Siegen. E-Zigaretten, sogenannte „Vapes“ gibt es in quietschbunten Farben und süßen Geschmacksrichtungen. Lungenärzte warnen, die Gefahren zu unterschätzen.

Es ist mittlerweile ein bekanntes Bild bei Gruppen junger Menschen – viele umgibt eine Dampfwolke, die nach Vanille oder Erdbeeren riecht: E-Zigaretten, sogenannte „Vapes“ sind bei Jugendlichen ein beliebtes Konsumgut, vor allem mit süßen Aromen wie Vanillepudding oder Käsekuchen. Ein Trend, der nicht zuletzt durch die Sozialen Netzwerke befeuert wird, wo beispielsweise Rapper und Influencer den E-Zigarettenkonsum zelebrieren, teils auch eigene Marken auf den Markt bringen.

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Seit April 2016 ist es in Deutschland verboten, E-Zigaretten und E-Shishas an Kinder und Jugendliche zu verkaufen. Bei den Fachhändlern in Siegen kommt es aber durchaus öfter vor, dass Kinder und Jugendliche danach fragen. „Meistens kommen sie erst allein und dann mit ihren Eltern“, sagt Gianluca Zubcic von „E-Smokers Siegerland“ am Kölner Tor. Bajram Gaiff, Inhaber des E-Zigaretten- und Vape-Stores „Zum Bärtigen“, sieht das Problem bei den Geschäften, die illegale Produkte verkaufen, die sogenannten „Big Puffs“. Die enthalten bis zu 7000 Züge. „Diese Stores, zu denen wir nicht gehören, haben Vapes mit mehr Liquid (Verdampferflüssigkeit, Red.), als auf dem europäischen Markt erlaubt ist. Die Polizei müsste diesen Verkauf mehr kontrollieren. Unsere E-Zigaretten werden getestet und sind nicht gesundheitsschädlicher als normale Tabakzigaretten“, sagt er.

E-Zigaretten-Konsum: Das ist in Siegen erlaubt

In Deutschland sind E-Zigaretten mit 600 Zügen und zwei Millilitern Liquid erlaubt. Der Nikotin-Gehalt darf höchstens 20 Milliliter betragen. Einweg-Vapes mit mehr als 600 Zügen oder einem größeren Tankvolumen sind aufgrund des Tabakerzeugnisgesetzes und der EU-Tabakproduktrichtlinie illegal. Andere Länder, wie England, haben die Einwegvapes bereits abgeschafft. „Einwegvapes sind gar nicht mehr so beliebt“, sagt Verkäufer Gianluca Zubcic. „Wir haben nicht mehr viele in unserem Sortiment.“

Gianluca Zubcic betreibt gemeinsam mit seinem Bruder den E-Smokers-Store am Kölner Tor in Siegen.

„Manchmal kommen Jugendliche erst alleine und dann mit ihren Eltern zusammen in unseren Store.“

Gianluca Zubcic

Siegen: Der Konsum von E-Zigaretten kann zu Lungenschäden oder Krebs führen

Das Rauchen von E-Zigaretten kann zu chronischen Erkrankungen, akuten Reizungen, Entzündungen, Lungenschäden oder sogar Krebs führen. E-Zigaretten-Dampf enthält verschiedene Chemikalien, darunter Propylenglykol, Glycerin, Nikotin und Aromastoffe, die Entzündungen und Reizungen in den Atemwegen verursachen und süchtig machen können. Nikotin kann die Entwicklung des Gehirns beeinträchtigen, insbesondere in Bereichen, die für Gedächtnis und Lernfähigkeit verantwortlich sind.

Die Pneumologin Prof. Dr. Anette Bieberle äußert sich zu den Gefahren des E-Zigarettenkonsums von Jugendlichen. 

„Es gibt Berichte über akute Lungenschäden, insbesondere bei der Verwendung von Produkten, die illegale oder unsichere Substanzen enthalten. Diese Erkrankungen können lebensbedrohlich sein und bleibende Lungenschäden verursachen.“

Prof. Dr. Bieberle

Prof. Dr. Anette Bieberle, Fachärztin für Pneumologie am Klinikum Siegen, sieht eine Gefahr für die Gesundheit bei Jugendlichen. Der Konsum könne zu „akuten Lungenschäden, insbesondere bei der Verwendung von Produkten, die illegale oder unsichere Substanzen führen. Diese Erkrankungen können lebensbedrohlich sein und bleibende Lungenschäden verursachen.“ Es gibt noch keine Langzeitstudien zu den Auswirkungen des Dampfens von E-Zigaretten. „Es ist daher ratsam, Jugendliche über die potenziellen Gefahren des E-Zigaretten-Konsums aufzuklären.“ Dass Aromen in E-Zigaretten bei der Entwöhnung von Zigaretten helfen, sieht ihre Kollegin Dr. Birgit Klöckner kritisch: „Bisher gibt es keine belastbaren Untersuchungsergebnisse dazu.“ Gianluca Zubcic von E-Smokers Siegerland berichtet, dass viele Kunden mit den normalen Tabakzigaretten aufgehört haben und auf E-Zigaretten umgestiegen sind.

