Siegen-Wittgenstein. Umfassende Überarbeitung und danach erneute Beteiligung von Bürgern und Kommunen „unabwendbar“, Arnsberg soll sich aus Wind-Planung heraushalten.
Der Kreis Siegen-Wittgenstein will die Bezirksregierung auffordern, ihren Entwurf des Regionalplans „umfassend“ zu überarbeiten. Eine erneute Offenlegung sei danach „zwingend notwendig, ja sogar unabwendbar“. Über die Stellungnahme des Kreises berät der Umweltausschuss am Donnerstag, 17. Juni, der Kreistag beschließt am Freitag, 24. Juni.
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Grundsätzliches
„Mit Sorge“ betrachte der Kreistag die von den Städten und Gemeinden erhobenen Vorwürfe, dass Abstimmungen zwischen ihnen und der Bezirksregierung nicht erfolgt seien. Dass die gesetzlich vorgeschriebene „enge Rückkopplung“ ausgeblieben sei, sei „nicht nur in sich schon bedenklich“. Es bestünden „unüberwindbare Hürden und Differenzen zwischen den Festsetzungen des Planes und den Planungszielen der Kommunen“, denen die Planungshoheit im Grundgesetz garantiert sei.
„Unangemessen“, „widersprechend“: Der Entwurf der Stellungnahme greift die Kritik der Bürgermeisterkonferenz und aus den einzelnen Städten und Gemeinden auf – die Stadt Kreuztal hat sogar schon angekündigt, gegen den Regionalplan zu klagen, falls er in Kraft gesetzt werde. Gefordert werden nun „geeignete Instrumente und Formate“, um die Kommunen und die Bevölkerung insgesamt direkt an der Planung zu beteiligen.
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Konkretes
Konkret kritisiert die Kreistags-Stellungnahme die Ausweisung von „Kaltluft-Leitbahnen“ und „regionalen Grünzügen“, die „die Entwicklungs-, Gestaltungs- und Planungsmöglichkeiten der Städte und Gemeinden konkret einengt und erschwert, ohne dass dazu eine Abstimmung mit den betroffenen Kommunen stattgefunden hat.“ Dieses Thema greift auch der Landrat in seiner eigenen Stellungnahme als Behördenchef auf. Besonders im oberen Siegtal werde dadurch eine bauliche Entwicklung erschwert. Angemerkt wird, dass eine Kaltluft-Leitbahn „aus dem Siegtal bei Deuz heraus über den Berg Richtung Feuersbach allein aus topografischen Gesichtspunkten fragwürdig erscheint“.
Als Erholungsbereich solle neben dem Panoramapark und der Wisent-Wildnis auch das Erholungs- und Freizeitgebiet Ginsberger Heide ausgewiesen werden, „um der Stadt Hilchenbach eine Entwicklungsperspektive für dieses auch heute schon stark frequentierte Gebiet unmittelbar am Rothaarsteig zu eröffnen“. Der Landrat verstärkt die Forderung: Das Gebiet sei auch „Veranstaltungsort des Festivals KulturPur und Ausgangspunkt eines weitläufigen Wander- und Loipennetzes, unter anderem des Rothaarsteigs.
Bei der Ausweisung von Gewerbeflächen sei „nicht erkennbar“, wie die von Kommunen und Industrie- und Handelskammer erarbeiteten Vorschläge berücksichtigt worden seien. „Es scheint so zu sein, dass die Festlegungen mit den in den Städten und Gemeinden herbeigeführten Beschlüssen nicht vereinbar sind.“ In der Landrats-Stellungnahme wird die Festlegung auf störenden Gewerbebetriebe kritisiert. Wegen der Verkehrsferne kämen Industriebetriebe mit entsprechenden Raum- und Transportansprüchen weniger in den ländlichen Raum. Die Flächen seien bereits vor Ort befindlichen Betrieben und auch nicht störenden Betrieben, zum Beispiel für zukunftsweisende Technologien, zur Verfügung zu stellen, „denn letztendlich geht es um die Bereitstellung von qualifizierten Arbeitsplätzen, um der Bevölkerung hier Zukunftsperspektiven zu erhalten“.
