Menden-Lendringsen. Bezirksbeamter Torsten Strott geht nach 45 Jahren in Pension. Polizist ist sich sicher: „Man kann viel mit Kommunikation lösen.“

Noch einmal stellt sich Torsten Strott, regelt den Verkehr. Eigentlich ist der Mann, der seit 2018 Bezirksbeamter in Lendringsen ist, schon weg. Am 31. Dezember endet seine berufliche Laufbahn bei der Polizei, doch an diesem 15. November ist Torsten Strott noch einmal aktiv. Der Weihnachtsbaum am Kress-Kreisel wird aufgestellt – da müssen Autofahrer Rücksicht nehmen. Lendringsens „Dorfsheriff“ lässt es sich nicht nehmen, die Uniform dafür noch einmal überzustreifen. Dass er bis zum Jahresende nicht mehr arbeiten wird, hat einen guten Grund: Strott hat, wie viele seiner Kolleginnen und Kollegen, zahlreiche Überstunden. Polizist zu sein, das hat eben wenig mit geregelten Arbeitszeiten zu tun. Und doch hat Torsten Strott den Job immer mit Leib und Seele gemacht.

Verwurzelung im Ort bringt Vor- und Nachteile

Das berichtet er, als ihn die WP-Redaktion zum Abschiedsgespräch bittet. Einen Mann wie Torsten Strott, der in Lendringsen tief verwurzelt ist und den im Ortsteil jeder kennt, lässt auch die Heimatzeitung nicht klammheimlich gehen. „Dass mich in Lendringsen fast jeder kennt, kann Vorteile bringen, aber auch Nachteile“, sagt der scheidende Polizist, der auch Vorsitzender des BSV Lendringsen ist. „Ich habe meine eigene Art, mit der nicht jeder gleich gut klarkommt“, weiß Strott, aber er fügt auch hinzu: „Man kann viel mit Kommunikation lösen.“ Eine Bilanz, die auf 45 Jahren und drei Monaten Polizeiarbeit fußt. „Mir ging es immer um die Menschen“, sagt Strott.

„Das Sicherheitsbedürfnis der Menschen ist deutlich größer geworden. Alleine könnten wir als Polizei das gar nicht stemmen.“

Torsten Strott
schätzt die Zusammenarbeit mit Sicherheitsdiensten und Ordnungsamt

Er weiß aber auch, dass sich der Beruf des Polizisten verändert hat. „Das Sicherheitsbedürfnis der Menschen ist deutlich größer geworden“, sagt Strott und sieht in Sicherheitsdiensten und Ordnungsamt keine Konkurrenten, sondern Partner. „Alleine könnten wir als Polizei das gar nicht stemmen.“ Strott verweist auf Anschläge – an einem Tag, an dem noch niemand weiß, dass es eine Amokfahrt auf einem Weihnachtsmarkt in Magdeburg geben wird. Das Gespräch mit der WP findet vorher statt.

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Die Polizei, weiß Strott, verfügt auch über neue Möglichkeiten – etwa mit dem Einsatz von Taser-Waffen. An diesem Beispiel zeigt sich aber auch eine andere Veränderung: „Alles muss genau protokolliert werden.“ Und das auch, um Polizistinnen und Polizisten im Falle von Klagen zu schützen. Der Respekt, der den Beamten früher entgegengebracht wurde, ist heute nicht mehr selbstverständlich, findet Strott. „Die Polizei wird nicht von allen ausreichend geachtet. Wichtig ist aber: Das gilt nicht allgemein.“

Der Teamplayer Torsten Strott ist Fußballer durch und durch – und das nicht nur beim BSV Lendringsen, sondern auch wenn es ums Kicken mit dem Polizei-Team geht.
Der Teamplayer Torsten Strott ist Fußballer durch und durch – und das nicht nur beim BSV Lendringsen, sondern auch wenn es ums Kicken mit dem Polizei-Team geht. © Dietmar Reker | Dietmar Reker

Gibt es etwas, an das sich Strott besonders erinnert? Es ist wohl kein Zufall, dass er nicht zuerst über einen Einsatz spricht. „1995 sind wir Landesmeister im Fußball geworden. Dass das so einer kleinen OKD (Oberkreisdirektion, Anm. d. Red) gelingt, war absolut ungewöhnlich“, erzählt Strott. Da kommt nicht nur der Fußballer in ihm durch, sondern auch der Teamplayer. Ein guter Polizist sein, das gelingt nur in einem guten Team. „Ich hatte immer tolle Kollegen“, sagt Strott.

Erinnerungen an den Mordfall Hesse und das Schützen-Unglück

Dann aber werden doch noch Erinnerungen an besondere Einsätze wach. Gemeinsam mit einem Kollegen war Torsten Strott zuerst am Tatort, als Marion Hesse und ihr Sohn Tim im Januar 1989 ermordet wurden. „Es ist bedrückend, dass der Täter bis heute offenbar noch nicht gefasst ist“, sagt der Polizist und verweist darauf, dass der Mordfall Hesse zuletzt im Februar 2019 noch einmal bei „Aktenzeichen XY“ aufgerollt wurde. Die Bilder von 1989 hat Strott nie vergessen.

Strott war auch am 19. Juli 2009 im Einsatz. Damals raste ein Rentner mit seinem Mercedes in den Umzug der Schützenbruderschaft St. Hubertus Menden-Nord. Drei Familienväter starben, Dutzende Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Der Unfall hat Menden verändert. Sicherheitskonzepte sind Pflicht, Umzüge – auch zu St. Martin – müssen noch besser gesichert werden. Solche Unglücke gehen auch an Polizisten nicht spurlos vorbei.

Torsten Strott nimmt Eltern in die Pflicht

Insgesamt aber ist Torsten Strott immer gerne Polizist gewesen. Und dabei hat er auch die vermeintlich kleinen Dinge im Kopf. Die Radfahrausbildung ist ihm wichtig. Kinder müssten nicht nur einen Helm tragen, sondern ihr Fahrrad auch beherrschen, sagt er: „Manche Eltern müssen viel mehr mit ihren Kindern das Radfahren üben. Als Radfahrer oder Fußgänger ist man im Verkehr eben besonders verletzlich.“ Entsprechend wichtig sei es, das eigene Fahrrad zu beherrschen.

Torsten Strott ist die Sicherheit beim Radfahren ein wichtiges Anliegen. Er sieht auch die Eltern in der Pflicht.
Torsten Strott ist die Sicherheit beim Radfahren ein wichtiges Anliegen. Er sieht auch die Eltern in der Pflicht. © Dietmar Reker | Dietmar Reker

Sorgen, dass Torsten Strott im Ruhestand die Langeweile überkommen könnte, sind übrigens fehl am Platz. Zum einen investiert er viel Zeit in die Arbeit beim BSV Lendringsen. Auch dort setzt er auf Teamarbeit, gehört aber zu den Motoren des Vereins. „Ein anderes großes Hobby sind meine Hunde“, sagt Strott. Mit denen wird er jetzt noch mehr Zeit verbringen können. Und Teil des Dorfes Lendringsen bleibt er ohnehin – auch wenn er nicht mehr den Verkehr regelt, wenn der nächste Weihnachtsbaum aufgestellt wird.