Siegen: Schäden des Konsums für den Körper werden erst nach Jahren erkenntbar

Gesundheitsprobleme durch E-Zigaretten kommen in der Praxis für Pneumologie des Klinikums Siegen selten vor; ähnliches berichtet auch die DRK-Kinderklinik am Siegener Wellersberg auf Anfrage. „Wenn man davon ausgeht, dass viele Schädigungen sich erst über Jahre und Jahrzehnte manifestieren könnten, ist zu vermuten, dass sich dies in Zukunft ändert“, sagt Dr. Klöckner. Viele Jugendliche, die E-Zigaretten konsumieren, unterschätzen die potenziellen Risiken für ihre Atemwegsgesundheit, insbesondere in Bezug auf Asthma. „Es besteht ein weit verbreiteter Irrglaube, dass E-Zigaretten weniger schädlich sind als herkömmliche Zigaretten, was dazu führt, dass das Risiko für die Entwicklung oder Verschlimmerung von Asthma oft unterschätzt wird“, sagt Prof. Dr. Bieberle.

Fachärztin für Pneumologie Dr. Birgit Klöckner sieht eine gesundheitliche Gefahr für Jugendliche, wenn sie E-Zigaretten konsumieren. 

„Aromen in E-Zigaretten sollten verboten werden. Sie fördern den Einstieg und führen dazu, dass Jugendliche vielen Schadstoffen, unter anderem Nikotin, ausgesetzt werden. Selbstredend führt dies zu Nikotinabhängigkeit.“

Dr. Birgit Klöckner,

Dr. Birgit Klöckner plädiert für eine wirksame Regulierung des Verkaufs von E-Zigaretten. „Aromen in E-Zigaretten sollten verboten werden. Sie fördern den Einstieg und führen dazu, dass Jugendliche vielen Schadstoffen, unter anderem Nikotin, ausgesetzt werden. Selbstredend führt dies zu Nikotinabhängigkeit.“

AWO-Suchthilfe in Siegen bietet Suchtberatung für Eltern und Jugendliche

Christina Backes, Beraterin bei der AWO-Suchthilfe Siegen, empfiehlt Eltern, Ruhe zu bewahren. „Auf keinen Fall anklagend und vorwurfsvoll sein, sondern Interesse für die Motivation und Hintergründe zeigen. Verständnis zeigen, offen ins Gespräch gehen, die Beziehung aufrechterhalten. Wir bieten Suchtberatungen für Jugendliche und ihre Eltern an.“ Wichtig sei, ein gutes Vorbild zu sein, sagt Backes. Das gelte nicht nur für die Eltern, sondern insbesondere für die Gesellschaft.

E-Zigaretten-Konsum bei Jugendlichen

Laut der Ende 2022 veröffentlichten Studie der Deutschen Befragung zum Rauchverhalten (DEBRA) habe sich seit 2021 der Anteil der rauchenden 14- bis 17-Jährigen fast verdoppelt (rund 16 Prozent). Die Charité in Berlin warnt vor der steigenden Zahl rauchender Kinder und Jugendlicher. Jedes vierte Schulkind habe bereits Erfahrungen mit E-Zigaretten und Vapes gemacht.

Der Hauptunterschied zwischen Vapes und E-Zigaretten liegt in den Materialien, die sie verdampfen. E-Zigaretten verwenden hauptsächlich Liquid, die Nikotin, Propylenglykol, Glycerin und Aromen enthalten. Vapes hingegen sind vielseitiger und können auch Konzentrate, Öle, Wachse und getrocknete Kräuter verdampfen.

„Die Vorbildfunktion zielt nicht nur auf die konsumierte Substanz ab, sondern auf das Verhalten, dass in bestimmten Situationen etwas konsumiert wird. Das fängt schon beim Feierabendbier oder der Zigarette in stressigen Momenten der Eltern oder anderen Bezugspersonen an.“ Was man von der Gesellschaft nicht vorgelebt bekommt, wird auch meistens nicht nachgemacht, sagt Backes.

Siegen: Auch die Entsorgung der Vapes stellt eine Gefahr dar

Der Vape-Trend ist auch für die Umwelt problematisch: Denn Einweg-E-Zigaretten sind nach rund 600 Zügen Müll. „In den Geräten sind häufig Lithium-Akkus verbaut, die eigentlich mehrere hundertmal aufgeladen werden könnten“, sagt Vape-Store-Inhaber Bajram Gaiff. Bei den Einweggeräten fehlt der Ladeanschluss. Deshalb landet der Akku schon nach einmaligem Gebrauch im Müll und damit auch das Lithium, welches zum Beispiel gut für die Herstellung von E-Autos verwendet werden könnte.

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Nach der neuen EU-Batterieverordnung müssen Unternehmen, die Produkte mit Gerätebatterien in Verkehr bringen, sicherstellen, dass „diese Batterien vom Endnutzer jederzeit während der Lebensdauer des Produktes leicht entfernt und ausgetauscht werden können“. Für Einwegvapes trifft das nicht zu – weshalb sie ab 2027 in ihrer derzeitigen Form nicht mehr verkauft werden dürfen. Jedes Geschäft, das Batterien oder Geräte mit Akkus verkauft, ist dazu verpflichtet, diese nach ihrem Gebrauch zurückzunehmen. Lithium-Batterien sollten nicht im Restmüll landen; dort könnten sie Brände verursachen. „Wir nehmen die Einweg-E-Zigaretten zurück und schicken sie an unser Depot“, sagt Vape-Verkäufer Bajram Gaiff aus Siegen.

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