Siegen/Freudenberg. Einem Vorstandsmitglied des Heimatvereins Alchen wird fahrlässige Tötung vorgeworfen. Die Anklage wurde jetzt zugelassen.

Die 1. große Strafkammer des Landgerichts Siegen hat die Anklage gegen ein Vorstandsmitglied des Heimat- und Verschönerungsvereins Alchen zugelassen. Nach dem Willen der Staatsanwaltschaft soll er sich wegen fahrlässiger Tötung verantworten. Beim Backesfest am 8. September 2019 war es zur Explosion einer gasbetriebenen übergroßen Bratpfanne gekommen. Dabei wurden 14 Menschen – teils lebensgefährlich – verletzt. Zwei Frauen, eine 67-Jährige und ihre 31-jährige Tochter, starben an den Folgen ihrer Verletzungen.

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Für Gericht „kein überragendes Interesse der Allgemeinheit“

„Aufgrund der besonderen Bedeutung“ des Unglücks habe er sich zur Anklage beim Landgericht entscheiden, sagte Oberstaatsanwalt Fabian Glöckner dieser Zeitung Im September 2021. Diese Auffassung teilt die Strafkammer nicht: Eine Zuständigkeit des Landgerichts sei nicht gegeben sei, da ein eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren übersteigendes Strafmaß nicht zu erwarten sei, heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts. Zudem liege aus Sicht der Kammer „kein Fall einer besonderen Bedeutung – etwa aufgrund eines bis heute andauernden überregionalen Medienaufkommens oder eines vergleichsweise überragenden Interesses der Allgemeinheit“ vor.

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Die Staatsanwaltschaft Siegen habe gegen diesen Beschluss kein Rechtsmittel eingelegt, sodass die Entscheidung rechtskräftig ist. Das Hauptverfahren wird demnach vor dem Strafrichter des Amtsgerichts eröffnet, ein Termin für eine Verhandlung wurde noch nicht festgelegt.

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Selbst gebauten Gasgrill falsch bedient

Bei der explodierten Pfanne handelte es sich um eine selbst gebaute Konstruktion, die bereits seit mehreren Jahrzehnten im Besitz des Heimat- und Verschönerungsvereins Alchen war. Auf Anordnung der Staatsanwaltschaft wurde diese Pfanne durch Sachverständige untersucht, um die mögliche Ursache für die Explosion zu ermitteln. Demnach, so das im Sommer 2020 vorgelegte Gutachten, führte eine Verkettung verschiedener Umstände zur Explosion.

Brandermittler und Sachverständige untersuchen am Montag, 9. September, den Unglücksort.
Brandermittler und Sachverständige untersuchen am Montag, 9. September, den Unglücksort. © WP | Hendrik Schulz

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Siegen und des Kriminalkommissariats 1 der Polizei Siegen-Wittgenstein ergaben den Verdacht, dass trotz Einweisung in die Handhabung des Gasgrills die handelnden Personen überfordert waren. Als der Grill anfing, sich zu überhitzen und zu wölben, sei ein Verantwortlicher des Festes, gegen den sich nun die Anklage richtet, darauf hingewiesen worden, hieß es 2021 in der Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft: „Dieser war mit der Funktionsweise des Grills vertraut und hatte die Einweisung in die Handhabung vorgenommen. Er reduzierte darauf die Energiezufuhr. Die Fehlfunktion selbst wurde nicht abgestellt und der Grill auch nicht aus dem Betrieb genommen. Kurze Zeit später kam es zur Explosion.“

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Der Heimatverein Alchen hatte bestürzt auf die Veröffentlichung von Staatsanwaltschaft und Polizei reagiert. „Für Alchen ist es ein Unglück ohne Schuldigen gewesen“, sagte damals Vorsitzender Martin Lucke. „Es bringt keinem was, wenn jetzt ein Schuldiger gesucht wird.“ Landrat Andreas Müller hatte dem Heimatverein seine Solidarität bekundet. Es betrübe ihn, dass „ein verdienter langjährig ehrenamtlich Tätiger bei einer Verkettung solch unglücklicher Umstände in den Fokus der Justiz gerät“.

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