Hainchen. Im Keller und im Dorf Hainchen ist das Nass lästig, im Hain über der Wasserburg wird es zur Attraktion. Ein Rundgang mit Paul Breuer.
Eine Windschaukel, eine Seilbahn, eine Wasserwippe, die Balancierstrecke. „Vorn gehen sogar noch die Großeltern mit“, erzählt Paul Breuer, „da oben sehen Sie nur noch Kinder.“ Das kleine Abenteuerland im Wald oberhalb der Haincher Wasserburg ist sozusagen der wilde Teil der Anlage, die der Siegerländer Burgenverein 2019 neu eröffnet hat. Also für die, für die das beschauliche Spazieren auf dem neu angelegten Rundweg um den inneren Burggraben noch nicht aufregend genug ist. Und die aus dem Alter herausgewachsen sind, in dem sie noch in dem als Marketenderwagen gestalteten Spielgerät herumturnen mochten.
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Der Hain: Ein Wald mit Spielplatz und Teichen
Der Erkundungsgang mit Paul Breuer, dem Vorsitzenden des Siegerländer Burgenvereins, beginnt da, wo sie bei den Arbeiten am neuen Park die alte Straße wieder ausgegraben haben, die wohl im 17. Jahrhundert angelegt wurde. Sie führt aus dem Dorf zur Burg, ein Abzweig an der Burg vorbei zur Remise, die heute Restaurant ist. An ihrer Stelle stand damals die Vorburg, zwei Gehöfte, von denen aus das Land bewirtschaftet wurde, Und dahinter, den Hang hinauf, der Hain. Denn es ist nicht einfach ein Wald, in dem große und ganz große Kinder heute spielen, sich dabei nass und schmutzig machen. Der Hain, eine auf Wälle gepflanzte Hecke, war zusammen mit dem äußeren Burggraben die Befestigung der Wasserburg. Und die möchte Paul Breuer wieder sichtbar machen.
Man braucht ein bisschen Phantasie, wenn man über den Damm kraxelt, der aus dem äußeren Burggraben zwei Teiche macht, in dem sich die Fische wohl fühlen – wofür wiederum ein Angler aus den Reihen des Burgenvereins sorgt. Paul Breuer führt über den – erst einmal nur gedachten - Weg zu dem Sporn, von dem aus, am besten von ein einer Ruhebank, der Blick auf die Burg fallen könnte. „Wir hätten dort eine Brücke geplant“, sagt Paul Breuer, „das wurde uns aber zu teuer.“
Der Burggraben könnte Wasser zurückhalten
Ein Weg durch den Hain – daher der Name Hainchen – am Burggraben entlang als eine Zeitreise zurück zu den Herren von Hain, denen die Burg im 13. Jahrhundert gehörte, die das Kloster Keppel stifteten und sich in der Dernbacher Fehde mit der nassauischen Landesherrschaft anlegten. Eine Zeitreise durch die Jahrhunderte, in denen klammen Nassauer die Burg, die sie in ihren Besitz brachten, immer wieder verpfändeten, bis am Ende der Frankfurter Bankier von Fleischbein 1715 einen Strich unter die Geschichte des Adelssitzes machte. „Man müsste die Archäologen hier heranlassen.“ Am besten Prof. Dr. Felix Teichner mit seinen Studierenden, die zuletzt auch auf der Ginsburg gegraben haben. Der Wissenschaftler aus Herborn, der in Marburg lehrt, war schon mal mit seinen Kindern hier. „Die haben sich gleich in das Gelände verliebt.“ So viel zur Kultur.
Adventsmusik
Der Gesangverein Concordia Hainchen singt am Sonntag, 18. Dezember, ab 17.30 Uhr an der Burg Lieder zum Advent. Es gibt Punsch und Glühwein.Über die (Bau-)Geschichte der Wasserburg Hainchen haben Andreas Bingener und Olaf Wagener eine Broschüre verfasst, die der Siegerländer Burgenverein 2018 herausgegeben hat: „Hainchen – eine Wasserburg im Wandel der Zeiten“.
