Menden/Fröndenberg/Unna. Kurioser Fall landet vor Gericht: Ein Fröndenberger schuldet einem Mendener Geld, Diebstahl soll das Problem lösen. Aus fetter Beute wird nichts.

Ein Regisseur oder Drehbuchautor hätte sich diese Geschichte vielleicht nicht kurioser und dramatischer ausdenken können, die nun das Amtsgericht in Unna zu verhandeln hatte. Das Ende vom Lied: Ein vermeintlich todsicheres Ding geht schief. Das Urteil lässt beide schließlich glimpflich davonkommen. Aber von Anfang an.

25-Jähriger hat 2023 ein Café in Menden betrieben

Ein heute 25-Jähriger hatte 2023 in Menden ein Café betrieben. Als Gast verkehrte dort regelmäßig auch ein mittlerweile 35-jähriger Mann aus Fröndenberg. Man lernte sich besser kennen und der Fröndenberger erzählte unter anderem von seinen Geldproblemen. Der Mendener wollte helfen und dem Kumpel Geld leihen, sah darin aber auch die Chance, durch die Zinsen selber ordentlich von dem Geschäft zu profitieren. „Ich habe ein gutes Herz“, beteuerte er nun vor Gericht.

„Ich habe ein gutes Herz.“

Angeklagter (25)

Wie hoch das Darlehen war, das wurde jedenfalls im Gerichtsprozess nicht mehr abschließend aufgeklärt, beide Beteiligte nannten unterschiedliche Summe, 5000 beziehungsweise 8000 Euro. Gleiches galt über die Höhe der zu zahlenden Zinsen, die aber jedenfalls beträchtlich war.

35-jährigen Familienvater aus Fröndenberg drückten Schulden

Im Spätsommer 2023 vollzogen die beiden ihr Geschäft, der Fröndenberger - so beteuerte er es in dem Verfahren - habe damit eine Erntemaschine kaufen wollen und durch deren lukrativen Einsatz den Kredit schnell wieder zurückzahlen können. So jedenfalls die Hoffnung. Aber das Gerät ging schnell kaputt, die Hoffnung auf Gewinn war dahin. Stattdessen drückten nun die Schulden, die der heute 35-jährige Familienvater irgendwann nicht mehr rechtzeitig begleichen konnte. Er hatte nämlich auch noch einige andere Außenstände, wie er erklärte.

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Anderer Plan, um an das fehlende Geld zu kommen

Anfang 2024 soll er zwar das Darlehen selbst, aber nicht die vereinbarten Zinsen an den Bekannten aus Menden zurückgezahlt haben. Und auch das gelang nur, weil er sich nun wieder anderswo im Familien- und Freundeskreis Geld borgte. Der Mendener Cafébetreiber wurde langsam ungeduldig, fragte immer wieder nach den Zinsen. Ob das aufdringlich und mit verbalen Drohungen oder nur im freundlichen Ton geschah, auch darüber bestand vor dem Schöffengericht keine Einigkeit zwischen den beiden. Stattdessen entwickelte sich ein anderer Plan, um an das fehlende Geld zu kommen beziehungsweise die Schulden zu tilgen.

Der Fröndenberger arbeitete seinerzeit bei einem Abschleppbetrieb. Dort stand im Frühjahr 2024 ein Überseecontainer voll mit E-Zigaretten. Geschätzter Wert der Ware: eine halbe Million Euro. Der Container war allerdings sichergestellt worden, die E-Zigaretten sollten vernichtet werden. Niemand würde sie deshalb vermissen, dachte sich der Fröndenberger Angestellte, und witterte fette Beute. Er unterhielt sich mit dem Mendener Bekannten darüber und so kam man zusammen auf die Idee, die E-Zigaretten zu stehlen. Wer von beiden die Idee als Erstes hatte, auch das ließ sich im Amtsgericht nicht mehr klar ermitteln.

