Menden. Sie trinken, sind oft psychisch krank und wohnungslos: Für immer mehr Menschen in Menden wird die Drobs zur letzten Anlaufstelle.
Die Drogenberatungsstelle Drobs in Menden schlägt Alarm: Für alkoholabhängige, psychisch kranke und wohnungslose Menschen in der Stadt würden „dringend mehr niederschwellige Betreuungsangebote“ gebraucht. Die eigenen Ressourcen reichten dafür nicht mehr aus. Den aus der Politik geforderten geschützten Drogenkonsumraum für Menschen, die Kokain, Crack oder Cannabis nehmen, lehnen die städtischen Drogenberater dagegen überraschend ab. Denn es seien gar nicht die Junkies, die den Fachleuten augenblicklich die größten Sorgen bereiten.
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Beratungsstelle wird häufiger ein Ort zum Essen, Duschen und Aufwärmen
Vielmehr beobachten die städtischen Drogenberater Thomas Zimmermann und Kristina Feldhaus seit dem letzten Jahr ein verstärktes Aufkommen an alkoholabhängigen Klientinnen und Klienten, die „keine andere Anlaufstelle in Menden mehr haben als die Drobs-Räume“ am Westwall. Diese aus ihrem bürgerlichen Leben gefallenen Menschen kommen oftmals nicht für einen Beratungstermin. Sie finden in der Drobs vielmehr einen willkommenen Aufenthaltsort, um ihre alltäglichen Anforderungen zu erledigen, zu essen und zu trinken, zu duschen, sich aufzuwärmen, ihre Bekleidung zu waschen, zu telefonieren oder Behördenangelegenheiten zu klären.
Drobs sieht sich „nicht für diese große Anzahl der Besucher ausgelegt“
Zimmermann und Feldhaus sehen diese Menschen im Alltag vielfach allein gelassen: „Die Drogenberatungsstelle ist für viele Klientinnen und Klienten der einzige Ort, an dem sie akzeptiert und wertschätzend behandelt werden.“ Nur: Die Drobs mit ihren begrenzten Raum- und Personalressourcen „ist nicht für diese große Anzahl der Besucherinnen und Besucher ausgelegt“. Hier brauche es auf Seiten der Helferinnen und Helfer mehr.
Statistik für Deutschland bestätigt die Erfahrungen in Menden
Neue Zahlen des Statistischen Bundesamtes aus diesem Jahr bestätigen die Erfahrungen der Drogenberater vor Ort. Laut einer Studie wurde demnach eine Psychische und Verhaltensstörung durch Alkohol im Untersuchungsjahr 2022 als fünfthäufigste Hauptdiagnose in Krankenhäusern mit 235.987 Behandlungsfällen festgestellt. Davon waren 172.037 der Behandlungsfälle männliche Patienten und 63.949 Frauen. Die Diagnose „Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol“ lag bei den Männern auf dem zweiten Platz der Hauptdiagnosen für 2022. Alkoholkonsum verursacht in Deutschland erhebliche gesundheitliche, soziale und volkswirtschaftliche Probleme. Insgesamt drei Millionen Erwachsene zwischen 18 und 64 Jahren hatten im Untersuchungsjahr 2018 in Deutschland eine „alkoholbezogene Störung“, davon gelten 1,6 Millionen als alkoholabhängig.
Klare Absage an den geforderten Drogenkonsumraum für Menden
Für die Mendener Drogenberater sind alkoholkranke und wohnungslose Menschen aktuell ein viel größeres Problem als etwa Kokain- oder Cannabisabhängige. Die Drobs erteilt daher auch der Forderung nach dem Drogenkonsumraum, die in der kommenden Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses der Stadt behandelt werden soll, eine klare Absage.
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Aufwand für neue Einrichtung „derzeit nicht gerechtfertigt“
Denn ein solcher Konsumraum erfordere neben der Suchtberatung auch medizinisches Personal, die entsprechende Ausstattung und regelmäßige Überwachung der medizinischen Notfallpläne durch die Bezirksregierung Arnsberg. Es gebe dafür eigens eine Verordnung über den Betrieb von Drogenkonsumräumen. All das aber sei in Menden „derzeit nicht gerechtfertigt“. Denn zum einen reiche schlicht die Anzahl der aktuellen Konsumentinnen und Konsumenten gar nicht aus, um eine solche Einrichtung wirtschaftlich und effektiv zu betreiben. Darüberhinaus bestehe das Risiko, dass der Drogenkonsumraum sogar neue Konsumentinnen und Konsumenten anzieht. Das wäre allerdings genau das Gegenteil dessen, was erreicht werden soll: Statt bestehende Probleme zu zu lösen oder abzumildern, könne der Raum sogar zu einer Ausweitung des Konsums führen.
Jusos reagierten mit der Konsumraum-Idee auch auf Bürgerbeschwerden
Gefordert hatten diese Einrichtung die Mendener Jungsozialisten (Jusos), unterstützt von der SPD. Sie hatten damit auf Beschwerden über Drogenkonsum und den offenkundigen Handel in aller Öffentlichkeit reagieren wollen. Auf der Kleinen Hönneinsel, am Lendringser Platz oder am Papenbusch mehrten sich in den Sommermonaten die Beobachtungen von Zeugen, die zusehen mussten, wie Abhängige Drogen wie Kokain oder Cannabis konsumierten und auch Handel damit trieben. Thomas Zimmermann erklärte dazu jedoch auf Anfrage der WP, dass die Drogenkranken in Menden bestenfalls untereinander dealten und in keinem Fall eine Gefährdung für Dritte darstellten.
Dennoch wollten die Jusos diese Zustände beenden und mit dem Drogenkonsumraum vor allen den Abhängigen einen geschützten Raum bieten. Damit, so die Jusos, könne man auch das Herumliegen von Spritzen oder sonstigen Utensilien zu Drogenkonsum im öffentlichen Raum beenden. Nachdem es in Menden bereits Spritzenautomaten für eine bessere Hygiene gebe, wäre dies ein logischer nächster Schritt. Die städtischen Drogenberater sehen das offenkundig ganz anders.