Siegen. Ein Unfall in Kreuztal kam jetzt vor Gericht in Siegen. Die Vorwürfe: Gefährdung des Straßenverkehrs aufgrund geistiger oder körperlicher Mängel.
Der Angeklagte fährt über die HTS durch Kreuztal. Einen guten Kilometer vor der Abfahrt Krombach kollidiert er mit seinem Daimler mit der rechten Leitplanke, verliert die Kontrolle. Das Fahrzeug gerät ins Schleudern, dreht sich, kracht gegen die linke Fahrbahnbegrenzung und bleibt dort schließlich stehen. Eine nachfolgende Verkehrsteilnehmerin kann gerade noch bremsen. Am Donnerstag hat der Mann (33) einen Termin im Siegener Amtsgericht. Die Vorwürfe lauten auf Gefährdung des Straßenverkehrs aufgrund geistiger oder körperlicher Mängel.
Siegen: Unfallverursacher brachte einen Kollegen nach Hause
Konkret wird dem Angeklagten vorgeworfen, am Steuer eingeschlafen zu sein und seine Fahrt trotz entsprechender Vorzeichen nicht unterbrochen zu haben. Auf die Bitte der Vorsitzenden, den Tag aus seiner Sicht zu schildern, nutzt der Kameruner Staatsbürger die Gelegenheit zu einer großen Verteidigungsrede. Er ist 2013 zum Studieren nach Deutschland gekommen und hat sich bewusst entschieden, zum bereits vorhandenen Führerschein aus seiner afrikanischen Heimat noch ein deutsches Papier zu erwerben, „wir haben in Kamerun keine Autobahnen“. In Deutschland sei alles so gut und sicher geregelt. Er hat gerade eine Ausbildung in einem Handwerksbetrieb erfolgreich abgeschlossen, in dem auch der Sohn eines Bekannten als Praktikant arbeitete. Diesen hat er am Tag des Geschehens nach Hause in Netphen gebracht.
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Normalerweise fahre er im Firmenwagen, berichtet der Angeklagte. Weil er aber danach direkt zu seiner Wohnung fahren wollte, hätte er seinen eigenen Wagen genommen, der 20 Jahre alt gewesen sei. „Ich hatte Musik laufen, habe gesungen“, erzählt der Mann. Aufgrund des Alters seines Autos sei er die Steigung zur Krombacher Höhe mit maximal 80 Stundenkilometern hinaufgefahren. Plötzlich habe es ein komisches Geräusch gegeben, dann sei das Auto nach rechts gezogen, nicht mehr zu kontrollieren gewesen. Er habe nur noch versucht, das Steuer mit beiden Händen festzuhalten, berichtet er in gutem Deutsch mit leicht französischem Akzent. Es tue ihm schrecklich leid, so viel Mühe verursacht zu haben.
Gericht in Siegen: Wie kam es zu dem Vorwurf des Sekundenschlafs?
Das Thema Sekundenschlaf kommt in der Aussage nicht vor. Es wird auch im Verlauf der Verhandlung nicht ganz deutlich, wie es zu diesem Vorwurf gekommen ist. Die Fahrerin des nachfolgenden Wagens hatte ausgesagt, der Wagen des Angeklagten sei etwa 500 Meter vor ihr gefahren, in Schlangenlinien und habe eine ordentliche Strecke die Leitplanke gestreift. Von der Polizei wurden Schäden an insgesamt zwölf Planken-Einheiten registriert. Trotz allem hat Amtsrichterin Dr. Hanne Grüttner an dieser Stelle „mehr Fragen als Antworten“. Die Zeugin hat sich wegen einer Erkrankung als verhandlungsunfähig abgemeldet. Ohne ihre Aussage gehe nichts.
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Der Verteidiger hat im Vorfeld gegen die vorläufige Einziehung der Fahrerlaubnis seines Mandanten Einspruch eingelegt, sieht auch die Möglichkeit eines technischen Defektes gegeben. Allerdings wurde das inzwischen verschrottete Fahrzeug nicht untersucht. Auch die Richterin sieht entsprechende Gutachten als fast unausweichlich, insgesamt nur die Alternative einer umfangreichen Beweisaufnahme oder einer anderen Lösung. Der Staatsanwalt ist von einem Tiefschlaf des Angeklagten überzeugt, geht allerdings dann auch recht schnell auf den Vorschlag einer Einstellung ein.
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Der Mann aus Kamerun hat keine Vorstrafen, ist auch nicht im Verkehrsregister aufgefallen. Wenn es ein Musterbeispiel für Integration gebe, dann ihn, findet sein Olper Verteidiger. Zudem erwartet er am Abend noch die Urkunde für die Gesellenprüfung, sein Chef ist auch als Beistand mitgekommen. Die Beteiligten einigen sich auf eine Geldbuße von 600 Euro zu Gunsten des Kinderhospizes. Der Angeklagte verzichtet auf eine Entschädigung für die Einziehung des Führerscheins und bekommt ihn sofort zurück. Die als Zeugen geladenen Polizisten wünschen ihm alles Gute. Dann ist das unangenehme Kapitel für ihn zu Ende.
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