Kreuztal. Der Kreis Siegen-Wittgenstein sucht Pflegefamilien, die Kinder vorübergehend oder auch zur Dauerpflege aufnehmen möchten.
„Der Bedarf an Pflegefamilien ist hoch“, sagt Udo Hüttmann, Sachgebietsleiter für Soziale Dienste, Frühe Hilfen, Kinder- und Jugendschutz des Kreises Siegen-Wittgenstein. Jedes Jahr sucht der Pflegekinderdienst des Kreises für mehr als 20 Kinder eine Pflegefamilie. Aktuell befinden sich im Kreis Siegen-Wittgenstein etwa 290 Kinder und Jugendliche in Pflegeeltern; die Stadt Siegen betreut aktuell 105 Pflegekinder.
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„Der Bedarf an Pflegefamilien ist hoch.“
Etwa jedes fünfte Pflegekind hat laut dem Statistischen Bundesamt körperliche oder psychische Misshandlungen oder sexuelle Gewalt erfahren. Es gibt verschiedene Gründe, die dazu führen können, dass Kinder nicht in der eigenen Familie versorgt und erzogen werden können, sagt Hüttmann. Überforderung, Erkrankungen, partnerschaftliche Konflikte seien Faktoren dafür, dass Eltern nicht in der Lage sind, ihre Kinder zu betreuen und zu erziehen. „Kinder sollten die Chance erhalten, in einer Familie aufzuwachsen, um dort die notwendige Unterstützung für ihre Entwicklung zu bekommen und tragfähige Beziehungen aufzubauen“, sagt Hüttmann.
Siegen: Pflegefamilien sollten eine stabile Familiensituation haben
Potenzielle Pflegefamilien tragen also eine große Verantwortung. „Die Familien erhalten nach Aufnahme eines Kindes regelmäßige Unterstützung vom Jugendamt.“ Udo Hüttmann und sein Team suchen vor allem für Kinder bis sechs Jahren Pflegefamilien. Bei der Vermittlung werde darauf geachtet, dass für den individuellen Bedarf eines Kindes eine geeignete Pflegefamilie gefunden wird, sagt Hüttmann. Voraussetzungen sind unter anderem eine erzieherische Eignung, eine stabile personelle und materielle Lebens- und Familiensituation, eine belastbare Gesundheit und ein unauffälliges polizeiliches Führungszeugnis. „Zudem ist es wichtig, dass alle Familienmitglieder mit der Aufnahme eines Pflegekindes einverstanden sind und diese mittragen. Ein unterstützendes soziales Netzwerk der Pflegeeltern ist ebenfalls sehr förderlich“, sagt Hüttmann.
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Pflegebewerber erhalten vom Jugendamt des Kreises zu Anfang ein Grundlagenmodul und bei Bedarf weitere Seminarangebote, in denen Wissen über den Hilfebedarf von Kindern, Herkunftsfamilien, rechtliche Aspekte und finanzielle Unterstützung vermittelt werden. „In persönlichen Gesprächen mit den Fachkräften werden die familiären Rahmenbedingungen besprochen, um die Eignungsvoraussetzungen zu klären.“
Siegen: Die Pflegeeltern erhalten bei Bedarf medizinische und psychologische Hilfe
Es gibt unterschiedliche Formen von Pflegeverhältnissen. „In der Vollzeitpflege oder Verwandtenpflege erhalten Kinder oftmals eine langfristige Lebensperspektive. Hiervon sind Bereitschaftspflege-Familien zu unterscheiden, die Kinder aufgrund familiärer Belastungen kurzfristig aufnehmen.“ Die Unterbringung könne mit Zustimmung, aber auch gegen den Willen der Eltern erfolgen, was ein familiengerichtliches Verfahren zur Folge hat, in dem die weitere Perspektive des Kindes geklärt wird, sagt Hüttmann.
Die Pflegeeltern erhalten bei Bedarf auch Hilfe bei der Klärung medizinischer oder psychologischer Unterstützung von Pflegekindern. „Für Pflegeeltern gibt es eine Supervisions-Gruppe und eine fachlich begleitete Pflegeelterngruppe. Den Pflegekindern stehen je nach Alter Gruppenangebote zur Verfügung“, sagt Hüttmann.
Siegen: Jedes Pflegekinder bringt seine Geschichte mit
Etwa 1151 Euro gibt es an Pauschalbeträgen für Kinder bis zu sechs Jahren. Für Kinder bis zu 12 Jahren 1284 Euro und für Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr 1445 Euro. Neben dem Pflegegeld können Pflegeeltern Anträge für Beihilfen stellen. Das können besondere Anlässe sein wie Erstausstattung bei Aufnahme eines Pflegekindes, Schulbücher oder Klassenfahrten.
„Kinder können aus Familien, aber nicht Familien aus Kindern genommen werden. Jedes Kind hat einen ‚Rucksack‘, in dem es seine Vorerfahrungen aus der Familie mitbringt. Für Pflegeeltern ist es wichtig, sich mit diesen Erfahrungen auseinanderzusetzen und zunächst ein Verständnis für das Kind zu entwickeln, um positive Entwicklungen zu ermöglichen“, sagt Hüttmann.
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Udo Hüttmann freut sich über mehr Pflegefamilien: „Zivilgesellschaftliches Engagement ist wichtig, um bedürftigen Kindern tragfähige Lebensbedingungen für ein förderliches Aufwachsen zu bieten.“
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