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Der Kreistag wird die Bezirksregierung auffordern, auf die Ausweisung von Windenergiebereichen zu verzichten. „Hierdurch würde die gesamte Konzentrationszonenplanung der Kommunen in Frage gestellt, so dass in den meisten Fällen in entsprechenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren mit einer Aufhebung der kommunalen Planung zu rechnen sein wird.“ Konkret weist die Verwaltungs-Stellungnahme auf geplante Grünbrücken über die A 45 hin, die einen Biotopverbund herstellen sollen – dies sei mit Windenergiebereichen in Burbach und Neunkirchen nicht vereinbar. Auf einer Reihe weiterer Standorte in Kreuztal, Hilchenbach und Netphen wurden bereits Schwarzstorch-Horste festgestellt; diese Gebiete hatten deshalb bereits die Städt aus ihrer weiteren Planung ausgeschlossen. Überdies habe das Landesamt für Natur und Umwelt den Kamm des Rothaargebirges als „unzerschnittenen verkehrsarmen Raum“ qualifiziert, der „mit einer Ausdehnung von 296 Quadratkilometern landesweit den größten derartigen Landschaftsraum darstellt sowie zugleich Teil des NRW-weit größten Naturparks Sauerland-Rothaargebirge ist“. Damit seien zwischen Hilchenbach und Altenteich alle Windkraft-Bereiche nördlich von B 508 und B 62 ausgeschlossen.
Keine Fristverlängerung
Die Bezirksregierung scheint sich derzeit noch nicht auf Zugeständnisse einlassen zu wollen. Das geht zumindest aus der Antwort an die Bürgermeister des Kreises Siegen-Wittgenstein hervor, die eine Verlängerung der am 30. Juni endenden Frist zur Stellungnahme gefordert haben. Diese Frist sei „mehr als ausreichend lang“ bemessen worden: fünf Monate statt der gesetzlich geforderten zwei Monate. „Wir können und wollen es uns nicht leisten, dass Regionalplanverfahrenoder andere Verfahren jahrelang laufen“, heißt es in dem von Regierungspräsident Hans-Josef Vogel unterzeichneten Schreiben. Das koste „Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der öffentliche Verwaltung“. Überdies helfe eine Fristverlängerung auch deshalb nicht, weil die kommunalen Gremien in den Sommerferien nicht tagten.
Die Behörden-Stellungnahme kritisiert die vorgesehenen Bereiche für den Schutz der Natur. Weil der Kreis höhere Maßstäbe an Naturschutzgebiete anlege, werde dies zu „absehbaren Kollisionen mit der Bezirksplanungsbehörde führen“. Konkret benennt der Kreis den gerade entstehenden Entwurf des Landschaftsplans Hilchenbach. Unter anderem erwähnt werden auch die „Wälder und Hangwälder der Quellregionen bei Hilchenbach“, das Edertal Hilchenbach-Erndtebrück, das Elberndorfer und Zinser Bachtal sowie Wähbach und Buchhelle bei Hilchenbach, Bachtäler und Buchenwälder bei Freudenberg, ein Nebental des Ferndorftals in Kreuztal und Hilchenbach, der Monte Schlacko in Siegen, Wildenbachtal und Weißtal und Wilnsdorf, Kultur- und Waldlandschaft Oberdresselndorf sowie Hellertalaue und Nebentäler in Burbach. Für diese neu vorgesehenen Bereiche für den Schutz der Natur sei „nicht erkennbar, das die Voraussetzungen für eine Sicherung als Naturschutzgebiet vorliegen“.
Bei der Ortsumgehungskette Route 57/57 verbinden Kreuztal-Schameder werde der Schutz der geplanten Trasse vor anderer Nutzung nicht erreicht, weil es für die Ortsumgehungskette bisher keine räumliche Festlegung gebe. In der Regionalplan-Karte ist eine „ortsnahe“ Trasse von Kredenbach bis Allenbach an der Bahnlinie eingezeichnet; ebenso untersucht der Landesbetrieb Straßenbau aber nach wie vor die von Anfang an geplante Straßenführung über Unglinghäuser und Herzhäuser Höhe. Vermisst wird von der Kreisverwaltung die Fortführung der Route 57 über Schameder hinaus zur hessischen Landesgrenze.
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