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Truppe von Bekannten für Beutezug zusammengestellt

Der Mendener jedenfalls stellte im April 2024 eine Truppe weiterer Bekannter für den Beutezug zusammen, der Fröndenberger vermittelte das nötige Insiderwissen, um unbeobachtet auf den Betriebshof zu gelangen: wie sich das Rolltor öffnen lässt, wo die Sicherheitskameras hängen und vor allem, wo sich die vermeintlich wertvolle Ware befindet. Der Fröndenberger hatte in der ausgemachten Nacht Dienst. Nicht als Sicherheitsmann, sondern in Bereitschaft, um etwa Abschleppwagen zu fahren. Deshalb fiel es auch gar nicht groß auf, dass er zusammen mit dem anderen Mitarbeiter nachts rein zufällig zu einem Schnellimbiss fuhr und das Gelände zurückließ. In dieser Zeit schlug dann, wie ausgemacht, der Mendener mit seinen Komplizen zu. Zwei Transporter luden sie voll mit 100 Kartons E-Zigaretten. Ein Großteil erwies sich aber als schwer verkäuflich, sodass der Gewinn letztlich vergleichsweise läppische 6000 Euro betrug, von denen ja alle Beteiligten auch entlohnt werden mussten.

Vapes
Große Mengen E-Zigaretten waren die vermeintlich fette Beute, die sich jedoch als schwer verkäuflich erwies (Symbolbild). © DPA Images | Moritz Frankenberg

Deshalb fiel die Entscheidung: Man geht noch einmal rein, um den Rest des Containers zu holen. Mittlerweile hatte man im Abschleppbetrieb aber Verdacht geschöpft und den eigenen Mitarbeiter auf dem Kieker. Der trat die Flucht nach vorne an und verriet das Datum des geplanten zweiten Überfalls. Entsprechend konnte die Polizei den Mendener Bekannten mit seinen Komplizen Ende April 2024 nachts auf frischer Tat ertappen. Den Job im Betrieb verlor der 35-Jährige. Bei dem 25-Jährigen hatte die Polizei im Anschluss fast 20.000 Euro Bargeld gefunden. Das sei angespart für seine Hochzeit und nicht aus dem Diebstahl, beteuerte der Mann vor Gericht. Verzichtete als Zeichen von Reue und gutem Willen aber dennoch auf die Rückgabe des Geldes.

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Beide Angeklagten zeigten sich vor Gericht geständig

Beim Gerichtsprozess in Unna wegen schweren Bandendiebstahls zeigten sich beide geständig. Unverständlich blieben die sich sprunghaft ändernden Aussagen des Fröndenberger Angeklagten, wie hoch die Schulden und Zinsen denn nun genau waren. „Wenn ich irgendwas nicht haben kann, dann dass ich hier für dämlich gehalten werde“, wurde der Vorsitzende Richter Jörg Hüchtmann schließlich nach mehreren Beratungspausen für den Angeklagten und seine Verteidigerin ungehalten. Er hatte dem Angeklagten offenbar nicht geglaubt, dass er die Infos von seinem Arbeitsplatz lediglich weitergab, um seine Schulden zu begleichen. Hüchtmanns Vermutung: Der Fröndenberger habe auch noch weiter von der Hehlerware profitieren wollen.

„Wenn ich irgendwas nicht haben kann, dann dass ich hier für dämlich gehalten werde.“

 Jörg Hüchtmann
Vorsitzender Richter

Eine entscheidende Rolle bei der Strafe spielte das nicht mehr. Der Fröndenberger kam auch wegen Mittäterschaft dran, nicht nur wegen Beihilfe. Auch wenn er beim Diebstahl nicht dabei war. Das Urteil lässt beide glimpflich davonkommen, die Haftstrafen von einem Jahr und sechs Monaten für den Mendener und von einem Jahr für den Fröndenberger werden zu Bewährung ausgesetzt. Auch weil beide noch nicht einschlägig vorbestraft waren, in geregelten Lebensverhältnissen sind und mutmaßlich neue Arbeitsstellen in Aussicht haben. Der Mendener Täter hatte zwischendurch gar zwei Monate in Untersuchungshaft gesessen. Auch das sollte genügend Eindruck gemacht haben, so der Richter.

Weitere Komplizen des Diebstahls werden in eigenen Verfahren zur Rechenschaft gezogen.