Siegen. „Wer sich so sein Geld besorgt, kann sein Vermögen verprassen“, schimpft Steffen Mues auf den Kreis. Dem überweist Siegen fast 79 Millionen Euro.
In den Stolz und die Erleichterung über die unerwartet gute Haushaltsituation mischt sich einiger Ärger: Steffen Mues nutzt die Einbringung des Haushalts zu einer Generalabrechnung mit dem Kreis: Dessen „rücksichtsloses Verhalten“ in Sachen Kreisumlage nehme „skandalöse Züge“ an, wetterte der Bürgermeister im Rat. Kämmerer Wolfgang Cavelius bekräftigte, inzwischen „mehr als laut über eine gerichtliche Überprüfung des Umlagesatzes“ nachzudenken.
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Bürgermeister Mues verwies auf den „breit aufgestellten“ Branchenmix, den Siegen dank kluger Wirtschaftsförderungspolitik inzwischen vorweisen könne – nicht mehr nur Eisen und Stahl und daran angedockt der Maschinenbau. Wenn ein Segment schwächelt, könne sich das ausgleichen, mit den nun vorliegenden positiven Effekten für die Gewerbesteuerzahlungen. Kämmerer Cavelius mahnte aber, dass er angesichts diverser Forderungen, die erhebliche Folgekosten nach sich ziehen werden (Schwimmbad), Zweifel am Konsolidierungskurs habe, „den wir dringend beibehalten müssen.“ Seit Jahren „taumeln wir von einer Krise in die andere“, Kommunen seien dabei keineswegs Mikroorganismen, sondern in die globalen Geschehnisse eingebunden, deren Hauptlast man vor Ort zu tragen habe.
78,8 Millionen Euro Kreisumlage müsse Siegen voraussichtlich zahlen, 8 Millionen mehr als 2022. „Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen“, sagte Steffen Mues und erinnerte an seine Zeit als Beigeordneter – da waren es noch 30 Millionen. Als er Bürgermeister wurde, 2007, dann 45 Millionen. „Es ist nicht mehr nachvollziehbar. Diese Zahlen zeigen eindeutig den Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot.“ Vor allem, da der Kreis seit 2010 „jedes Jahr drastische Überschüsse erwirtschaftet“, die er vorher den Kommunen abgeknöpft habe. „Wer sich so sein Geld besorgt, kann sein Vermögen verprassen.“
Kreis Siegen-Wittgenstein „85 Millionen aus ideologischen Gründen verprasst“
Mues erinnerte auch an die RWE-Aktien, die für weniger als 20 Euro „aus ideologischen Gründen verscherbelt“ worden seien – insgesamt 4 Millionen Aktien, von denen heute jede gut 40 Euro wert sei. „85 Millionen Euro Verlust – aber das ist ja nur eine Petitesse“, kommentierte der Bürgermeister zynisch. „Einfach verprasst in einer Zeit, als Atom- und Braunkohleausstieg längst klar waren. Aber das kann man sich ja bei den Kommunen zurückholen.“ Es werde Zeit, dass der Kreis zu einer ordnungsgemäßen Haushaltsführung zurückkehrt.
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Auch in Richtung Land NRW schoss der Bürgermeister und erinnerte an die deutliche Übererfüllung diverser Geflüchteten-Quoten; er erwarte endlich ein faires Verteilungssystem: „Siegen hat immer geholfen, wenn zu helfen war; wir haben aufgenommen, wenn wir gebeten wurden.“ Nun seien die Unterbringungsmöglichkeiten aber erschöpft: „So aufnahmefreudig wir sind: Das ist mit extremen Kosten verbunden“, betonte Mues mit Blick auf in der Zukunft liegende Integrationskosten, „die wir nicht ersetzt bekommen.“ Steuere Düsseldorf nicht nach, „wird das irgendwann zum Kollaps führen“.