Bad Laasphe/Odelzhausen. Bianca Böltner lebt ihren Traum: Sie eröffnet ihren eigenen – ganz speziellen Laden. Deshalb zieht sie von Bayern nach Wittgenstein.
Von München bis an die Küste in Mecklenburg-Vorpommern: Bianca Böltner und ihr Mann Andreas Schmidt sind in den vergangenen Wochen und Monaten viel unterwegs gewesen – auf der Suche nach einer neuen Heimat und einem Geschäftslokal. In Bad Laasphe wurde sie fündig – besser gesagt in Volkholz. Dort, wo sich derzeit noch das Elektro-Geschäft von Joachim und Marina Schneider befindet, soll schon bald etwas Neues entstehen: ein Mix aus Wollgeschäft, Café, Färbewerkstatt und Treffpunkt. „Ich möchte kein herkömmliches Handwerksgeschäft eröffnen, sondern etwas Spezielles“, verrät Böltner in einem Telefongespräch mit der Lokalredaktion.
Die Suche nach der neuen Heimat
Bianca Böltner ist Naturfärberin aus Leidenschaft und hat sich in ihrer aktuellen Heimat in Odelzhausen – einem kleinen Ort in Oberbayern – bereits einen Traum erfüllt. 2017 war die Geburtsstunde von Bibis Färbewerkstatt. Seitdem bietet sie selbstgefärbte Wolle, Garne und Co. über ihren Online-Shop an. Ihre Kunden kommen von überall her – aus ganz Europa und Amerika. Andere bestellen ihre Ware direkt vor Ort. Dass sie und ihr Mann sich auf die Suche nach einer neuen Heimat begeben haben, hatte einen guten Grund: „Die Werkstatt wurde einfach zu klein, wir suchten etwas Größeres“, sagt sie. Da ihr Mann und sie selbstständig und damit auch viel unterwegs seien, war für sie klar: „Wir suchen nicht nur im näheren Umkreis.“
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Über ebay-Kleinanzeigen hat das Paar das Geschäftshaus in Volkholz gefunden und dem Makler Bescheid gegeben. Nur wenig später waren sie auch schon auf dem Weg ins Wittgensteiner Land. „Wir waren sofort begeistert von der Natur – und den Kurven“, sagt sie und lacht. Immerhin sind beide passionierte Motorradfahrer. Aber auch die Menschen vor Ort, die ersten Begegnungen in der neuen Heimat, haben ihnen ein positives Gefühl gegeben. „Wir haben uns auf Anhieb wohl gefühlt.“
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Dreieinhalb Stunden lang haben sie und die Familie Schneider das Haus und das dazugehörige Geschäft besichtigt – so lang wie zuvor in keinem anderen Haus. „Mein Mann schaute mich an und fragte nur: Du bist schon fertig oder? Ich war schockverliebt, mein Mann aber brauchte noch eine Weile.“ Nun aber sind die Verträge in trockenen Tüchern, der Umzug steht bevor. Am 1. September werden Böltner/Schmidt das Haus in Volkholz übernehmen. Wann genau das Geschäft eröffnet wird, ist derzeit noch nicht klar. „Wenn wir mit dem Haus fertig sind, werden wir mit dem Geschäft beginnen.“ Hierfür wollen sie sich bewusst Zeit nehmen. „Wir wollen nichts übers Knie brechen, sondern bedacht und mit Liebe zum Detail alles nach unseren Vorstellungen gestalten. Das braucht Zeit.“ Erste Ideen aber seien bereits notiert. Was am Ende davon umgesetzt wird, werde sich dann vor Ort zeigen. Fest steht aber: „Ich hätte gerne einen Mix aus Alt und Neu“, so Bianca Böltner.
