Wittgenstein. Eltern in Wittgenstein sind verstärkt auf Betreuungsplatz für Kindern unter 3 angewiesen. Massiver Anstieg in den vergangenen Jahren.
Lange Zeit bevorzugten es viele Mütter, ihre Kinder in der ersten Zeit selbst zu betreuen. Diese Idee beruht auf dem Fakt, dass die ersten Lebensjahre die prägendsten für die Entwicklung sind. Laut UNICEF-Statistiken, bewegt sich Deutschland aktuell im Vergleich zu anderen OECD- und EU-Ländern im unteren Mittelfeld, was die Anzahl der unter 3-jährigen Kinder in einer externen Betreuung betrifft. Etwa ein Drittel der Kinder zwischen null und zwei Jahren besucht eine externe Betreuung. Immer mehr Eltern möchten oder müssen frühzeitig in den Job zurückkehren. Dass die Nachfrage nach Betreuungsplätzen für Kleinkinder deshalb steigt, merkt man auch in Wittgenstein.
Dreimal so viele U3-Kinder wie vor einigen Jahren
Laut den Zahlen des Jugendamts Siegen-Wittgenstein werden im laufenden Kindergartenjahr 1565 Kinder unter drei Jahren („U3“) im gesamten Kreis Siegen-Wittgenstein betreut. Für das kommende Kitajahr gibt es bereits zehn Anmeldungen mehr. Für die drei Wittgensteiner Kommunen beträgt die Zahl der U3-Kinder in Betreuungseinrichtungen 400, davon sind 326 Plätze in Kitas und 74 in Kindertagespflegestellen. Von allen Kindern bis zwei Jahre sind knapp 50 Prozent in Betreuungseinrichtungen angemeldet, die höchste Quote der drei Kommunen weist Erndtebrück auf. In den vergangenen Jahren ist die Nachfrage nach Kitaplätzen insgesamt stark gestiegen, insbesondere im Bereich der Kleinkindbetreuung. Im Vergleich zum Jahr 2008/2009 hat sich die Anzahl der U3-Kitaplätze im Kreis mehr als verdreifacht.
In Wittgenstein kommt es zu Überbelegungen
So ist auch bei den Wittgensteiner AWO-Kindertageseinrichtungen die Nachfrage nach Plätzen für unter 3-Jährige „in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen“. Alle der 116 verfügbaren AWO-Kitaplätze für Kleinkinder in dem Alter sind aktuell belegt. Bei der Kita Blauland in Bad Berleburg gibt es ebenfalls deutlich mehr Anmeldungen als Plätze, weswegen sie aktuell überbelegt sind. In der Waldorfkindertagesstätte Sonnenblume in Bad Berleburg sieht es ähnlich aus, auch hier nimmt der Bedarf merklich zu, in diesem Kitajahr liegt eine Überbelegung vor.
Die Kindertagespflegestellen bemerken die steigende Nachfrage nach Betreuungsplätzen ebenfalls. Beim „Kids Corner“ in Bad Berleburg, führt man das besondere Interesse auch auf die höhere Flexibilität und Qualität der Betreuung in Kindertagespflegestellen zurück. Diese Qualität zeichne sich besonders durch einen deutlich niedrigeren Betreuungsschlüssel aus. So könne man mehr auf die Kinder eingehen und ihnen in ihren Bedürfnissen gerecht werden.
Natürlich spüren auch die pädagogischen Fachkräfte die erhöhte Belastung: Eine pädagogische Fachkraft berichtet uns von verzweifelten Eltern und langen Wartelisten. Viele Eltern sind auf einen Betreuungsplatz für ihr Kleinkind angewiesen, weil sie beruflich eingebunden sind. Dennoch erklärt Kreis-Pressesprecherin Jana Göbel für das Jugendamt: „Bisher konnte allen Eltern, die einen Kitaplatz benötigen, einer angeboten werden.“ Dieser sei zwar nicht immer in der „Wunscheinrichtung“, liege aber stets „hinsichtlich der Entfernung des Wohnortes zur Kita“ innerhalb „der dem Rechtsanspruch zugrundeliegenden Bestimmung“.
„Bisher konnte allen Eltern, die einen Kitaplatz benötigen, einer angeboten werden.“
Wie werden Kleinkinder betreut?
In vielen Kitas gibt es separate Gruppen für die ganz kleinen Kinder, die sogenannte „Gruppenform 2“. Hier werden die Kleinsten zu maximal zehn Kindern betreut. So können sie besonders gefördert und engmaschiger betreut werden. „Die gesamte Tagesstruktur der U3-Kinder ist auf ihre altersentsprechenden Bedürfnisse ausgerichtet“, erklärt die Sprecherin des AWO-Kreisverbands Siegen-Wittgenstein. Dazu gehört zum Beispiel, dass die Räume eine andere Ausstattung aufweisen und dass der Tagesrhythmus, die Ruhe- und Spielzeiten entsprechend angepasst sind.
In der Kita Blauland in Raumland setzt man allerdings auf gemischte Gruppen, was besonders im „sozial-emotionalen Bereich und in der Spiel- und Sprachentwicklung“ Vorteile biete. Hierbei handelt es sich dann um die „Gruppenform 1“, bei der insgesamt maximal 20 Kinder, davon höchstens sechs unter drei Jahren, gemeinsam in einer Gruppe sind. Besonders wichtig ist nämlich der Betreuungsschlüssel, denn je jünger die Kinder sind, umso mehr Personal wird zur adäquaten Betreuung benötigt. Um die Entwicklung der Kinder möglichst gut zu begleiten, wird manchmal auch jedem Kind ein Bezugsbetreuer zugeordnet, der in engem Kontakt mit der Familie steht.
„Die gesamte Tagesstruktur der U3-Kinder ist auf ihre altersentsprechenden Bedürfnisse ausgerichtet“
Extra Ausbildung für Kleinkinder
Generell gilt von Seiten des Jugendamts: „Die Ausbildung der Fachkräfte im U3 und Ü3 Bereich ist identisch.“ Dennoch gibt es die Möglichkeit, extra Fortbildungen für die Kleinkindförderung zu absolvieren. Sowohl in der Kita Sonnenblume, als auch bei den AWO-Kitas in Wittgenstein wird für den Umgang mit Kleinkindern auf solches speziell geschultes Personal gesetzt. So bietet der AWO-Kreisverband regelmäßig extra Schulungen für den Arbeitsbereich der U3-Kinder an. Auch bei den Großtagespflegen, Einrichtungen meistens extra für Kleinkinder, wird besonders solches Fachpersonal eingesetzt.