Grafschaft. Vier Frauen haben in der Corona-Zeit eine Fahne zum Jubiläum ihres Ortes Grafschaft genäht. Für beide Seiten ein Gewinn.
Welche Farbe, welche Motive, welche Symbolik? Wer eine Fahne gestaltet, kann nicht einfach drauflos nähen. Hinzu kommen profane Dinge rund um die Stoffqualität. Vier Frauen aus Grafschaft sind jetzt tief in die Geschichte der Fahnenkunde eingestiegen und haben dabei in der Corona-Zeit für sich eine sinnvolle Beschäftigung gefunden. Der Grund: das 950-jährige Jubiläum ihres Ortes.
Die Vorgeschichte
Zum Festival Textile hatten unter anderem Lydia Stratmann, Mechthild Schrewe, Renate Höwer und Bärbel Lübke im Rahmen eines Projektes eine Fahne genäht, die den Ort im Reigen der bunten Tücher auf dem Schützenplatz in Schmallenberg repräsentierte. Später flatterte diese dann in der Grafschafter Ortsmitte - „auf dem Kanal“ - vom Mast. Dafür musste im Ort extra ein Ausleger, ein Querholm für den schon bestehenden Fahnenmast vor dem ehemaligen Café Kösters angeschafft werden. Als Dankeschön versprachen die Frauen der Dorfgemeinschaft für das Jubiläumsjahr ebenfalls eine Fahne.
Das Team
„Das war zwar schnell versprochen, aber dann eine recht aufwendige Arbeit“, berichtet Mechthild Schrewe, eine der Näherinnen, „auch wenn wir uns hervorragend ergänzt haben.“ Im Juli 2021 ging es los. In der ansonsten veranstaltungsarmen Corona-Zeit seien die Planungen und auch das anschließende Nähen eine willkommene Ablenkung gewesen. „Auch wenn es viel Arbeit war, es hat uns richtig gutgetan, etwas zusammen machen zu können“, erinnert sich Lydia Stratmann.
>>> Lesen Sie auch: 57 Wohnungen: Grafschafter fühlen sich von Projekt überrollt <<<<<
Die Planungen
Viele Fragen taten sich auf: Soll die Fahne modern oder klassisch gestaltet werden? Welche heraldischen Gesetzmäßigkeiten zu Farbe und Form müssen berücksichtigt werden? Welche Stoffe eignen sich überhaupt, welche sind bei einer Gestaltung von Vorder- und Rückseite blickdicht - und halten den Sauerländer Regen aus? „Wir wollten eine zeitgemäße Symbolik, die zeigt, dass Grafschaft zum Jubiläum zwar zurückblickt, aber trotzdem ein moderner, lebenswerter Ort ist.“
Das Wappen
Vor allem sollte die Fahne in Form und Farbe dem Wappen nachempfunden werden: Dieses zeigt oben - inmitten von zwei silbernen Hirschstangen und auf blauem Grund - ein goldenes, aus sechs Rauten gebildetes Kreuz und unten zwei rote Pfähle auf goldenem Grund. Beide Wappenbilder wurden im Wappen der Äbte von Grafschaft geführt. Die Fahne sollte - auch aus der Entfernung - gleich als Orts-Fahne erkennbar und der Anlass - das Jubiläum - sofort ersichtlich sein. „Für uns stellte sich dann die Frage, wie wir das gewünschte Logo auf Papier vergrößern und so auf den Stoff aufbringen konnten. Dabei half uns Matthias Quast“, erzählen die Frauen dankbar.
Die Fertigstellung
Über Stoffqualitäten recherchierten sie im Internet. Die entsprechenden Materialien wurden bestellt „und nach allen Regeln der hausfraulichen Kunst geprüft: in der Waschmaschine auf Schrumpfverhalten und Blickdichte bei Nässe, in der Sonne auf Bleichwirkung und Farbechtheit“, berichtet Lydia Stratmann mit einem Schmunzeln.
Dann wurden die einzelnen Farbflächen berechnet, zugeschnitten und Vorder- und Rückseite mit Zeichnung und applizierten Buchstaben gestaltet. Das Zusammennähen im Gemeinschaftsraum der Schule brauchte noch mal zwei Nachmittage. Am 14. Januar war die letzte Naht geschlossen. Mit dem Festakt in der Schützenhalle, der Corona-bedingt bereits auf den 19. März verschoben werden musste, soll die Fahne nun ihren Platz „auf dem Kanal“ einnehmen.
Jubiläumsprogramm:
Samstag, 29. Januar: Eröffnungsveranstaltung/Festakt in der Schützenhalle - verlegt auf den 19. März
Samstag/Sonntag, 26./27. März sowie 2./3. April: Theaterstück von Berthold Zeppenfeld und Hans Volmer „Bilderbogen aus Kloster und Dorf Grafschaft“
Sonntag, 8. Mai: Pontifikalamt auf dem Wilzenberg mit dem Erzbischof von Paderborn, Hans-Josef Becker.
Sonntag, 12. Juni: Dreifaltigkeitsprozession um das Kloster mit Pontifikalamt am Klosterportal. Danach gemütliches Beisammensein am „Ackerhaus“
Samstag/Sonntag, 3./4. September: Tage des Dorfes mit einem großen Markt und einem Open-Air-Konzert am Samstag.
Samstag, 31. Dezember: Silvesterball als Jubiläumsschlussveranstaltung - der Ball dient auch als Dankeschön-Feier für die Dorfbevölkerung.