Kreuztal. Wieso nehmen junge Menschen an naturwissenschaftlichen Förderprogrammen teil? Philipp Kubny aus Kreuztal hat es gemacht – und kennt gute Gründe.

Das Interesse für Naturwissenschaften erwachte früh. „Man kann als Kind durch die Welt laufen und denken ,Boah, ist das schön’ – oder man kann sich fragen: Warum ist das so?“, sagt Philipp Kubny. Der heute 18-Jährige tat Letzteres, landete so zunächst beim Interesse für Physik und dann im Programm MINToringSI, das junge Menschen für naturwissenschaftliche Fächer begeistern möchte.

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Die Lehrkräfte am Gymnasium Kreuztal machten in ihren Kursen auf das Angebot aufmerksam. Über Leute aus den höheren Jahrgängen hatte er zuvor bereits mitbekommen, „wie das Programm gestaltet ist, was man da so macht“, erzählt Philipp Kubny, der gerade sein Abi in Kreuztal gemacht hat. Außerdem „hat man gehört, dass es viel gutes Essen gibt“, ergänzt er und lacht.

Siegen-Wittgenstein: MINToringSI will Spaß an Naturwissenschaften vermitteln

Überhaupt klingt alles ziemlich entspannt, wenn der Mintee – wie die Projektteilnehmerinnen und -teilnehmer genannt werden – berichtet. Ein Programm, dass Jugendliche zwei Jahre lang parallel zum Schulunterricht auf das Studium eines MINT-Faches – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – vorbereitet, dürfte für die meisten Schülerinnen und Schüler (und gewiss auch für einige Erwachsene) nach einer völlig spaßbefreiten Angelegenheit klingen. Ist es aber nicht, wenn man Phillip Kubny so zuhört.

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In der 11. Klasse fing er an, mit ihm noch fünf andere Jugendliche vom Gymnasium Kreuztal. In einem MINTtoring-Durchgang sind insgesamt im Schnitt etwa 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Ein Grundinteresse für die Materie, räumt Philipp Kubny ein, müsse natürlich vorhanden sein. Er hatte in der Oberstufe Physik und Mathematik als Leistungskurse. Zweifellos springt der Funke in den Naturwissenschaften nicht bei jedem Menschen so über wie beim ihm – und ohne Frage fällt es auch nicht jedem leicht, sich hineinzudenken. „Aber wenn man sich damit auseinandersetzt; wenn man beginnt, ein Thema zu verstehen: Das ist ein unglaublich gutes Gefühl in der Physik.“

MINToringSI: Wegen Corona keine Exkursionen in Siegerländer Unternehmen

Da es bei MINToringSI eben nicht darum geht, dass eine Horde Nerds in fensterlosen Räumen sitzt und jeder einsam vor sich hin rechnet – um mal tief in die Klischeekiste zu greifen –, trafen die Corona-Einschränkungen das Projekt hart. Das erste Jahr dient eigentlich dazu, dass die Jugendlichen einander kennenlernen, unter anderem bei gemeinsamen Exkursionen in die Siegerländer Wirtschaft. Das fiel wegen der Pandemie aber flach, sehr zu Philipp Kubnys Bedauern. „Es ist schon cool, wenn man heimische Betriebe besichtigt und sieht, wie sie produzieren.“ Doch auch hier waren, wie in so vielen anderen Bereichen des Lebens in den vergangenen fast anderthalb Jahren, meist nur noch Online-Veranstaltungen drin.

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Besser sah es im zweiten Jahr, beginnend nach den Sommerferien, aus. In dieser Phase sieht das Programm eine Projekt-Gruppen-Arbeit vor. Es gab einen Wochenend-Workshop an der Universität Siegen, in dem es um Inhaltsfindung und eine Einführung ins wissenschaftliche Arbeiten ging – denn die Ausgestaltung ist an akademischen Maßstäben orientiert. Philipp Kubnys Gruppe entschied sich für das Thema „Magnetschwebebahn“, „wir haben etwas gesucht, was alle interessieren könnte“.

Vorteile einer Magnetschwebebahn am Beispiel des Hamburger Hafens verdeutlicht

MINTtoringSI habe „eine große Wirtschaftsnähe“, erläutert der 18-jährige Kreuztaler. Angestrebt seien keine abgehobenen und theoretischen Themen, sondern Vorhaben „mit Nutzwert“. Magnetschwebebahnen, hier mit Blick auf Logistik und Warentransport, erfüllen das, wie Philipp Kubny erklärt, weil sie „einen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Nutzen“ haben: etwa Klimaschutz, geringere Lärmemissionen, Entlastung von Infrastruktur.

Lokales Programm

MINToringSI gibt es seit 2013. Beteiligt sind die Universität Siegen, der Verband der Siegerländer Metallindustriellen (VdSM) und die Bezirksregierung Arnsberg.Bis 2012 gab es das Programm MINToring. Dieses wurde bundesweit von der Stiftung der Deutschen Wirtschaft koordiniert. Der Siegen-Wittgensteiner Ansatz ging daraus hervor.Mehr Infos gibt es auf mintoringsi.de

Diesen Punkt machten die Jugendlichen am Beispiel des Hamburger Hafens deutlich, für den eine solche Anlage in Vorbereitung ist: Anstatt den kompletten Lieferverkehr durch das Quartier laufen zu lassen, könne eine Magnetschwebebahn dezentrale Anlieferung ermöglichen und dann das letzte Stück des Transportwegs übernehmen. Auf diese Art ließe sich gerade Lkw-Verkehr aus bewohnten Gebieten heraushalten, weil eine strombetriebene und leisere Alternative zum Einsatz kommt.

Philipp Kubny aus Kreuztal: Dank MINToringSI besser auf das Studium vorbereitet

Mit dem Thema setzte sich das Team nicht nur theoretisch in einer schriftlichen Arbeit auseinander, sondern baute unter Corona-Bedingungen auch ein einfacheres Modell (das aber immer noch kompliziert genug ist) aus Holz und Magneten. An der Stelle packte die Gruppen der Ehrgeiz, sagt Philipp Kubny, „man will schon besser sein als die anderen, will natürlich mit der eigenen Gruppe gewinnen. Das hat einen motiviert!“ Schließlich wurde es der zweite Platz im Ranking. Aber das sei nicht so wichtig. „Es geht um das Projekt und um die Erfahrungen, die man sammelt.“

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Im dritten Jahr wird Philipp Kubny nicht mehr bei MINToringSI dabei sein. In dieser Phase werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die an der Uni Siegen ein MINT-Studium aufnehmen, weiter betreut – doch der 18-Jährige möchte im Idealfall in Mannheim studieren, wenn das nicht klappt, in München. Er zieht für sich dennoch viel aus der Teilnahme. „Ich habe gelernt, wie man an Probleme herangeht und sich organisiert.“ Das Programm habe auch konkrete Vorstellungen davon vermittelt, was einen an der Uni erwartet. Auch das ist ein erklärtes Ziel von MINToringSI: Jungen Menschen den oft harten Schnitt zwischen Schule und Uni erleichtern. „Das hat das Projekt gut gemacht“, sagt Philipp Kubny.

Zum Schluss die Überraschung: Er will nicht Physik studieren, sondern BWL. Sein Ziel ist ein Master in Wirtschaftsinformatik. „Ich interessiere mich auch sehr für Wirtschaft, Aktien und Finanzwelt. Mir war immer klar: Ich möchte mit wirtschaftlichem Bezug arbeiten. Mir reicht das Technische nicht.“

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