Schmallenberg. In Grafschaft sollen offenbar sechs Mehrfamilienhäuser entstehen. Ein Projekt, das den 1000-Einwohner großen Ort nachhaltig verändern könnte.
Über einen Neubaukomplex, der 30 Jahre ruhte und nun plötzlich akut wird ärgern sich Anwohner in Grafschaft. In der jüngsten Sitzung des Stadtrates Schmallenberg ergriff Georg Schütte zu Beginn in der Einwohnerfragestunde das Wort. Er wolle den Rat über ein Bauprojekt aufklären, von dem er glaube, dass es hier nicht bekannt sei. „Wir wollen Sie informieren und aufrütteln.“
Planungen für 4000 Quadratmeter
Auf dem 4000 Quadratmeter großen Parkplatz unterhalb des Alpin-Hotels plane ein Investor sechs Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 57 Wohneinheiten. Geplant sei außerdem eine zweistöckige Tiefgarage. „Wir Anwohner haben das nur durch Zufall erfahren“, schimpfte er. Und das, obwohl das Projekt deutliche Auswirkungen auf den Ort haben werde. Damit werde sich die Einwohnerzahl von Grafschaft um rund zehn Prozent erhöhen. „Wir fordern die Politik auf, das abzuwenden.“ Die Stadt müsse das Bauland selbst kaufen und dafür sorgen, dass es vernünftig aufgeteilt und bebaut werde. Sonst bleibe der Familie nur wegzuziehen, sagte er im Anschluss an die Versammlung.
Wohnungen für Angestellte des Fachkrankenhauses und des Fraunhofer Instituts
Nachbar Andreas Schütte schlug in die gleiche Kerbe. An seinem Garten wird direkt die Ausfahrt der Tiefgarage liegen. „57 Wohnungen, mindestens 57 Autos, die jeden Tag zweimal rein- und rausfahren und deren Scheinwerfer direkt in unser Haus leuchten.“
Angeblich sollten in dem Komplex Angestellte des Krankenhauses und des Fraunhofer Instituts Wohnungen finden. Andreas Schütte allerdings glaubt, dass die Mieten viel zu hoch sein werden, damit sich eine Krankenschwester das leisten könne. „Da werden eher gut betuchte Auswärtige investieren, die gar nicht dauerhaft im Ort leben, die damit auch nicht bereit sein werden, sich zu integrieren.“ Das alles sei kontraproduktiv für den Zusammenhalt im Ort. Außerdem verwies er auf die Zukunft des Alpin-Hotels, das bisher seine Busse dort geparkt habe. Platz, der dann fehle. „Das ist der Todesstoß fürs Hotel, ist das gewollt?“
30 Jahre alter Bauantrag
Bei dem Bauprojekt handelt es sich offenbar um die Umsetzung eines rund 30 Jahre alten Bauantrags. Damals ging es sich um potenzielle Erweiterungsflächen für das ehemalige Maritim-Hotel. Das Grundstück war aber dann mit dem Verkauf des Hotels an seinen heutigen Besitzer Peter Julius nicht mitverkauft worden, sondern ging jetzt an den neuen Investor. Dieser sei dafür bekannt, dass er nach solchen Baugebieten, für die es bereits eine Baugenehmigung gebe, quer durch die Republik suche, erklärte Georg Schütte. Die Nachbarn ärgern sich, dass das Projekt „offenbar einfach so unter der Hand durchgewunken werden sollte“. Sie fragten: „Wie kann man das verhindern oder anders gestalten?“
Bürgermeister Burkhard König und Andreas Dicke, Technische Beigeordneter, erklärten dass das keinesfalls „unter der Hand“ passieren sollte. Allerdings gebe es das Problem, dass, wenn Baurecht auf einem Grundstück liege und der Bauherr alle Auflagen auch zum angesprochenen Emissionsschutz erfülle, die Stadt keine Handhabe habe, das Projekt zu verhindern. König: „Er hat dann einen Anspruch auf Genehmigung. Wir sind da an Recht und Gesetz gebunden.“
Information im Bezirksausschuss
Bürgermeister Burkhard König erklärte, dass nun kurzfristig eine Informationsveranstaltung für die Nachbarn angesetzt sei.
Eine größere Informationsveranstaltung für die Grafschafter Bürger werde in der Bezirksausschusssitzung am 16. März stattfinden. „Wir hätten uns gewünscht, dass auch der Investor teilnimmt, leider bisher ohne Erfolg.“