Grissenbach. Für Wasserleitung und Kanal müssen die Ahornbäume am Hofgarten weichen. Die Stadt Netphen sieht keine Alternative, ein Anlieger schon.

Der Hofgarten ist ein Wirtschaftsweg am Ortsrand von Grissenbach. Er verbindet die Straße In der Hälsbach mit dem Friedhof. Am Anfang des Weges stehen drei Häuser. Nun sollen fünf Bauplätze dazukommen – die Folge: Die Stadt bereitet den Ausbau der Straße vor. „Auf einmal standen bei meiner Schwester Vermesser im Garten“, berichtet Thorsten Görg – er ist einer der Anlieger und zugleich Vorsitzender des Dorfgemeinschaftsvereins DKS. Dass dafür sieben vor etwa 40 Jahren gepflanzte Ahornbäume gefällt werden sollen, ärgert Thorsten Görg noch mehr als der Anliegerbeitrag, der nun auch für die „alten“ Anwohner fällig wird.

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Deshalb fallen die Bäume

Für Rainer Schild, Leiter des Fachbereichs Tiefbau im Netphener Rathaus, ist das Vorgehen zwangsläufig: „Es gibt Bauwillige.“ Vier Bauplätze liegen unterhalb des Hofgartens, hinter der vorhandenen Bebauung des parallel verlaufenden Weges Elmertsgarten. Und einer in der Verlängerung des Hofgartens in Richtung Friedhof. Sie brauchen Kanal- und Wasseranschluss. Dafür wiederum muss der Hofgarten aufgerissen werden. „Wir fällen nicht einfach so Bäume“, sagt Rainer Schild. Nur: „Die Bäume stehen dicht an der Straße. Wir würden so massiv in das Wurzelwerk eingreifen, dass sie das nicht überleben würden.“

Einer der Bauwilligen habe zudem ein Grundstück in der Nähe der Bauplätze angeboten, auf dem jeder der neuen Anwohner drei bis fünf neue Bäume pflanzen könnte. Diese hätten sich auf der Anliegerversammlung in der vorigen Woche auch dazu bereiterklärt – obwohl sie dazu nicht verpflichtet wären. In einem Schreiben an Prof. Dr. Klaudia Witte,Vorsitzende des Naturschutzbundes Siegen-Wittgenstein, räumt der Fachbereichsleiter allerdings auch ein, „dass einige Bauherren bereits geäußert haben, dass sie keine Möglichkeit sehen, ihre geplanten Bauvorhaben an die Bäume anzupassen.“ Der Umweltverband hatte sich nach einem Hinweis von „einem aufmerksamen Bürger“ eingeschaltet.

Zeitplan

Der Stadtentwicklungsausschuss wird in seiner Sitzung am Montag, 6. September, über das Grissenbacher Baugebiet beraten. Die Entscheidung fällt im Rat am Donnerstag, 16. September.Die Verwaltung will vorschlagen, die Bauaufträge noch in diesem Jahr auszuschreiben. Leitungs- und Straßenbau sollen dann 2022 erfolgen.

Das spricht dagegen

Thorsten Görg findet, dass die Bäume stehen bleiben könnten: Die vier Bauplätze unterhalb des Hofgartens könnten auch über einen Weg erreicht werden, der teils in privatem, teils in städtischem Besitz sei und zwischen der Elmertsgarten-Bebauung und den neuen Bauplätzen liege. „Jetzt müssen sie Hebeanlagen bauen, um das Abwasser in den Kanal am Hofgarten hinaufzupumpen.“ Und das Grundstück in der Verlängerung des Hofgartens könnte auch an die Leitungen auf dem bebauten Nachbargrundstück angebunden werden. „Dann wäre da Ruhe gewesen.“ Wobei Thorsten Görg sich wundert, dass diese Fläche, die bisher im städtebaulichen Außenbereich liegt, per „Arrondierung“ überhaupt Bauplatz werden kann. „Uns ist immer gesagt worden, dass das Grundstück nie aufgeschlossen wird.“

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Das sind die Konsequenzen

„Ein kleines Baugebiet ohne riesigen Aufwand“, sagt Ortsbürgermeisterin Annette Scholl – überrascht sei sie dennoch: „Ich hätte nie damit gerechnet.“ Sie erinnert sich daran, dass die Stadt in den 1990er Jahren die Straßen im Dorf mit Zuschüssen aus Dorferneuerungsmitteln ausbauen konnte – für die Anlieger blieb ein Kostenbeitrag von höchstens 50 Prozent übrig. Die anderen Straßen, wie auch der Hofgarten, blieben Wirtschaftswege. Weil sie nach dem Kanal- und Wasserleitungsbau nun als „erstmalig erschlossen“ gelten, muss die Stadt den Erschließungsbeitrag von 90 Prozent erheben. In der Anliegerversammlung wurden Zahlen genannt: Die Kosten von rund 150.000 Euro für die 90 Meter kurze Ausbaustrecke werden auf acht Anlieger umgelegt. Daraus, so Thorsten Görg, werde ein Beitrag von 33,50 Euro je Quadratmeter Grundstücksfläche errechnet – zuzüglich der Kosten für Kanal- und Wasseranschluss.

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Ja, sagt Hofgarten-Anlieger Thorsten Görg, dass irgendwann Erschließungsbeiträge fällig werden, hätten auch die „alten“ Anlieger gewusst – das Haus, in dem seine Familie wohnt, hatten die Großeltern in den 1950er Jahren gebaut. Er sieht allerdings auch einen Nebeneffekt des neuen 4,75 Meter breiten Hofgartens: „Die Stadt bekommt eine schöne Straße direkt auf den Friedhof.“

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