Siegen. Der EU-Abgeordnete Dr. Peter Liese lässt sich an Südwestfalens einziger Wasserstofftankstelle im Leimbachtal die Praxistauglichkeit erläutern.
Dr. Peter Liese hat ordentlich getankt. Wasserstoff. An zwei Autos hat der südwestfälische CDU-Europaabgeordnete es am Mittwochnachmittag praktisch erprobt, im Gewerbegebiet Oberes Leimbachtal. Es ist – noch – der einzige Ort in Südwestfalen, wo das geht: Im Frühsommer hat dort die erste Wasserstofftankstelle der Region eröffnet. „Ich bin hier, um zu lernen“, sagt Peter Liese über seinen Besuch.
Mit dabei sind Vertreter des Netzwerks „H2 Siegerland“ und von „H2Mobility“. Ersteres ist die Initiative, die mit Kreis, Stadt, Universität und Unternehmen gegründet wurde, um die Bewerbung für eine Wasserstofftankstelle vor Ort auf die Beine zustellen. Zweitere ist eine Projektgesellschaft des Bundes und diverser Unternehmen zum flächendeckenden Ausbau einer Infrastruktur für Wasserstoff-Mobilität.
Europa als Vorbild für Klimaschutz
Ohne innovative technische Lösungen wird Klimaschutz nicht nachhaltig möglich sein, betont Peter Liese: „Und Wasserstoff gehört dazu.“ Bis 2050, so das Ziel, „wollen wir in Europa klimaneutral werden“. Das dürfe aber nicht geschehen, „indem wir uns wirtschaftlich zurückentwickeln“. Europa müsse ein Vorbild sein, um Länder wie China oder Indien zu überzeugen, dass Klimaschutz und hoher Lebensstandard miteinander vereinbar sind.
Beim Termin im Leimbachtal ist der Abgeordnete mit einem Plug-in-Hybrid vorgefahren. „Ein Kompromiss“, wie er erklärt. Als die Anschaffung eines neuen Autos anstand, habe er an einem vollelektrischen Fahrzeug überlegt. Angesichts seines täglichen Terminplans und der Strecken, die er dabei zurücklegen müsse, habe dem aber die Reichweite im Wege gestanden: Von Meschede nach Siegen nach Bad Berleburg – da wird’s elektrisch eng.
Reichweite alltagstauglich
Im Wasserstoff-Auto sähe die Sache anders aus. Das Modell, von dem beim Treff an der Wasserstofftanke mehrere Exemplare bereitstehen, hat offiziell 500 Kilometer Reichweite. Kurz nach Erscheinen schon habe er das überprüft, sagt Wolfgang Keller, Geschäftsführer vom Toyota-Autohaus Keller.
Gut 420 Kilometer habe er geschafft bei seiner üblichen Fahrweise – und das mit einem längeren Abschnitt auf der Autobahn, wo er durchaus gerne zügig unterwegs sei. Außerdem sei die Reichweite nicht von der Witterung abhängig. Ein Ärgernis, das Peter Liese nach eigenem Bekunden kennt: Sein Auto solle rein elektrisch bis zu 50 Kilometer zurücklegen können. Im Winter sei aber auch schon mal nach 24 Kilometern Schluss.
Ausbau des Netzes läuft
Lange Strecken wären mit Wasserstoff also an sich nicht das Problem. Auch die Tankdauer nicht, denn eine Füllung erfordert nur rund drei Minuten. Die große Hürde ist das Tankstellennetz.
In Siegen gibt es eine Station, weil die Bewerbung auch aufgrund der Lage an der wichtigen Verkehrsachse A45 überzeugte. Eine App gibt Auskunft, wo weitere Wasserstofftankstellen sind, wie Wolfgang Keller vorführt: Köln, Limburg, Frankfurt zum Beispiel. „Wenn ich mal nach Marsberg muss, hätte ich schon ein Problem“, stellt Peter Liese fest. Aber Wolfgang Keller betont, dass sich bereits einiges tut. Vor zweieinhalb Jahren habe es 17 Wasserstofftankstellen in Deutschland gegeben. Heute seien es 74, bis Ende des Jahres sollen es 100 sein.
Entsorgungsbetrieb der Stadt nutzt die Technik
Tatsächlich eröffnet die passende Tanke vor Ort ganz neue Möglichkeiten. Der Entsorgungsbetrieb der Stadt Siegen (ESi) hat mehrere Wasserstofffahrzeuge im Einsatz, wie Betriebsleiter Ulrich Krüger, ebenfalls Teilnehmer des Austauschs, berichtet. Und bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern „sind die sehr beliebt“.
Änderungen beim Tankvorgang muss übrigens niemand fürchten, wie der Praxistest des EU-Abgeordneten zeigt. Statt einer Zapfpistole, die in die Tanköffnung gesteckt wird, wird ein Stecker (der große Ähnlichkeit mit einer Zapfpistole hat) ans passende Gegenstück unter dem Tankdeckel angeschlossen. Einziger spürbarer Unterschied: Es gluckert nicht. Dafür zischt es irgendwann.
Kosten im Blick
Teurer wird es an der Tankstelle auch nicht unbedingt. Der Wasserstoff für 100 Kilometer koste etwa 9 Euro, sagt Wolfgang Keller; also ähnlich wie bei einem Benziner, der sechs bis sieben Liter verbraucht. Kostspielig wird es in der Anschaffung. Für die Limousine, von der am Mittwoch im Leimbachtal Exemplare bereitstehen, geht es laut Seite des Herstellers bei 78.600 Euro los.
Aber noch ist es eine recht junge Technologie, auch an den Preisen dürfte sich mit zunehmender Verbreiterung einiges ändern. „Ich glaube, wir müssen einfach anfangen“, unterstreicht Wolfgang Keller. Und Peter Liese hebt hervor, dass in puncto Klimaschutz Offenheit und mehrgleisiges Denken wichtig sind: „Man sollte Wasserstoff nicht gegen Elektromobilität ausspielen“.
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