Menden. Bewohner eines Mendener Seniorenheims besuchen Movie Park und Fort Fun. Hans-Detlef Schlott lässt Rollstuhl stehen und flirtet überm Sauerland.

„Als ich da rausgekommen bin, dachte ich mir: Renate, bist du eigentlich bekloppt?!“, sagt Renate Stahl und lacht aus tiefsten Herzen. Die 94-jährige Bewohnerin des Integra Seniorenpflegezentrums Menden hat sich überwunden und das getan, was man im hohen Alter „eigentlich nicht mehr macht“: Sie ist Achterbahn gefahren. Und das nicht nur einmal. Erst im Bottroper „Movie Park“ und - weils so schön war - vor wenigen Wochen nochmal im Bestwiger „Fort Fun“. Was für eine Erfahrung. Vor ihrem 94. Geburtstag hatte sie noch nie einen Fuß in einen Freizeitpark gesetzt. „Je oller, je doller“, sagt die Rentnerin, die eigentlich nur noch mit ihrem Rollator unterwegs ist, und klatscht lachend in die Hände.

„Als ich da rausgekommen bin, dachte ich mir: Renate, bist du eigentlich bekloppt?!“

Renate Stahl, älteste der Gruppe, nach ihrer Achterbahnfahrt

Bei einem Fernsehprojekt mitgewirkt - und neue Leidenschaft entdeckt

Aber von vorn. Los ging eigentlich alles mit einer Schnapsidee eines Reporters. Mehrere Bewohner des Seniorenzentrums hatten sich bereit erklärt, bei einem Experiment des Privatsenders RTL mitzumachen. Kern des Ganzen: Können Senioren ihr Glück selbst beeinflussen? Antwort: Definitiv. Unter Begleitung eines Filmteams legten die Senioren Beete an, besuchten einen Bauernhof, nahmen an einem Tanzkurs teil, machten Yoga - und fuhren in den „Movie Park“. „Als der Redakteur das vorschlug, dachte ich eigentlich, dass es eine Schnapsidee ist“, erinnert sich Einrichtungsleiterin Miriam Manns. Doch dann hielt sie inne und dachte: Wieso eigentlich nicht? „Von alleine wäre ich nie auf die Idee gekommen in einen Freizeitpark zu fahren. Im Movie Park haben wir dann gesehen, wie glücklich und zufrieden alle waren.“

Senioren aus der Integra Seniorenpflegezentrum Menden toben im Fort Fun in Bestwig
Nicht nur Renate Stahl hat in der Wasserbahn Spaß. Für das gesamte Team ist es ein toller Ausflug. © WP | Integra Seniorenpflegezentrum Menden

Deshalb war schnell klar: Das machen wir nochmal. Kurz beraten und abgestimmt. Renate Stahl (94), Hans-Detlef Schlott (90), Elfriede Hopp (92), Edeltraut Horst (79), Regina Busemann (89) und das Küken der Gruppe Günter Hüpfner (knackige 69) ließen sich nicht zweimal bitten. „Da haben wir direkt >Hier< gerufen“, sagt Renate Stahl begeistert. Und Günter Hüpfner grinst: „Wir waren mit der ganzen Meute unterwegs.“ Wieder war bereits die Fahrt ein Abenteuer. „Und dann die Hände zum Himmel, kommt, lasst uns fröhlich sein....“: Auch der Gesang durfte nicht fehlen. Bei Ausflügen mit der Truppe scheint gute Laune garantiert zu sein. Ja, diese Gruppe hat es faustdick hinter den Ohren, das weiß auch Miriam Manns. „Das sind unsere wilden Achterbahnfans.“

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Senioren aus der Integra Seniorenpflegezentrum Menden toben im Fort Fun in Bestwig
Rüstige Rentner? Nein. Renate Stahl (94) wagt sich in die Achterbahn. © WP | Integra Seniorenpflegezentrum Menden

Nicht lange gefackelt: Achterbahnfans machen sich auf den Weg

Montags besprochen, dienstags ging es schon ab ins „Fort Fun“. Das nötge Personal, das mitfahren musste, um den Senioren immer zur Seite zu stehen, fand sich schnell. Im Seniorenzentrum wurden noch fix Versorgungspakete zusammengestellt und dann ging es in Fahrgemeinschaften los. „Wir haben aufgeschlossen und abgeschlossen: Wir waren einfach den ganzen Tag da“, sagt Miriam Manns begeistert. Fast kein Fahrgeschäft kam ohne die Renterinnen und Rentner aus. Selbst vor der Achterbahn mit Looping machten sie nicht Halt. Die Männer der Runde ließen kurzerhand Rollstuhl und Rollator stehen und drehten eine Runde. Wow.

