Meschede/Hochsauerland. Zwischen Kritik, Naturschutz und Zukunft: Ansgar Wulf von der Kreisjägerschaft erklärt, wie schwierig die moderne Jagd geworden ist.

Die Jagd gehört im Sauerland einfach dazu: Die Kreisjägerschaft mit ihren über 3000 Mitgliedern ist verteilt auf 18 Hegeringe - ein Drittel davon befindet sich in Meschede, Bestwig, Eslohe und Schmallenberg. Jagd ist Teil des Naturschutzes auf der einen Seite, und immer wieder in der Kritik auf der anderen Seite.

Dazwischen: Ansgar Wulf, stellvertretender Vorsitzender der Kreisjägerschaft für den Altkreis Meschede. Ein Gespräch über die gesellschaftliche Akzeptanz der Jagd, die Herausforderungen des Jägerseins und die Zukunft der Jagd im Hochsauerland.

Ansgar Wulf Sprecher der Kreisjägerschaft im HSK
Ansgar Wulf mit seiner Retrieverhündin Ebba - sie ist von ihm selbst ausgebildeter Jagdhund. © WP | Katharina Kalejs

Die Jagdtradition im Hochsauerlandkreis besteht schon seit Jahrhunderten, die meisten deutschen Wildtierarten sind hier heimisch. Aber was genau bedeutet es, Jäger im Hochsauerland zu sein?

Als Jäger ist man nicht nur der, der Tiere erschießt. Man ist derjenige, der die Bestände kontrolliert, die Tiere in seinem Revier kennt und Ansprechperson ist in der Gesellschaft für Naturschutz und frisches Wildfleisch, aber auch für Probleme, die durch Wildtiere entstehen. Das Problem ist, dass die Jagd mittlerweile aus der Mitte der Gesellschaft gerückt zu sein scheint: Früher wusste man direkt, wen man anspricht, wenn der Fuchs wieder eine Henne geholt hat. Heute wird das immer schwieriger. Im Hochsauerlandkreis aber zum Glück noch weniger als in anderen Gebieten Deutschlands.

Die Kitzrettung ist eins der Themen, wofür die Jäger zwar nicht direkt verantwortlich sind - aber immer wieder in die Verantwortung genommen werden.
Die Kitzrettung ist eins der Themen, wofür die Jäger zwar nicht direkt verantwortlich sind - aber immer wieder in die Verantwortung genommen werden. © NRZ | Johannes Kruck

Wie kommt es dazu, dass die Jagd immer weniger präsent ist?

Das ist schwierig zu sagen. Wir haben auf der einen Seite steigende Zahlen bei Jagdscheininhabern. Andrerseits haben immer weniger Menschen einen direkten Zugang zur Landwirtschaft oder halten sogar selber Nutztiere beziehungsweise pflegen einen Nutzgarten. So ist vielen nicht bewusst, dass Landleben nicht gleich Ferien auf dem Bauernhof ist. Für Wildbret und für Kitzrettung sind wir immer noch die Helden - aber ansonsten rückt die Wichtigkeit unserer Arbeit weiter aus dem Fokus, wenn nicht gerade ein Wildunfall passiert ist.

Wildschweine bereiten den Jägern immer wieder Sorgen - ob mit den Schäden, die sie verursachen, oder durch die afrikanische Schweinepest.
Wildschweine bereiten den Jägern immer wieder Sorgen - ob mit den Schäden, die sie verursachen, oder durch die afrikanische Schweinepest. © dpa | Lino Mirgeler

Welche anderen Aufgaben übernimmt die Jägerschaft denn?

Unsere wichtigste Aufgabe ist auch im Paragraph 1 des Bundesjagdgesetzes verankert: die „Pflicht zur Hege“ mit dem Ziel der „Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen“. Wir sind „Anwalt des Wilds“ und setzen uns für die waidgerechte Bejagung ein - für Reh, Wildschwein und Hase genauso wie für Krähe, Fuchs und Marder. War früher das Jagen eher ein Können und Dürfen, geht der Trend aber mittlerweile immer mehr zum Jagen müssen.

Wie viele Rehe im Revier erlegt werden mussten, war früher gesetzlich genau geregelt.
Wie viele Rehe im Revier erlegt werden mussten, war früher gesetzlich genau geregelt. © picture alliance / dpa | Patrick Pleul

Wie meinen Sie das?

Natürlich hatten wir früher auch ein anderes Landesjagdgesetz, in dem gab es zum Beispiel für Rehwild einen genauen Abschussplan - den haben wir berechtigterweise nicht mehr, unser aktuelles Landesjagdgesetz NRW gibt uns viel Freiheit und Verantwortung. Aber jetzt müssen wir das Schalenwild stärker bejagen, um Naturverjüngungen und Anpflanzungen zu schützen, und Schwarzwild bejagen, um landwirtschaftliche Flächen zu schützen und die Ausbreitung der afrikanischen Schweinepest einzudämmen. Der Jäger droht zum zahlenden Dienstleister zu verkommen - für unsere Jagdpacht bezahlen wir schließlich weiterhin.

Jäger entlasten: Hauptamtliche und zentrale Stellen schaffen?

Welche Möglichkeiten gibt es, um den Jäger da zu entlasten?

Da gibt es ganz viele Möglichkeiten. Zunächst muss eine Akzeptanz für unsere Arbeit geschaffen werden - besonders für das Prädatorenmanagement, also die Bejagung von Raubwild. Die politischen Rahmenbedingungen müssen stimmen, die bewährten Jagdarten und -zeiten dürfen nicht weiter eingeschränkt werden. Diese negative Erfahrung mussten wir in NRW bereits bei dem ökologischen Jagdgesetz machen. Außerdem würde ich mir mehr Unterstützung für Fort- und Weiterbildungen wünschen; zum Beispiel zum Management invasiver Arten.

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Gemeinsam stärker werden - vielleicht mit einer Stelle für einen Berufsjäger auf Kreisebene? © dpa | Philipp Schulze

Ganz praktisch: Haben Sie eine Idee, wie das umgesetzt werden kann?

Ich persönlich glaube, dass es schon ein Schritt in die richtige Richtung wäre, wenn es einen beratenden Berufsjäger gäbe, zum Beispiel auf Kreisebene. Der könnte dann die gemeinsame Arbeit von Forstwirtschaft und Jagd vereinfachen und Ansprechpartner für Jäger, Forstwirte und Behörden sein - allerdings darf der nicht zum Theoretiker werden. Wir müssen einfach mit der Zeit gehen, und bereit sein, uns zu wandeln. Ein kompletter Umstoß des organisch gewachsenen Jagdgesetzes ergäbe da keinen Sinn, aber kleine Schritte können da schon Großes bewirken.

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