Schmallenberg/Eslohe/Altenhundem. Die Geburtsstation Altenhundem soll zum Jahreswechsel geschlossen werden. Eine Katastrophe, finden Hebammen aus Schmallenberg und Eslohe.

Gerade erst wurde bekannt, dass die Kinderarztpraxis in Bad Fredeburg schließt. Jetzt kommt der nächste Schlag für die medizinische Versorgung in Schmallenberg und Eslohe: Im St.-Josefs-Hospital in Lennestadt-Altenhundem soll die Geburtsstation geschlossen werden. Noch im letzten Jahr haben dort 450 Frauen entbunden - ab dem 1. Januar 2025 soll damit Schluss sein.

Dorthin sind auch viele Esloherinnen und Schmallenbergerinnen gefahren, um ihr Kind auf die Welt zu bringen. „Ich habe die Frauen immer gern dorthin geschickt. Für gesunde Frauen und unkomplizierte Geburten ist das Krankenhaus ein Segen“, sagt Hebamme Christina Friedrich, Teil des Teams der Hebammen-Praxis in Bad Fredeburg.

Das sagen die heimischen Hebammen und Gynäkologinnen

Christina Friedrich hat vorher in Hessen gelebt und gearbeitet, auch dort hat sie beobachtet, wie immer mehr Geburtsstationen schließen mussten. „Da hatten wir aber immerhin noch die Autobahn als schnellen Verbindungsweg“, erinnert sie sich. Die Möglichkeit habe man im südlichen und westlichen Sauerland nicht, pflichtet auch Mechthild Wiethoff-Koch von der Esloher Hebammenpraxis bei. „Den Frauen wird die Auswahlmöglichkeit genommen.“

Das St.-Josefs-Hospital in Altenhundem - hier sollen 2025 keine Kinder mehr geboren werden.
Das St.-Josefs-Hospital in Altenhundem - hier sollen 2025 keine Kinder mehr geboren werden. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Die letzten beiden Geburtsstationen im Hochsauerlandkreis liegen in Brilon und Hüsten. Altenhundem war immer eine gute Alternative für die Frauen aus Schmallenberg und Eslohe. „Dazu die weiten Fahrten - bei schnellen Geburten, beim zweiten oder dritten Kind, ist das eine Katastrophe.“ Die Familien müssen ab Januar eine Stunde Fahrt - oder sogar noch mehr - auf sich nehmen.

Christina Friedrich ist in Schmallenberg als Die Landhebamme unterwegs - und ist Teil des Teams der Hebammenpraxis in Bad Fredeburg.

„Die Geburt ist der natürlichste Prozess, den es im Krankenhaus geben kann. Das kann man nicht mit einer Knie-OP oder sowas vergleichen - das ist kein medizinischer Eingriff, den man durchplanen kann.“

Christina Friedrich

Doch gerade das, so Christina Friedrich, sei nicht ungefährlich. „Frauen haben unwahrscheinlich große Angst davor, dass das Baby im Auto kommt“, erklärt Christina Friedrich. „In so einer Ausnahmesituation sorgt das Adrenalin dann aber dafür, dass die Wehen unterbunden werden, sodass das in den seltensten Fällen passiert.“ Doch für eine komplikationslose Geburt sei es enorm wichtig, dass die Frauen möglichst wenig in ihren natürlichen Abläufen gestört werden.

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„Die Geburt ist der natürlichste Prozess, den es im Krankenhaus geben kann“, sagt Christina Friedrich entschieden. „Das kann man nicht mit einer Knie-OP oder sowas vergleichen - das ist kein medizinischer Eingriff, den man durchplanen kann.“ Erst, wenn es um Komplikationen und Risikogeburten gehe, verweise sie gern auf größere Krankenhäuser, wie Neheim oder Lippstadt - dann würden die Frauen aber auch ganz anders an die Sache herangehen.

Regionale Versorgung unersetzlich

„Alle wollen sie viel Nachwuchs, aber dafür getan wird gar nichts.“ Von der Politik fühlt sich Mechthild Wiethoff-Koch nicht gehört. Ihre Sorge ist, dass das Sauerland immer weiter abgehängt wird. Denn auch außerhalb der medizinischen Versorgung rund um die Geburt werde der Wegfall der Geburtsstation viel weitere Auswirkungen haben, als man jetzt sehen könne, so Mechthild Wiethoff-Koch.

Mechthild Wiethoff-Koch (rechts) führt gemeinsam mit ihrer Kollegin Tina Feldmann die Esloher Hebammenpraxis.

„Wir wollen eine Region voller starker Arbeitgeber sein, dem demographischen Wandel etwas entgegensetzen und junge Fachkräfte ins Sauerland ziehen. Aber wie wollen wir das denn schaffen, wenn sie ihre Kinder gar nicht mehr vor Ort gebären können?“

Mechthild Wiethoff-Koch

„Wir wollen eine Region voller starker Arbeitgeber sein, dem demografischen etwas Wandel entgegensetzen und junge Fachkräfte ins Sauerland ziehen“, so die erfahrene Hebamme. „Aber wie wollen wir das denn schaffen, wenn sie ihre Kinder gar nicht mehr vor Ort gebären können?“ Die jungen Menschen würden bei der Wohnort-Wahl auch darauf achten - und ohne Geburtsstation in der Nähe ist ein Ort für Menschen in der Familienplanungsphase extrem unattraktiv.

Im HSK soll es bald  es nur noch zwei Krankenhäuser geben, in denen Kinder geboren werden können - ein drittes unweit der Grenze soll jetzt geschlossen werden.
Im HSK soll es bald es nur noch zwei Krankenhäuser geben, in denen Kinder geboren werden können - ein drittes unweit der Grenze soll jetzt geschlossen werden. © privat | Privat

„Die regionale Versorgung mit schnell erreichbaren Geburtsstationen ist einfach unfassbar wichtig, das wird den Frauen genommen“, macht Christina Friedrich deutlich. Ihr pflichtet auch Mechthild Wiethoff-Koch von der Esloher Hebammenpraxis bei: „Das ist eine Katastrophe.“ Das belaste Frauen und Familien enorm - und ergibt am Ende auch einen Mehraufwand für die Hebammen, die die Familien betreuen. „Was muss denn erst Schlimmes passieren, damit die Politik merkt, dass das falsch ist?“

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In der Bevölkerung jedenfalls ist der Aufschrei groß: Mittlerweile wurde sogar eine Online-Petition auf change.org angelegt, um Unterschriften gegen die Schließung der Geburtsstation in Altenhundem zu sammeln. Dafür werben nicht nur die Hebammen, sondern zum Beispiel auch die Esloher Mutti-Influencerin Anna Verburg - und alle Schwangeren und Mütter, denen die medizinische Versorgung von Schwangeren am Herzen liegt.

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