Netphen. Die Netphener Politik will die Qulturwerkstatt nicht anders behandeln als andere Kulturvereine. Für den Ausweg gibt es aber eine Idee.

Es gibt eine Skatgruppe, einen Filmclub, eine Bienen AG, das Schulradio mit der örtlichen Grundschule. Eine Theatergruppe, ein intergeneratives Café, offene Treffs. Die Qulturwerkstatt in Deuz führt vor, was ein „Dritter Ort“ ist, bevor er fertig ist: Treffpunkt auf dem Land für Leute, die gemeinsam etwas machen wollen. 120 Mitglieder hat der 2019 gegründete Verein mittlerweile. Manche steuern Beiträge zum Programm bei, leiten Gruppen, AGen oder offene Treffs. Andere helfen beim Bau mit: Denn aus der ehemaligen Tischlerei soll ein Veranstaltungsraum mit Bühne und Werkstattcafé werden. Die Netphener Politik tut sich gerade schwer mit dem Projekt, das als eines der wenigen im Siegerland schon zwei der drei Regionale-Sterne hat. Wie schwer, wird sich am Donnerstag im Rat zeigen.

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Darum geht es

Eigentlich hätte der Verein angebaut. Als aber die Tischlerei aus der Zaunstraße auszog, wurde umgeplant. Das „Q“ zieht dort ein, der Platz für den Anbau zwischen uraltem Fachwerkhaus und Werkstatt bleibt nun frei für eine Terrasse. „Es war die richtige Entscheidung umzuplanen“, sagt Stefan Bünnig, einer der Initiatoren der Qulturwerkstatt. Damit alles fertig werden kann, werden noch rund 160.000 Euro gebraucht. Aus dem neuen Kulturförderfonds des Kreises könnte der Verein noch bis Monatsende bis zu 35.000 Euro beantragen – vorausgesetzt, die Stadt Netphen leistet auch einen Beitrag.

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4000 Euro könnten das sein. Silvia Glomski (Grüne) stellt den Betrag im Kulturausschuss in den Raum. „Die geleistete Arbeit ist gigantisch, darauf kann die Stadt stolz sein.“ Dem widerspricht niemand – schließlich sind gerade erst alle Fraktionen einer Gesprächseinladung ins Q gefolgt. „Es ist unser Anliegen, den Verein zu unterstützen“, beteuert Lothar Kämpfer (SPD). Nur: Da gebe es auch andere Begegnungsstätten und Heimatvereine, die gleich behandelt werden müssten.

Das findet Klaus-Peter Wilhelm (UWG) auch. Zumal die Qulturwerkstatt ja auch – anders als andere Vereine – hauptamtliches Personal habe. „Der Verein hat schon eine Menge Geld bekommen. Damit müssen sie haushalten.“ Harald Boch (CDU) meint dagegen, die Stadt solle einer Förderung der Qulturwerkstatt durch den Kreis „nicht im Wege stehen“. Die genannten 4000 Euro seien zudem „keine Unsumme“. Olaf Althaus (FDP) spricht sich dafür aus, „ein Zeichen zu setzen“ – zu fördern, aber dennoch gleichzubehandeln. Das wären dann die 350 Euro, die jeder kulturtreibende Verein jährlich von der Stadt ausbezahlt bekommt. Die könnten auch schon vorab überwiesen werden, gesteht Bürgermeister Paul Wagener zu. Der Verein habe aber eine Landesförderung von 450.000 Euro bekommen, von dennen 300.000 Euro für Personal ausgegeben worden seien. „Es darf doch erlaubt sein, das zu hinterfragen.“

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Das sagt die Qulturwerkstatt

Filmemacher Stefan Bünnig, der zusammen mit Theaterpädagogin Giulia Gendolla im neuen Zuhause in Salchendorf mit einem „Pantoffelkino“ gestartet war, rechnet vor: Die auf drei Jahre ausgelegte Landesförderung sind als 80-Prozent-Zuschuss geflossen, 175.000 Euro muss der Verein in Eigenleistung beisteuern. Noch bis Ende des Jahres werden aus diesem Budget zwei Teilzeitstellen im Umfang von zusammen 50 Wochenstunden finanziert. Die Mitarbeitenden koordinieren die Baumaßnahmen („Wir machen da viel selbst“) und unterstützen und koordinieren die ehrenamtliche Arbeit: „Das Ehrenamt fällt nicht vom Himmel.“

Möglich wurde die Qulturwerk­statt, weil Gabriele Schlemper, selbst im Verein engagiert, das Haus ihres verstorbenen Vaters zur Verfügung stellte. Formal ist der Verein für zehn Jahre Mieter, mit einer Option für weitere zehn Jahre. Diese Sicherheit hätten somit auch die Zuschussgeber, die sich zudem durch „Zweckbindungsfristen“ und Rückforderungsklauseln absichern, sagt Stefan Bünnig zu dem Einwand der Stadt, dass die Immobilie nicht dem Verein gehört.

Das könnte die Lösung sein

„Sachleistungen“ bringt Lothar Kämpfer (SPD) als Alternative ins Gespräch – die beziffert werden müssten und dann vom Kreis auch anerkannt würden, wenn er nach dem Beitrag der Stadt zur Kulturförderung sucht. Angerechnet werden könnten bisherige Unterstützung durch die Verwaltung und Bauhofstunden – die aber auch ihren Preis haben, wie der Bürgermeister betont: „Da sollten wir auf dem Teppich bleiben.“ Bis zur Ratssitzung am Donnerstag will die Verwaltung mit der Qulturwerkstatt besprechen, wie ein solcher Beitrag der Stadt aussehen könnte.

Kommentar:Netphen, Kultur und Politik: Einfach ziemlich peinlich

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