Siegen-Wittgenstein. Wenn die Änderung des Kommunalwahlgesetzes durchkommt, könnte sich der Siegener Rat um 24 Sitze verkleinern. Wilnsdorf hat schon gerechnet.

Die Räte der Städte und Gemeinden können nach der Kommunalwahl 2025 wesentlich kleiner als bisher sein. Ein Gesetzentwurf, der allerdings noch nicht vom Landtag verabschiedet wurde, erlaubt eine Verkleinerung um bis zu zwölf Mandate, bisher waren es zehn. Den Räten soll, wenn das Gesetz in Kraft tritt, bis 31. August Zeit gegeben werden, darüber zu entscheiden. Bisher stand das Thema erst in Wilnsdorf auf der Tagesordnung. Dort hat der Hauptausschuss beschlossen, dass es bei den 34 Sitzen bleibt, vier weniger als die Normalgröße von 38 Gemeindevertretern, die das Kommunalwahlgesetz nach wie vor vorgibt.

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In Siegen wäre der größte Einschnitt möglich

Der größte Einschnitt wäre in der Stadt Siegen möglich. Dort ist der Rat, der in einer Stadt dieser Größenordnung 58 Stadtverordnete hat, seit der Kommunalwahl 2020 durch Überhang- und Ausgleichsmandate auf 70 Mandate erweitert worden. Würde der Rat sich für die künftig maximal mögliche Verkleinerung um zwölf Sitze entscheiden, hätte er nur noch 46 Sitze. Die Chancen für kleine Fraktionen, dort überhaupt noch vertreten zu sein, würden entsprechend kleiner. Bei der Wahl 2020 gelangten acht Fraktionen an Mandate. Weil sich zwischendurch AfD und CDU gespalten haben und die neuen Fraktionen GfS („Gemeinsam für Siegen“) und LKB („Liberal-konservatives Bündnis“) gebildet haben, sind inzwischen zehn Fraktionen im Rat.

Auch in Kreuztal gab es 2020 vier Überhangmandate. Dort haben aktuell 42 statt 38 Frauen und Männer ein Mandat. Weil Kreuztal mehr als 30.000 Einwohner hat, könnten längst auch wieder 44 Mandate vergeben werden. Eine Verkleinerung wäre noch möglich bis auf 32 Mandate.

Bereits freiwillig verkleinert haben – außer Wilnsdorf – ihre Vertretungen Burbach, Neunkirchen, Freudenberg und Netphen. Burbach (jetzt 32 statt 38 Mandate) könnte noch auf 26 Sitze zurückgehen. Neunkirchen (jetzt 28 statt 32 Sitze), könnte auf 20 heruntergehen, kleiner soll in NRW kein Rat werden dürfen. Freudenberg (jetzt 34 statt 38) dürfte noch auf 26 verkleinern. Netphen (34 statt 38) könnte ebenfalls eine Verkleinerung auf 26 Sitze beschließen. Hilchenbach musste vor der letzten Wahl den Rat verkleinern, weil die Einwohnerzahl von 15.000 überschritten wurde. Die Zahl von jetzt noch 32 Mandaten könnte auf 20 verkleinert werden.

Schließlich der Kreistag: Dort wäre eine Verkleinerung von jetzt 54 auf 42 Mitglieder möglich. Dort könnte sich das Problem stellen, dass kleinere Kommunen keine eigenen Vertreter mehr haben. Schon jetzt teilt sich Erndtebrück sein Kreistagsmitglied mit Bad Laasphe, und die beiden Hilchenbacher Bezirke ragen nach Netphen und Kreuztal hinein.

In kleinen Räten gibt es für kleine Fraktionen wenig Platz

Für die Verkleinerung haben sich in der Vergangenheit, wenn überhaupt, Parteien ausgesprochen, die Mühe hatte, Kandidierende für alle Wahlbezirke zu finden – was die Voraussetzung ist, dort überhaupt Stimmen sammeln zu dürfen. Kein Interesse daran haben ganz kleine Parteien: In Hilchenbach zum Beispiel bekamen die Linken mit 4,05 Prozent nur noch einen Sitz und damit keinen Fraktionsstatus, während in Siegen drei Prozent der Stimmen Volt zu zwei Mandaten verhalf. Wenn Räte und damit auch Ausschüsse allzu klein werden, können gerade große Fraktionen nicht alle sachkundigen Bürger unterbringen; die Fraktionen werden entsprechend kleiner, was unter Umständen auch die Zuwendungen aus der Stadtkasse für die Fraktionsarbeit mindert, die nach der Zahl der Mitglieder bemessen werden. Auf der anderen Seite spart die Stadt Aufwandsentschädigungen für nicht mehr vergebene Mandate.

Wilnsdorf verzichtet auf Verkleinerung des Rates

Die Mandate in den Räten werden je zur Hälfte direkt in den Wahlbezirken und über die Reservelisten der Parteien vergeben. Bei einer Verkleinerung der Räte werden also auch Wahlbezirke vergrößert und zusammengelegt. Das führt dazu, dass gerade kleine Ortsteile kein eigenes Ratsmitglied mehr haben und Wahlbezirke über Stadtteilgrenzen hinweg gebildet werden müssen. In Wilnsdorf hätte die maximal mögliche Verkleinerung auf 13 Wahlbezirke zum Beispiel dazu geführt, dass Wahlberechtigte aus Niederdielfen, Obersdorf und Rudersdorf in anderen Ortsteilen mitwählen müssen und dass Anzhausen, Flammersbach und Rinsdorf nicht genügend Wahlberechtigte für einen eigenen Wahlbezirk haben.

Ausländer zählen nicht mehr: Wahlbezirke müssen neu zugeschnitten werden

Bei der Bemessung der Wahlbezirke, die in jeder Kommune gleich groß sein sollen – mit einer möglichen Abweichung von höchstens 15 Prozent –, soll nicht mehr die Einwohnerzahl, sondern die Zahl der Wahlberechtigten ausschlaggebend sein. Das bedeutet, dass Stadtbezirke mit besonders großer Kinderzahl oder einem großen Anteil an Ausländern mit Nicht-EU-Pässen an Einfluss verliere. Auch Fristen werden verändert. Nicht mehr mit dem 59. Tag vor der Wahl, sondern schon vor dem 69. Tag endet die Frist, in der Wahlvorschläge eingereicht werden können. Über die Zulassung der Wahlvorschläge wird nicht mehr bis zum 47., sondern nun schon vor dem 58. Tag vor der Wahl entschieden.

Gesetz legt Parteien „Geschlechterparität“ nahe

Wann die Kommunalwahl stattfindet, ist noch nicht festgelegt – angestrebt wird ein gemeinsamer Termin mit der Bundestagswahl. Die aktuelle Wahlperiode von Räten und Kreistag endet am 31. Oktober 2025, bis dahin müssen die neuen Vertretungen gewählt sein. Das kann auch schon sehr viel früher geschehen. Das neue Gesetz lässt den neuen Räten nicht mehr nur sechs Wochen, sondern drei Monate Zeit, um erstmals nach der Kommunalwahl zusammenzutreten. Falls nach den Bürgermeisterwahlen Stichwahlen erforderlich werden, finden die nicht mehr zwei, sondern drei Wochen nach dem ersten Wahlgang statt. So sieht es der Gesetzentwurf zumindest vor.

Neu vorgeschlagen wird eine Gleichstellungsklausel: „Bei der Aufstellung der Wahlvorschläge sind die Parteien und Wählergruppen aufgefordert, Geschlechterparität anzustreben.“ 

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