgern“, sagt Wickel, der befürchtete, dass man ihren Worten in der Steuerungsgruppe und auch in Düsseldorf wenig Gehör schenken könnte. „Aber wir haben einige sachbezogene Fragen, auf die wir gerne Antworten hätten.“
„Dass Deutschland nicht in der Lage ist, 25 Tiere frei leben zu lassen, ist unerträglich.“
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Die resultieren vor allem aus ihren jüngsten Erfahrungen. Wickel und Lindner waren zuletzt auf einer Rundreise durch Artenschutzprojekte in Polen, Rumänien und der Slowakei gewesen. „Man kann eine Menge daraus lernen“, so Wickel. Er kommt zu dem Schluss: „Es war ein Fehler, die Tiere hier auszuwildern“, sagt Wickel. Und er schiebt hinterher, dass dies aber nicht an den Wisenten gelegen habe, sondern an den Menschen und an der Konstruktion des Artenschutzprojektes. Dass die Wisente im Rothaargebirge leben könnten, zeige die bislang frei lebende Herde. Dass es in Osteuropa funktioniere, habe einen einfachen Grund: „Dort liegt alles in staatlicher Hand. Dass Deutschland nicht in der Lage ist, 25 Tiere frei leben zu lassen, ist unerträglich“, sagt Wickel.
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Aus Sicht von Wickel und Lindner gibt es bislang nur Verlierer: Der Trägerverein ist pleite. Die Landesregierung und die NRW Umweltminister sind gescheitert.
Wickel listet Fehler auf, die in der Vergangenheit vor allem durch die private Trägerschaft gemacht worden seien und wünscht sich finanzielle und organisatorische Transparenz, rückwirkend und in die Zukunft gerichtet. „Die Zahlen der letzten zehn Jahre müssen offen gelegt werden. Das sage ich als Bürger und Steuerzahler. Und es muss offen gelegt werden, wo die überschüssigen Wisente hingehen sollen.“ Aus Wickels Sicht sei viel „im Nebel“ verlaufen. „Das akzeptieren wir nicht mehr. Wenn man uns mal drei Wochen in die Akten der letzten zehn Jahre schauen ließe, hätten wir einen Haufen Fragen, beispielsweise wo das Geld hingegangen ist.“
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Die Westfalenpost hatte bereits 2022 recherchiert und aufgelistet, dass zwischen 2009 und 2022 2,57 Millionen Euro Steuergelder in das Wisentprojekt geflossen seien. 1,67 Millionen kamen vom Land und 900.000 vom Bund.
„Wir haben unsere Hilfe angeboten und gesagt, dass wir alle Tiere übernehmen können, um sie in andere Projekte zu überführen. “
Bei einer Videokonferenz mit der Steuerungsgruppe aus Vertretern des Kreises, der Bezirksregierung, des Landesbetriebs Wald- und Holz, der Wittgenstein-Berleburg‘schen Rentkammer, der Stadt Bad Berleburg und anderen waren auch Achim Wickel und Uwe Lindner zugeschaltet. „Wir haben unsere Hilfe angeboten und gesagt, dass wir alle Tiere übernehmen können, um sie in andere Projekte zu überführen. Kein Wisent muss getötet werden“, sagt Uwe Lindner. „Aber man will mit Lindner und Wickel nicht zusammenarbeiten“, erhebt Wickel Vorwürfe gegen die Steuerungsgruppe, die sich aktuell mit der Abwicklung des Artenschutzprojektes auseinandersetzt. Hintergrund aber ist wohl auch die Forderung, mit der Wickel und Lindner ihre Hilfe verknüpft hatte: Das Wisentprojekt solle erhalten bleiben.
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Vor diesem Hintergrund erneuerten Wickel und Lindner in einem Pressegespräch ihre Forderungen: Reduzierung der Herde auf die ursprünglich fixierte vertragliche Herdengröße von 25 Tieren und anschließende Freilassung der Herde noch in diesem Jahr. „Alle Rechte und Pflichten sollen durch das Land NRW übernommen werden.“
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Zur Reduzierung der Tiere macht Lindner mehrere Vorschläge. Die Tiere in andere Projekt im Ausland zu bringen, scheitere aktuell an der Blauzungenkrankheit. Die Tiere im Gatter seien zwar mutmaßlich nicht krank, müssten aber zunächst untersucht und dann in ein Quarantäne-Gatter in einem Bundesland ohne Blauzungenkrankheit gebracht werden, bevor sie beispielsweise nach Rumänien oder Polen gebracht werden könnten. Die oft problematischen Jungbullen könnte man auch als „genetische Reserve“ in einem Bullengatter bleiben. Dort blieben mangels weiblicher Wisente gefährliche Rangkämpfe meist aus.
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Und Lindner betont auch, warum er es für unmöglich hält, das Wisentprojekt endgültig zu beenden und verweist auf den hohen Schutzstatus der Tiere und darauf, dass die Wisentherde im Rothaargebirge zweimal an die EU gemeldet worden sei: „Deutschland ist das natürliche Verbreitungsgebiet der Wisente.“ Und Linder kann sich auch gut vorstellen, dass die aktuelle Klage des NABU beim Verwaltungsgericht Arnsberg auf sofortige Freilassung der zwischenzeitlich in Bad Berleburg gegatterten Herde Erfolg haben könnte.