Schmallenberg. Die Bau-Preise schnellen in die Höhe. Experten analysieren, was sich auf dem Schmallenberger Baumarkt tut.
In Medebach haben jetzt 20 Eigentümer ihre Bauplätze zurückgegeben. Dort hatte die Stadt eine Bebauungspflicht innerhalb von drei Jahren auferlegt, um Spekulationen zu vermeiden. Nun laufen manch einem Bauherrn Kosten und die Zeit davon. Beim Baugebiet Altes Feld II in Schmallenberg gilt das gleiche. Dort sind bereits Zweidrittel der Baugrundstücke in Bebauung und Rückkäufe wegen steigender Kosten gibt es - noch - nicht.
Das teuerste Haus in Schmallenberg kostete 483.000 Euro
Das teuerste Haus in Schmallenberg ging 2021 für einen Kaufpreis von 483.000 Euro über den Tisch, gebaut zwischen 1995 und 2009 und mit einer Grundstücksgröße von 800 bis 1500 Quadratmetern. Das verrät der Grundstücksmarktbericht des HSK-Gutachterausschusses. Das billigste kostete 54.000 Euro, gebaut zwischen 1950 und 1974 und mit 350 bis 800 Quadratmeter Grundfläche. „Im Schnitt“, so fasst es Konrad Schulte-Göbel, der Schmallenberger Immobilien-Experte der Volksbank Bigge-Lenne zusammen, „lagen damit die Kaufpreise für Ein- und Zweifamilienhäuser je Quadratmeter Wohnfläche zwischen 1200 und 2350 Euro. Aber jedes Haus muss einzeln betrachtet werden.“ 71 Baugrundstücke wurden laut Grundstücksmarktbericht 2021 in ganz Schmallenberg verkauft.
Hohe Nachfrage auch nach gebrauchten Immobilien
Insgesamt sei Schmallenberg beim Immobilienverkauf im HSK-Vergleich etwas teurer. Warum? Der Markt ist besonders eng. Häuser gehen oftmals direkt unter der Hand weg. „Wenn Sie heute ein Haus kaufen wollen, kann ich Ihnen nur empfehlen, immer mal wieder auf unsere Homepage zu gucken, was heute reinkommt, ist kurz drauf schon wieder verkauft.“ Eine attraktive Immobilie im Stadtzentrum könne er heute zehnmal verkaufen. „Und da spielen Alter und Zustand fast keine Rolle.“
Baugebiet Altes Feld II
Zuletzt hatte die Volksbank am Alten Feld II ein größeres Baugebiet erschlossen. Die Vermarktung begann 2020. Im Sommer 2021 waren alle 32 Grundstücke zum Peis von 108 Euro pro Quadratmeter erschlossene Grundstücksfläche verkauft. Etwas früher gingen die Grundstücke am Lenninghof in den Verkauf. „Auch die waren ähnlich stark nachgefragt“, sagt Schulte-Göbel.
>>> Lesen Sie auch: Wisent-Streit beendet: Das sagen Landrat und Bürgermeister <<<<<
Verkauft wurden sie nicht etwa nur an junge Familien, auch Zweit- und Drittbesitzer sicherten sich ein Grundstück. Nachdem sie zuvor ihre großen Häuer in Außenbezirken verkauft hatten, nutzten sie die stadtnahen Grundstücke, um sich zu verkleinern, beschreibt Frank Segref, Pressesprecher der Volksbank, , unterschiedliche Beweggründe der Bauherren für den Grundstückserwerb.