Senioren aus der Integra Seniorenpflegezentrum Menden toben im Fort Fun in Bestwig
Rüstige Rentner? Nein. Günter Hüpfner und Hans Detlef Schlott fahren sogar Looping-Achterbahn. © WP | Integra Seniorenpflegezentrum Menden

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So etwas in ihrem Alter noch zu erleben, das hätten Elfriede Hopp und Renate Stahl nie gedacht. Günter Hüpfner ist schon bereit für die nächste Runde: „Ich könnte sofort wieder losfahren. Jetzt nach Efteling - aber mit Übernachtung“, schlägt er vor und die Gruppe lacht. Auch Hans-Detlef Schlott ist gewappnet. Er hat neue Turnschuhe. Beim Anblick ebendieser bricht Elfriede Hopp vor Lachen fast in Tränen aus und steckt die Gruppe gleich mit an. Auch Hans-Detlef Schlott grinst. So hatte sich der 90-Jährige für den Freizeitpark die „schicken Schuhe“ angezogen. „Die Dinger sind immer wieder hängen geblieben mit der Spitze“, erinnert sich Miriam Manns und lacht ebenfalls. Es sind Erinnerungen, die für immer bleiben.

„Ich könnte sofort wieder losfahren. Jetzt nach Efteling - aber mit Übernachtung.“

Günter Hüpfner, Senior
Senioren aus der Integra Seniorenpflegezentrum Menden toben im Fort Fun in Bestwig
Elfriede Hopp mit Miriam Manns (rechts) in der Marienkäferachterbahn im Fort Fun in Bestwig. © WP | Integra Seniorenpflegezentrum Menden

Selbstbewusstsein gestärkt und in Gondel geturtelt

Aber hinter all dem Spaß steckt auch Ernst: „Ich habe festgestellt, dass wir die Bewohner auch unterschätzt haben“, sagt sie nachdenklich. Und auch wenn der ein oder andere beim Ein- und Aussteigen seine Schwierigkeiten hatte („Wir haben öfter mal den Verkehr aufgehalten“), waren sie allesamt sehr mutig und haben sich der Herausforderung gestellt. „Ich bin unfassbar stolz. Für so etwas braucht es auch die richtigen Bewohner - und die haben wir hier.“ Bei allen sei das Selbstvertrauen gestärkt worden und sie hätten neuen Mut gefasst. „Das jugendliche Alter kam wieder raus und viele hätten nicht gedacht, dass sie das noch können“, sagt auch Angelika Gutsch aus dem Seniorenzentrum.

„Ich habe festgestellt, dass wir die Bewohner auch unterschätzt haben. Ich bin unfassbar stolz. Für so etwas braucht es auch die richtigen Bewohner - und die haben wir hier.“

Miriam Manns, Einrichtungsleitung

Im „Fort Fun“ sei die Gruppe wunderbar unterstützt worden. Das Team des doch eher hügeligen Parks habe angeboten, die Senioren mit kleinen Wagen über das Gelände zu fahren. „Das war alles so gut organisiert“, sagt auch Günter Hüpfner und wird von Elfriede Hopp bestärkt: „Das hat alles wie am Schnürchen geklappt.“ Und apropos Elfriede Hopp. Was war denn da eigentlich auf dem Riesenrad los? Sie grinst. „Das hat doch keiner gesehen“, sagt sie mit Blick auf Hans-Detlef Schlott. Der grinst nur verschmitzt. Doch so unauffällig wie gedacht waren die beiden Turteltauben dann wohl doch nicht. Elfriede Hopp verrät - herzlich lachend - nur so viel: „Die haben uns gleich zwei Runden drehen lassen.“

Achterbahnfans des Integra Seniorenzentrums Menden
Das sind die Achterbahnfans des Integra Seniorenzentrums Menden. © WP | Jennifer Wirth

Freizeitparks stehen ab sofort auf der Ausflugsliste weit oben

Und wie geht es jetzt weiter? Freizeitparks stehen jetzt auf der langen Ausflugsliste des Seniorenzentrums weit oben. „Wir machen das nächstes Jahr wieder. Natürlich!“, sagt Miriam Manns begeistert. Bleibt abzuwarten, welche Fahrgeschäfte sich die mutigen Mendenerinnen und Mendener dann aussuchen. Eins ist klar: Achterbahn-Fan Renate Stahl wird sicherlich ganz vorne mit dabei sein.

Senioren aus der Integra Seniorenpflegezentrum Menden toben im Fort Fun in Bestwig
Ein Highlight für die Senioren: Die Wasserbahn im Fort Fun in Bestwig. Zwar waren Ein- und Ausstieg nicht ganz einfach, doch der Spaß umso größer. © WP | Integra Seniorenpflegezentrum Menden

Die Sendung „Punkt 12“ vom 11. Oktober, in der der Ausflug in den Movie Park thematisiert wird, ist kostenlos online abrufbar auf der Internetseite plus.rtl.de. Übringens: Die Senioren haben sich die Folgen zusammen angesehen und mit Champagner aufs Leben angestoßen - Experiment geglückt.

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