Ulrich Krumm, früher bei der Wasserbehörde des Kreises, heute im Holzhausener Heimatverein engagierter Ruheständler, hat mitgemacht. Wenn man die Tümpel entschlammt, durchgängig macht und den aus dem Hang von der Haincher Höhe kommenden Bach durchleitet, dann würde dass Dorf Hainchen ein Stück sicherer. Denn hier würde bei entsprechenden Regenmengen das Wasser zurückgehalten, das sonst ungebremst die Schlossstraße herunterstürzen würde. „Ich habe erlebt, wie ein Kanaldeckel oben auf der Welle ritt", berichtet Paul Breuer. Die Wasserbehörde hat dem Plan zugestimmt. Fehlt das Geld, um die 100.000 Euro. „Ich bin optimistisch, dass wir das hin hinkriegen. Nur nicht alles auf einmal.“
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Hofobstgarten: Die Bäume werden bald gepflanzt
Denn da ist ja auch noch die Remise, die um einen zweiten Gastraum im Obergeschoss erweitert werden soll. Und die Burg selbst. Von dort kommen zwei Vereins-Mitstreiter Paul Breuer entgegen. Hans Sting und Rudi Terskamp werden von Theo Morgenschweis begleitet, dem Pomologen aus Struthütten, der die Haincher beim Wiederanlegen des Hofobstgartens berät. „Sie sind angegangen“, berichtet er über den erfolgreichen Versuch, noch gerettete Reiser zu veredeln. „Die werden am besten jetzt gepflanzt.“ Bevor womöglich ein langer Dauerfrost kommt.
Jede Menge Aufgaben fürs Ehrenamt
„Wir brauchen Leute zum Anpacken“, sagt Paul Breuer. Solche wie die drei Männer, die ihren Weg weiterziehen. Da ist ja nicht nur der Obstgarten. Das sind auch die Führungen. Und die Heimat AG der Grundschule, für die die Wasserburg zum Lernort geworden ist: „Die Kinder kennen sich besser aus als ihre Eltern.“ Und der Betrieb des Gästehauses für Gruppen, die hier in der Burg ein Wochenende oder länger bleiben. Und die Hochzeiten, denn die Burg ist auch offizielle Dependance des Netphener Standesamtes, um die 80 Mal im Jahr. Und das Veranstaltungsmanagement – auf Paul Breuers Handy klingelt der MGV Concordia: In wenigen Minuten ist das Adventsständchen mit Glühwein am Sonntag um halb sechs verabredet. Und und und. Leute zum Aufpassen, auf jeden Fall. Das machen auch Kinder, die einfach Bescheid sagen, wenn sich jemand auf dem Gelände schlecht benimmt.
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Der Palas: Im Frühjahr wieder trocken
Es geht in den Palas, den ältesten Trakt der Wasserburg, „Das ist Haincher Stein“, weiß Paul Breuer inzwischen, von oben aus dem Steinbruch. „der ist wie ein Schwamm, den darf man nicht verputzen.“ Hat man aber. Unten im Gewölbekeller laufen die Trockengeräte. „In den letzten Wochen haben wir 900 Liter Wasser aus der Luft geholt.“ Der Putz wird jetzt runtergeholt, der Stein freigelegt. „Wir wollen sehen, dass der Keller im Frühjahr wieder nutzbar ist.“
Vielleicht freut das auch den Hausgeist mit den Flügeln, der die Säule aus der Renaissance ziert, die oben bei den Arkaden im Burghof wieder herauskommt. Seit 1730, hat Paul Breuer von den Historikern gelernt, die sich mit der Burggeschichte beschäftigen. Eigentlich, sagt der frühere Landrat und Bundestagsabgeordnete, „ist das hier für mich auch ein großer Lernprozess.“ Was ein Pumpensumpf ist, zum Beispiel, das musste er früher nicht wissen. Früher, bevor ihn die Burg gefesselt hat, irgendwie.
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