Menden/Hemer/Arnsberg. Mann aus Hemer soll Mendenerin (17) mit Benzin übergossen und angezündet haben. Zweiter Prozesstag offenbart System der Verteidigung.
Auch der zweite von insgesamt 14 Prozesstagen bringt noch keine Bewegung in den Prozess um den Mord an einer jungen Mendenerin. Die Aussage des Mannes, der eine 17-Jährige zunächst mit Benzin übergossen und dann angezündet haben soll, lässt auf sich warten. Der Verteidiger des Hemeraners legt sich derweil mit der Staatsanwaltschaft an – und das hat System.
Verteidigung ähnelt Mendener Messer-Prozess
Es ist einer dieser Prozesse, die nicht nur Menden, sondern scheinbar zahlreiche Menschen über die Stadtgrenzen hinaus beschäftigt. Saal 3 des Landgerichts Arnsberg ist am Freitagmorgen fast bis auf den letzten Platz gefüllt. Doch die gut 30 Zuschauer im Saal warten zunächst einmal. Denn der Gefängnistransport aus der JVA Hamm, in der der 24 Jahre alte Hemeraner derzeit in Untersuchungshaft sitzt, hat Verspätung. Als der Prozesstag dann tatsächlich beginnt, endet er im Grunde auch schon wieder abrupt.
- Nach Explosion in Menden: 22-jähriger Hemeraner in Haft
- Vorsätzlich gelegter Brand: 17-jähriges Opfer stirbt
- Mord-Prozess: „Nahezu ihr gesamter Körper stand in Flammen“
- Horlecke-Prozess: Verteidiger sorgt am Landgericht für Eklat
„Es ist mir fast schon ein bisschen peinlch, aber mein Mandant will erst noch einige Zeugenaussagen abwarten, bis er sich zur Sache einlässt“, erklärt Verteidiger Nils Schiering. Damit ist klar: Viel wird auch am zweiten Tag des Prozesses nicht mehr passieren, ehe die Sitzung kurzzeitig unterbrochen wird.
„Wir wollen eine ordentliche Beweisaufnahme.“
Gänzlich unerwartet scheint dieses Vorgehen die Staatsanwaltschaft allerdings nicht zu treffen. Und das ist auch kein Wunder. Denn bereits kurz vor dem Mord-Prozess hat der Strafverteidiger aus Hamm die Justiz bereits auf Trab gehalten. Schiering hatte zuletzt den Mann verteidigt, der seine Ex-Frau kurz vor Weihnachten 2023 mit einem Messer in der Horlecke angegriffen und schwer verletzt haben soll. Im Laufe des Prozesses wechselte nicht nur die Besetzung der Staatsanwaltschaft mehrfach - ganz zum Unmut des Verteidigers -, sondern auch der Dolmetscher musste zwischenzeitlich ersetzt werden (WP berichtete). Eine angekündigte Aussage seines Mandanten zu Prozessbeginn ist seinerzeit ebenfalls mehrfach verschoben worden.
Juristisches Scharmützel
„Weiteres Beweisprogramm für heute haben wir nicht“, erklärt der vorsitzende Richter Petja Pagel nach der gut zehnminütigen Pause. Den Versuch, einige Zeugen vorzuziehen – etwa den Bruder des Opfers oder den Schwager des Angeklagten –, blockt Schiering dann auch ab. „Da widerspreche ich. Ich richte mich nach dem Programm der Kammer“, so Schiering, der prompt Zuspruch von der Richterbank bekommt. „Es macht keinen Sinn, Zeugen oder Lichtbilder isoliert zu betrachten. Wir wollen eine ordentliche Beweisaufnahme“, betont Pagel. Ein Szenario, mit dem die Staatsanwaltschaft scheinbar ebenso gerechnet hat. Denn daraus entwickelt sich abermals ein juristisches Scharmützel. „Ich bin zumindest begeistert, dass die Staatsanwaltschaft zur Räson gekommen ist“, raunt der Verteidiger in Anspielung auf wechselnde Besetzungen im Horlecke-Prozess. Sitzungsunterbrechung.
Auch interessant
Auf beiden Seiten des Prozesses wird hastig getippt. Die Staatsanwaltschaft, so scheint es, will sicherstellen, dass spätestens mit dem dritten Verhandlungstag mehr Bewegung in die Aufklärung um den mutmaßlichen Mord an der 17-jährigen Mendenerin kommt. Dazu soll dann auch der leitende Oberarzt eines Dortmunder Klinikums aussagen, der die großflächigen Brandverletzungen des jungen Mädchens bis zuletzt behandelt hatte. Es gehe darum, „einen tatsächlichen Eindruck über den Grad der Verletzungen“ zu bekommen, führt die Anklage aus. „Den Grad der Verletzungen kann ich Ihnen beantworten, nämlich tot. Schlimmer geht‘s nicht“, wirft Schiering ein.
Der Prozess soll am 10. Oktober mit der Aussage eines Brandgutachters fortgesetzt werden.