Wittgenstein. Das digitale System, in Neuwagen Pflicht, fordert die Rettungskräfte vor Ort heraus. Wie, das berichtet Bad Laasphes Feuerwehrchef Dirk Höbener.

Mit fünf Einsatzwagen rückt die Feuerwehr an, der Notarzt mit dem Rettungshubschrauber ist alarmiert – Grund: In einem Auto auf dem Parkplatz eines Drogerie-Marktes im Bad Laaspher Einkaufszentrum Stockwiese wurde gerade ein Notruf per eCall ausgelöst – dahinter könnte ein schwerer Unfall stecken. Vor Ort jedoch sei „das Fahrzeug nicht aufzufinden gewesen“, berichtet Dirk Höbener, Leiter der Bad Laaspher Feuerwehr. „Damit war der Einsatz für uns beendet.“ Aber die Polizei bleibt dran, ermittelt den Halter des Wagens. Und der gibt an, den Notruf-Knopf aus Versehen gedrückt zu haben.

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Fälle mit Notrufen per eCall aus Fahrzeugen – sie „kommen immer häufiger vor“, stellt Höbener fest. Da gebe es bei der Bad Laaspher Feuerwehr „schon die ein oder anderen Einsätze, die deshalb gefahren werden“. Kein Wunder – steigt doch die Zahl mit derart ausgerüsteten Wagen weiter an.

System seit 2018 Pflicht

Seit März 2018 sind Autohersteller in der gesamten Europäischen Union (EU) verpflichtet, Fahrzeugmodelle, die neu genehmigt werden, mit sogenanntem eCall (Emergency Call) auszustatten, so die Verbraucherzentrale NRW. Und ältere Fahrzeuge können mit dem automatischen Notrufsystem freiwillig nachgerüstet werden. Laut Verbraucherzentrale werden bei jedem Notruf Daten mitgesendet: Eine Satelliten-Ortung informiert über den genauen Standort des Wagens, den Zeitpunkt des Unfalls, das Fahrzeug sowie die Art der Alarmauslösung. „Und man kann auch erkennen, wie viele Personen im Fahrzeug waren“, weiß Dirk Höbener.

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Notruf-System hilft bei Unfall auf K 33

Ganz ähnlich wie zuletzt in Bad Laasphe war vor ein paar Monaten die Situation auf dem Parkplatz der Rehaklinik in Bad Berleburg: Ein eCall-Notruf läuft bei der Leitstelle ein, doch die alarmierten Rettungskräfte werden nicht fündig – so oft sie die zahlreich geparkten Autos auch überprüfen. Kein Unfall, keine Verletzten.Doch so ein eCall kann auch hilfreich sein: Im Oktober 2019 zum Beispiel werden zwei Männer bei einem nächtlichen Verkehrsunfall auf Kreisstraße K 33 zwischen Erndtebrück und Rüppershausen schwer verletzt. Sie sind im BMW Cabrio offenbar viel zu schnell unterwegs, kommen von der Fahrbahn ab und landen derart tief im Wald, dass ihr Wagen von der Straße aus nicht mehr zu sehen ist. Zum Glück hatte der BMW das automatische eCall-System bereits installiert, das einen Notruf samt der Koordinaten des verunglückten Fahrzeugs absetzte.

Automatisch werde ein eCall oft an eine Notruf-Zentrale übermittelt, wenn das Auto abrupt gestoppt werde, erklärt Höbener, wie es typisch sei bei einem Unfall, bei dem womöglich auch die Airbags auslösen. Der Notruf sei aber auch manuell möglich, so der Feuerwehrchef weiter, meist über einen Knopf „am Dachhimmel im Bereich des Rückspiegels“. Das sei sinnvoll etwa bei der Herzattacke eines Mitfahrers.

Meist direkt auf 112 programmiert

In beiden Fällen rufe die Zentrale im Fahrzeug zurück, suche das Gespräch mit dem Fahrer. Und wenn von dort keine Rückmeldung komme, dann gehe sie von einem Unfall aus, melde dies an die Rettungsleitstelle. Und die sende dann schließlich Rettungskräfte zum Einsatzort, darunter die Feuerwehr im Rahmen der sogenannten Technischen Hilfe. Höbener: „Für uns ist das eigentlich ein Standard-Einsatz.“

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Notrufe aus Callcentern einiger Auto-Hersteller wie etwa BMW liefen ab und zu auch bei der Polizei auf, sagt Stefan Pusch, Sprecher der Kreispolizeibehörde Siegen-Wittgenstein. An sich sei der eCall jedoch direkt auf die Rufnummer 112 der Feuerwehr-Rettungsleitstelle programmiert. Derzeit seien solche Notrufe noch eher „sporadisch“, es würden jedoch „gefühlt mehr“.

Keine Rechnung bei Versehen

Wie bei Brandmeldeanlagen oder privaten Rauchmeldern ergebe sich auch beim noch relativ neuen System eCall „eine gewisse Fehlerquote“, sagt Feuerwehrchef Dirk Höbener – und damit „auch eine gewisse Einsatzrelevanz“. Der eCall bringe aber ebenso deutlich mehr Sicherheit. Im konkreten Bad Laaspher Fall müsse der Autofahrer die Rechnung für den Einsatz der alarmierten Rettungskräfte im Übrigen nicht bezahlen, so Höbener, da es sich bei der Auslösung nachweislich um ein Versehen gehandelt habe. Eine Rechnung stelle die Feuerwehr ja auch nicht, wenn sie zu einem Wohnhaus alarmiert werde und sich herausstelle, dass der Rauchmelder defekt sei.

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Der Feuerwehrchef rät den Haltern von Autos mit eCall, sich anhand der Betriebsanleitung mit der Technik des Fahrzeugs vertraut zu machen. Welche Sicherheitssysteme sind verbaut? Und was passiert, wenn sie ausgelöst werden? Meist werde das beim Kauf des Wagens schon vom Autohändler gut erklärt.

Feuerwehr-Einsatz auf dem Parkplatz der Rehaklinik in Bad Berleburg: Hier soll ein Fahrzeug per E-Call einen Notruf abgesetzt haben – doch die Einsatzkräfte suchen vergeblich nach dem Wagen.
Feuerwehr-Einsatz auf dem Parkplatz der Rehaklinik in Bad Berleburg: Hier soll ein Fahrzeug per E-Call einen Notruf abgesetzt haben – doch die Einsatzkräfte suchen vergeblich nach dem Wagen. © Unbekannt | Eberhard Demtröder