Meschede. Eine 14-Jährige aus Meschede geht nicht zur Schule. Die Polizei holt das Kind nach einem Gerichtsbeschluss aus der Wohnung. Die Mutter wütet.
Nach einem richterlichen Beschluss hat ein Gerichtsvollzieher mit Hilfe der Polizei eine 14-Jährige in Obhut genommen. Die Mutter spricht öffentlich davon, dass ihr das Kind „gestohlen“ worden sei. Einiges deutet darauf hin, dass es sich hierbei um einen Einsatz in der Reichsbürger-Szene gehandelt hat. Die Details.
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Sprachnachricht an Telegram-Kanal
In einer Sprachnachricht, die auf einem öffentlichen Telegram-Kanal veröffentlich wurde, schildert die Mutter den Vorfall, der sich am Montagmorgen, 18. Juli, ereignet hatte. Unterschrieben ist der Beitrag mit „Plötzlicher Polizeiüberfall mit Kindesraub“. Die Mutter habe den Beamten nur geöffnet, damit diese die Tür nicht zerstören, sagt sie. Ihre Tochter habe sich versteckt. Weil die Mutter sich gewehrt habe, sei sie von den Beamten „fixiert“ worden. Die Nachricht endet mit einem Hilferuf an die Community. Sie sei eine „Löwenmama“, die einen „Kampf verloren“ habe.
Mutter nennt sich selbst Germania
In den Kommentaren zu diesem Beitrag steht, dass die Jugendliche wohl lange nicht zur Schule gegangen ist, weil die allein erziehende Mutter, die nach Informationen dieser Zeitung in einem Mescheder Ortsteil lebt, unter anderem die Corona-Maßnahmen ablehne. Die Mutter, sie nennt sich selbst Germania, verwendet dabei Begriffe, die auch in der Reichbürger-Szene verwendet werden, die die Existenz des deutschen Staats leugnen. Beispielsweise nennt sie die Polizeibeamten konsequent „Constellis“. Damit wird in der Reichsbürger-Szene unterstellt, dass die Polizei keine unabhängige Behörde ist, sondern Teil einer tatsächlich existierenden weltweiten, privatwirtschaftlichen amerikanischen Sicherheitsfirma - mit Namen Constellis.
In der Beschreibung des verwendeten Telegram-Kanals „Fabijenna – eine deutsche Liebe“ ist eine schwarz-rot-weiße Flagge, die Nationalflagge des deutschen Reiches in der Kaiserzeit, abgebildet. Auch ein Indiz für die Reichsbürger-Szene. Des Weiteren steht dort, dass die Seite „an die deutsche Volksseele erinnern und zurück verhelfen wolle“.
Polizeieinsatz am Montag, 18. Juli 2022
Die Polizei bestätigt auf Anfrage einen Einsatz am Montagmorgen, 18. Juli. Es habe sich hierbei um ein so genanntes Amtshilfegesuchen gehandelt. Die Beamten rückten mit an, um einen Gerichtsvollzieher bei Vollstreckung eines richterlichen Beschlusses zu unterstützen. In diesem Fall die Inobhutnahme einer 14-Jährigen. Allerdings: „Dass wir Jugendliche aus Familien holen, kommt bei uns äußerst selten vor“, ordnet Polizeisprecher Volker Stracke den Einsatz ein.
Mädchen in Jugendhilfeeinrichtung
Das Amtsgericht Meschede mit seinem zuständigen Familiengericht und das Jugendamt des Hochsauerlandkreises äußern sich generell nicht zu Familiensachen mit Verweis auf das schutzwürdige Interesse der Beteiligten. Bekannt ist nur, dass die Jugendliche sich nun in einer Jugendhilfeeinrichtung befindet.
Hintergrund
- Stellt das Jugendamt eine Kindeswohlgefährdung fest, beispielsweise, wenn das Kind über einen langen Zeitraum nicht der Schulpflicht nachgekommen ist, kann die Behörde eine Anzeige gem. § 8a Abs. 3 SGB VIII wegen Kindeswohlgefährdung an das Amtsgericht stellen.
- Das Familiengericht kann Eltern dann das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht zur Regelung schulischer Angelegenheiten für das betroffene Kind entziehen.
- Es wird dann auf den Kreis übertragen. Gleichzeitig werden Eltern aufgefordert, das Kind an den Kreis herauszugeben. Ein Gerichtsvollzieher wird dann damit beauftragt, das Kind mit Hilfe der Polizei aus der Wohnung zu holen.