Bad Laasphe. Fakt ist Bad Laasphe baut seit drei Jahren nicht mehr an kommunalen Straßen. Gleichzeitig werden so jedes Jahr 1,3 Millionen Vermögen vernichtet.
Das einzig Gute ist offensichtlich, dass der Winter vor der Tür steht und die Bauaktivität ruht. Sonst wäre der Druck, der auf Politik und Verwaltung in Bad Laasphe lastet, noch viel größer. So könnte man einen wesentlichen Teil der Sondersitzung des Umwelt-, Bau-, und Denkmalausschusses der Stadt Bad Laasphe am Donnerstagabend im Ratssaal zusammenfassen, das laut Markus Schmidt (Die Fraktion) auch das „Gespenst vom Sasselberg“ vertrieben sollte. Die Fraktion hatte auf die Sondersitzung gedrängt und eine Ratsmehrheit gegen die SPD-Stimmen dafür gewonnen.
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Schmidt warb am Abend dafür, sich weniger mit dem Landtagswahlkampf rund um das Thema KAG zu beschäftigen, und riet dazu, sich „mit einem Gesetz zu arrangieren“. „Wir sollten ein Gesetz nicht verdammen, ohne dass es in Bad Laasphe einmal Anwendung gekommen ist“, sagte Schmidt. Er nannte die Diskussion um das KAG auch das „Gespenst vom Sasselberg“. Dieser Straßenzug in Feudingen und die Bürgerinitiative hatten die Diskussion erst richtig angefacht und damit zu einem Moratorium beim Ausbau in Bad Laasphe geführten, das der Rat bis zum 31. Mai 2022 verlängert hat. Mit der Sondersitzung wollte die Fraktion wieder konstruktiv über den Erhalt der Infrastruktur diskutieren. Das geschah am Donnerstagabend zwar nicht, aber die Rahmenbedingungen sind jetzt klarer.
Andreas Krep hatte für die Stadtverwaltung erneut vorgestellt, welche gesetzlichen Richtlinien neben dem umstrittenen Kommunalen Abgaben Gesetz (KAG) gelten, wie die kommunale Infrastruktur mit dem neuen Computerprogramm XChoice erfasst wird, welche Zustandskriterien dargestellt und welche Handlungsempfehlungen daraus abgeleitet werde. Quer durch die Parteien war der gut halbstündige Vortrag positiv und als Entscheidungshilfe wahrgenommen worden - Zumindest bei den Handlungsempfehlungen.
1,3 Millionen Verlust pro Jahr
Was die Zahlen angeht, herrschte eher Ernüchterung. 108 Kilometer städtische Straßen wurden bewertet und immerhin 485 Kilometer Wirtschaftswege. Schaut man auf den Zustand, so befinden sich aktuell 47 Prozent der Straßen in den beiden schlechtesten Kategorien. 30 Prozent in „ausreichend“ und 17 Prozent in „mangelhaft“. Nur 6 Prozent können als „sehr gut“ und 19 Prozent als „gut“ bezeichnet werden. Bei den Wirtschaftswegen sind 65 Prozent „ausreichend“ oder schlechter. Krep bezifferte auch den „Werteverzehr“ bei der Infrastruktur. 2009 betrug das Straßenvermögen noch 33,9 Millionen Euro. 2019 waren es 20,8 Millionen Euro. Aktuell sind es im Schnitt 1,3 Millionen Euro Wertverlust pro Jahr.
„Flick und Fuddel“ besser einsetzen
Die gute Nachricht dabei ist aber laut Krep, dass nicht alle schlechten Straßen nur durch teuren Neuausbau - also mit KAG-Gebühren - in einen besseren Zustand versetzt werden können. Es sei vielschichtiger. Krep empfiehlt die genaue Einzelfallbetrachtung. Eines aber lässt sich generell ableiteten. Die bisherige Praxis von „Flick und Fuddel“ sei falsch gewesen. Sie umfasste zuletzt 55 Prozent des Budgets von 270.000 Euro in 2021. Das könnte sinnvoller eingesetzt werden. Allein durch Kleinreparaturen und Dünnbeschichtungen - also den Ausbau und Erneuerung von Feinschichten – könnten viele Straßen langfristig erhalten und ihre Lebensdauer verlängern werden.
Um die gewünschte Lebensdauer von 40 Jahren bei den neueren Straßen ab Baujahr 2012 zu erreichen, empfiehlt der Fachmann nach 15 oder 20 Jahren eine Deckensanierung. Diese sei ohne Anliegergebühren möglich und erhöhe die Lebensdauer auf dann voraussichtlich 40 Jahre.
Viel mehr Bürgerdialog
Neben diesen Mitteln schlägt Krep vor, das aktuell gültige KAG umzusetzen und die Bürger durch die vorgeschriebenen Bürgerversammlungen besser einzubinden. Seine Idee: In die erste Anliegerversammlung ohne fertigen Plan hineinzugehen und dort erst die Bedürfnisse zu erfragen. Weitere Anliegerversammlungen mit Vorstellung der Planung und Kosten sowie mit Vorstellung der Bauablaufplanung sollen das „Bürgerdialog“-Werkzeug ergänzen. Auf diese Weise könnten mehr Menschen mitgenommen werden. Außerdem können durch die aktuelle Gesetzeslage Anliegerkosten durch Fördergelder des Landes halbiert werden.
Der Ausschuss musste sich nicht entscheiden. Das Moratorium bleibt bis zum 31. Mai 2022 gültig, kann aber jederzeit aufgehoben werden. Und die alten Straßenausbauprogramme können im Grunde fortgeschrieben werden, weil sie ja seit dreieinhalb Jahren gelten - so lange wie das Moratorium.