Das Konzept
Und auch was das Konzept für den Laden betrifft, gibt es bereits viele Ideen. Neben dem Angebot von diversen Wollen über Garne bis hin zu Sitzmöglichkeiten ist alles dabei. Vor allem aber möchte sie in Bibis Färbewerkstatt eines: Die Menschen mitnehmen – auf die Reise durch die Welt der Wolle. Dazu gehören gehören Strick- und Spinnkurse – im Sommer könnten diese auch im Garten stattfinden – aber auch die Welt der Färberei. „Ich möchte meinen Kunden zeigen, wie ich die Wolle färbe, was dahinter steckt und warum Pflanzen als Farbstoff so wichtig sind.“
Planzengefärbte Wolle
„Pflanzengefärbte Wolle hat ihren eigenen Ausdruck und Charakter in der Farbe“, so Böltner. Ein knalliges Rot oder Blau, wie in einem Tuschkasten, finden Kunden bei ihr nicht – die Farben dort haben eher etwas Erdiges. „Da ich für meine Färbungen nur Farben auf Naturbasis verwende gibt es einige Farben nicht, da sie in der Natur nicht vorkommen.“ Dass sie heute eine breite Farbpalette anbieten kann, liegt vor allem an ihrer Experimentierfreudigkeit und ihrer Liebe zum Beruf. „Ich habe mir so viele Gedanken gemacht, experimentiert und getestet. Ich liebe die Natur mit all ihren Farben und Formen und es ist unbeschreiblich schön, was mit Hilfe der Natur entsteht.“
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Noch gut erinnert sie sich an ihre ersten Färbungen. „Das war irres Gefühl. Ich war stolz und es hat mich in meinem tun bestätigt.“ Auch heute noch sei sie begeistert von den Ergebnissen. „Hier sind alles Unikate – selbst wenn ich eine Rezeptur habe – die Farben werden beim zweiten oder dritten Mal nie so wie beim ersten Mal – so ist das eben in der Natur.“ Und so werden aus Brennnesseln ein zartes Hellgrün und aus Birkenblättern ein pastelliges und auch kräftiges Gelb. Bis zu einer Woche dauert es, bis die Wollstränge fertig sind. Färben, waschen, trocknen, bearbeiten – das alles benötigt Zeit. „Meine Kunden wissen das aber zu schätzen – sie entscheiden sich bewusst für meine Garne“, freut sie sich.
Gute Qualität war ihr schon immer wichtig – doch: „Im Laufe der Zeit habe ich allerdings festgestellt, das die Qualität einiger Hersteller sehr nachgelassen hat.“ Das war der Start für Bibis Färbewerkstatt. Nach vielen Gesprächen mit ihrer Familie und einer guten Freundin war ihr Label geboren. Seitdem wird in ihrer kleinen Werkstatt – derzeit noch in Oberbayern – fleißig gefärbt. „Ohne meinen Mann könnte ich meinen Traum niemals leben.“
Die Liebe zum Stricken
Neben gefärbter Wolle bietet sie ihre Kunden aber auch Anleitungen. Anleitungen, die sie selbst entwirft. Schon früh hat sie ihre Leidenschaft für Wolle und vor allem auch dem Stricken entdeckt. „Das habe ich meiner Oma zu verdanken. Ihr war es wichtig das wir „Mädels” mit Faden und Nadel umgehen können.“ Mit gerade einmal vier Jahren hielt Bianca Böltner das erste mal Stricknadeln in der Hand. Im Laufe der Jahre habe sie mal mehr und auch mal weniger gestrickt. „Gehäkelt habe ich noch nie viel, nur wenn ich was gesehen habe was ich unbedingt haben wollte.“
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Als ihre Kinder geboren wurden, inzwischen sind sie groß, hat das Stricken einen ganz festen Platz in Bianca Böltners Leben bekommen. „Ich kann dabei super abschalten und zur Ruhe kommen.“
Elektrogeschäft schließt am 30. Juni
Am 30. Juni wird Joachim Schneider sein Elektrogeschäft in der Bad Laaspher Ortschaft Volkholz zum letzten Mal für seine Kunden öffnen. Dann ist Schluss – sowohl mit dem Laden als auch mit dem Elektrobetrieb.
Für den 63-Jährigen ist dies kein leichter Schritt. „Natürlich ist es schwer. Im kommenden Jahre wäre ich 40 Jahre Selbstständig“, sagt er. Doch die Suche nach Mitarbeitern ist schwer, die Arbeit für einen Zwei-Mann-Betrieb kaum zu bewältigen. „Die Anfragen seitens der Kunden sind da, Mitarbeiter findet man in unserer Branche aber kaum.“
Aus diesem Grund haben er und seine Frau entschieden, das Geschäft zu verkaufen. Und nicht nur das – auch das Wohnhaus. Nach nur wenigen Tagen war es verkauft – an Bianca Böltner und ihren Mann. „Ich bin in Volkholz geboren und habe hier 63 Jahre lang gelebt. Natürlich liegt uns das Haus und auch die Heimat am Herzen.“
Immerhin haben sie viel am und im Haus selbst gemacht. Daher sei ihnen wichtig gewesen, dass die neuen Besitzer das auch zu schätzen wissen. „Wir sind überaus zufrieden, dass das mit den Käufern so gut geklappt hat und es hier weitergeht – auch wenn es eine komplett andere Branche ist.“ Und auch wenn die Schneiders Wittgenstein verlassen werden – eine Bindung zur „alten“ Heimat wird es für sie immer geben.