Siegen-Wittgenstein. Der Kreis stemmt 24 Millionen Euro Defizit zum großen Teil aus der eigenen Rücklage. 47 zusätzliche Stellen in der Verwaltung sind auch noch drin.

Die Post, die in diesen Tagen in den elf Rathäusern im Kreisgebiet ankommt, dürfte dazu führen, dass Kämmerin und Kämmerer, Bürgermeisterin und Bürgermeister sich die Augen reiben. Obwohl der Kreis im nächsten Jahr mit einem Defizit von knapp 24 Millionen Euro rechnet, will er von den Städten und Gemeinden nicht mehr Geld verlangen: Gerade einmal 408.000 Euro mehr sollen die Kommunen aufbringen, was mit einer Erhöhung des Hebesatzes für die Kreisumlage um 0,04 Prozentpunkte auf 36,49 Prozent bewirkt werden soll.

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Gelingen soll dies nicht nur dank erhöhter Schlüsselzuweisungen des Landes (plus 6,7 Millionen Euro), sondern vor allem durch den tiefen Griff in die immer wieder einmal leer geredete, tatsächlich aber üppig gefüllte Ausgleichsrücklage: 28,9 Millionen Euro werden zum Ende des Jahres drin sein, nachdem das für dieses Jahr erwartete Defizit von 12,6 Millionen Euro finanziert ist – übrigens 7,1 Millionen Euro weniger, als noch im Februar bei der Verabschiedung des Haushalts für dieses Jahr erwartet wurden. Dagegen machen sich die 2,2 Millionen Euro Einsparungen, die die eine Mehrheit von sechs Fraktionen (CDU, Grüne, SWM, Werteunion, UWG und FDP) nach erbitterter Debatte aus dem Haushalt herausgepresst haben, fast schon marginal aus.

Das Jahr 2023 schließt nun doch mit einem Überschuss von 1,4 Millionen Euro ab statt mit dem Ende 2023 angekündigten Defizit von 14,2 Millionen Euro (was auch schon eine Verbesserung gegenüber der ursprünglichen Planung um 5,3 Millionen Euro gewesen wäre). Das dürfte Wasser auf den Mühlen der Städte und Gemeinden sein, die dem Kreis seit Jahren vorhalten, auf ihre Kosten zu großzügig zu rechnen. Die „Rahmenbedingungen für die Prognose sowohl bezogen auf die Sicherung des Personalbestands als auch auf andere Einflussfaktoren“ hätte sich „deutlich verändert“, heißt es eher undeutlich in dem Schreiben an die Rathäuser. 

Jugendamt

Nichts mit alldem zu tun hat die differenzierte Kreisumlage, die alle Kommunen – außer der Stadt Siegen – zusätzlich für die Arbeit des Jugendamtes zu entrichten haben. Gebraucht werden rund 91,5 Millionen Euro, acht Millionen mehr als in diesem Jahr. Daher wird eine Erhöhung des Hebesatzes um 2,9 Prozentpunkte auf 28,81 Prozent vorgeschlagen. Finanziert werden müssen unter anderem Mehrkosten – trotz rückläufiger Kinderzahlen – für die Kindertagesbetreuung (plus 3,4 Millionen Euro), für Hilfen zur Erziehung (plus 2,55 Millionen Euro) und für Hilfen für seelisch Behinderte (1,8 Millionen Euro). Die Kosten der Einzelfallhilfe für Kinder und Jugendliche sind seit 2023 (40,6 Millionen Euro) auf nun 47,3 Millionen Euro gestiegen. Das, so die Erklärung, liegt zum geringeren Teil an Kostensteigerungen und Tariferhöhungen und zum überwiegenden Teil an der Erhöhung der Fallzahlen.

Im Gegenzug haben die Kommunen, die vom Kreisjugendamt versorgt werden, 2025 allerdings auch mit einer Rückerstattung zu rechnen: 2023 wurden 2,6 Millionen Euro Umlage mehr eingenommen, als benötigt wurden.

ÖPNV

Der öffentliche Nahverkehr wird 2025 mit mittlerweile 19,5 Millionen Euro zu Buche schlagen, noch einmal zwei Millionen mehr als in diesem Jahr. Größter Einzelposten sind die 13,6 Millionen Euro, mit denen der Kreis den Verkehrsunternehmen die Kosten erstattet, die sie nicht mit dem Fahrscheinverkauf einnehmen dürfen – der „Höchsttarif“, den der Kreis festgesetzt hat, setzt diese Grenze. „Die Wiedererlangung einer echten Eigenwirtschaftlichkeit der Verkehre im Kreis Siegen-Wittgenstein ist derzeit nicht absehbar“, heißt es in dem Eckwerte-Schreiben. Bereits im Frühjahr 2025 sollen die Buslinien ausgeschrieben werden, für die ab Ende 2028 Konzessionen vergeben werden. „In der Zwischenzeit werden sich neue Erkenntnisse über die ÖPNV-Finanzierung ab 2028 ergeben.“

Kreisstraßen

Bei den Investitionen stehen neben Sanierung, Erweiterung und Neubau von Kreisgebäuden (Verwaltung und Berufskollegs) mit rund 5,3 Millionen Euro vor allem die Kreisstraßen mit 6,3 Millionen Euro ganz oben. Im Siegerland steht die Erneuerung der K 7 von Kaan-Marienborn nach Volnsberg an, außerdem der Bau des Radweg an der K 31 von Grund nach Volnsberg.

Cyber-Attacke

Schließlich rechnet der Kreis auch mit einer dicken Rechnung aus der Nachbarschaft: Die Umlage an die Südwestfalen IT (SIT) wird mit 1,4 Millionen Euro eingeplant, 400.000 Euro mehr als in diesem Jahr. Zu finanzieren sind die Kosten des Cyber-Angriffs, der die kommunalen Datennetze seit November 2023 monatelang mehr oder weniger lahm gelegt hat. Erst vor ein paar Wochen sind die meisten kommunalen Homepages wieder ans Netz gegangen.

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