Mehrbelastung durch steigende Zinsen
Insgesamt kann jeder froh sein, der sein Haus bereits fertiggestellt hat und bei dem zumindest die Finanzierung steht. „Die Bauzinsen mit zehnjähriger Zinsbindung sind innerhalb eines Jahres von 0,8 im Juli 2021 auf 3,25 Prozent im Juni 2022 gestiegen“, rechnet Segref vor. Bei einer Finanzierung von 300.000 Euro bedeutet das eine Mehrbelastung von rund 600 Euro im Monat. Mit individuellen Finanzierungskonzepten versuche man, die Rate in der Baufinanzierung stabil zu halten. „Eine Renaissance erlebe da auch der Bausparvertrag.“
Mehrbelastung durch gestiegene Materialkosten
Hinzugekommen sind die gestiegenen Kosten für Energiestandards und Material. Über alle Gewerke hat sich das Bauen laut Baupreis-Index der Bundesregierung vom April 2021 bis heute um mehr als 17 Prozent erhöht – tatsächlich liegt die Teuerung aber wohl noch deutlich höher. „Das heißt nicht, dass alle Gewerke so deutlich angestiegen sind“, weiß Thomas Kotthoff, Architekt und einer der Geschäftsführer bei der 3K-Projekt GmbH, Schmallenberg.
Die Kosten für Fliesen- und Malerarbeiten zum Beispiel seien nur vergleichsweise gering gestiegen, „dafür liegt der Anstieg bei den Zimmerern, Dachdeckern und im Bauhauptgewerk auch wegen Corona und der weltpolitischen Lage noch mal deutlich höher.“ Ärgerlich sei, dass es zusätzlich deutliche Mitnahmeeffekte gebe. „Manch einer springt auf den Teuerungszug auf.“ So sei das Bauholz mittlerweile wieder spürbar gesunken. Nachdem es zuvor von rund 450 Euro pro Kubikmeter auf 1100 Euro gestiegen sei, liege es jetzt bei 700 bis 800 Euro. Das sei immer noch deutlich teurer. „Wer heute ein Einfamilienhaus baut, muss mit Baukosten von mindestens 450.000 Euro rechnen - plus Grundstück. Und das ist fast gänzlich unabhängig von der Region.“
Im gewerblichen Bereich Bautätigkeit mit angezogener Handbremse
Noch allerdings hat auch er nicht festgestellt, dass die Bautätigkeit im privaten Bereich zurückgeht. Im gewerblichen Umfeld dagegen schon: „Man merkt, dass da mit angezogener Handbremse geplant wird.“ Im privaten Bereich hofften viele noch, dass sie über Eigenleistungen und die Unterstützung durch Familie und Freunde die gestiegenen Kosten kompensieren können.
Baupflicht innerhalb von drei Jahren
Die Stadt Schmallenberg hat in den vergangenen Jahren selbst oder über private Investoren viele Baugebiete erschlossen und eine große Zahl an Baugrundstücken verfügbar gemacht. Davon sind nur noch wenige baureife Grundstücke am Markt.
Für diese allerdings gilt eine Baupflicht innerhalb von drei Jahren ab Kaufdatum. Das entspreche der gängigen Praxis im kommunalen Grundstücksbereich, erklärt Stadt-Pressesprecherin Anke Sibert. Beim Baugebiet Altes Feld II wird das 2024 Thema. „Die Baupflicht hat das Ziel, dass die knappen Baugrundstücke auch tatsächlich der städtebaulichen Zielsetzung, also einer Bebauung zugeführt werden.“ So wolle man verhindern, dass mit einem Grundstück „spekuliert“ und es zu einem deutlich höheren Preis weiter veräußert wird. Sibert: „Wir wollen nicht, dass Grundstücke - zur Vermögensanlage, für eine Bebauung irgendwann einmal oder aus welchem Grunde auch immer - zurückgehalten werden.“
>>> Lesen Sie auch: Essen gehen in einer alten Getreidemühle in Oberkirchen <<<<<
Der Stadt ist klar: „Dabei ist Augenmaß gefragt. Wenn nach Ablauf der Frist erkennbar wird, dass in vertretbarer Zeit mit dem Bau begonnen wird, ist eine Verlängerung sicherlich möglich.“ Soll erst zu einem viel späteren Zeitpunkt – warum auch immer – oder vielleicht gar nicht mehr gebaut werden, sei dagegen die Rückübertragung des Grundstücks zu Gunsten anderer Bauwilliger angezeigt. Sibert: „Wichtig ist, miteinander zu sprechen und gemeinsam eine Lösung zu finden.“ Möglicherweise könne man Grundbesitzern, die heute ein Grundstück zurückgeben, zu einem späteren Zeitpunkt ein anderes zur Verfügung stellen.