Siegen. Kaufland in Siegener Fludersbach ist Geschichte, perspektivisch soll neuer Supermarkt gebaut werden. Archäologen interessieren sich für den Untergrund.

Das Kaufland-Gebäude in der Siegener Fludersbach steht vor dem Abriss und soll mutmaßlich einem neuen Supermarkt Platz machen (wir berichteten). Eine Gruppe aus Vereinen und Einzelpersonen, die sich laut einer Mitteilung für nachhaltige Erinnerungskultur stark macht, möchte die Umgestaltung des Areals begleiten. Dies vor dem Hintergrund, dass auf dem Gelände die letzten baulichen Überreste eines sogenannten Hilfskrankenhauses für Zwangsarbeiter aus dem Zweiten Weltkrieg zerstört werden könnten, wie es weiter heißt.

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Das Hilfskrankenhaus stand demnach von 1943 bis 1945 auf dem Areal in der Fludersbach, es wurde bei einem Bombenangriff schwer beschädigt. Erhalten sind heute noch die Kellerräume und eine Fensterreihe der Krankenhausbaracke - die Standsicherheit ist nicht mehr allzu lange gesichert - sowie der Friedhof mit etwa 200 Gräbern sowjetischer Zwangsarbeiter. Der liegt hinter der Buswende Seilereiweg, hat keinen Zugang, ist auch nicht ausgeschildert und wird, auch vor dem Hintergrund von Vandalismusschäden, nur an Gedenktagen genutzt.

Denkmalamt muss Abriss des ehemaligen Kaufland in Siegener Fludersbach genehmigen

Auch die Bodendenkmalpflege des Landschaftsverbands LWL hat sich vor Ort ein Bild gemacht und die Fläche als „Vermutetes Bodendenkmal“ eingestuft, die bei allen öffentlichen Planungen und Maßnahmen genauso zu behandeln seien wie eingetragene Bodendenkmäler - Eigentümer müssen sie gemäß Denkmalschutzverordnung „im Rahmen des Zumutbaren“ erhalten. Vor Beginn der Baumaßnahmen - die laut LWL-Archäologie von ihr genehmigt werden müssen - sei eine umfassende Dokumentation mit 3D-Scans, Baudokumentation und Fundbergung geplant, die Kosten müsse der Investor tragen. Nach Ansicht der Archäologen handle es sich um ein wichtiges Zeugnis der regionalen Geschichte. Der Historiker Ulrich Opfermann arbeitete das Thema erstmals 1991 wissenschaftlich auf, ging dabei auch auf das Hilfskrankenhaus in der Fludersbach ein und veröffentlichte Zeugenaussagen zu den oft unmenschlichen Bedingungen dort.

Beteiligt sind bislang Aktives Museum Südwestfalen, Geschichtswerkstatt Siegen, Prof. Eva von Engelberg (Architekturgeschichte Uni Siegen) und VVN-BdA Siegerland-Wittgenstein. Weitere Interessenten seien herzlich zur Mitarbeit eingeladen, um zu erarbeiten, wie das Grundstück auch zu einem Ort des Gedenkens werden könne. Wie das konkret aussehen kann, soll am Ende einer öffentlich geführten Diskussion stehen.

Siegen: „Schicksale der Menschen, die hier gelitten haben und gestorben sind, nicht vergessen“

Heute gebe es in Siegen keinerlei Hinweise auf den massenhaften Einsatz von Menschen, die in den Jahren 1941 bis 1945 hier Zwangsarbeit leisten mussten. Die Gruppe möchte „diese bedeutende Stätte der Erinnerungskultur einschließlich des nahe gelegenen Zwangsarbeiterfriedhofs“ erhalten und „zu einem Ort des Gedenkens und Erinnerns“ machen. Das Schicksal der Menschen, die dort gelitten haben und gestorben sind, darf nicht wieder vergessen werden, so die Forderung. Es müsse möglich sein, künftig am Ort zu gedenken. Durch die Stellungnahme der LWL-Archäologie sei das Grundstück vorerst geschützt vor „leichtfertigem Wegbaggern“, heißt es weiter.

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Im System der Zwangsarbeit des NS-Regimes, ohne das die deutsche Wirtschaft während des Zweiten Weltkriegs wohl kollabiert wäre und das in der Nachkriegszeit „konsequent verdrängt wurde“, so die Gruppe, war das Siegerland keine Ausnahme. Im Arbeitsamtbezirk Siegen lag die Zahl der nichtdeutschen Arbeitskräfte im Jahr 1944 bei rund 15.000. Mehr als 1000 Gräber in der Region zeugen vom Schicksal dieser Menschen, die in Betrieben, der Landwirtschaft, in Haushalten arbeiten mussten.

Das vergriffene Buch von Ulrich Opfermann steht als PDF und als optimierte Datei fur E-Book-Reader (epub) für den kostenlosen Download auf zwangsarbeit-im-siegerland.de/literatur zur Verfügung.