Menden. Ratsherr Hubert Schulte bezweifelt, dass Menden ein Parkhaus braucht. Die Planungen für den Bereich könnten nun ganz anders verlaufen.
Wer meint, Politik und Verwaltung seien behäbig, wenn es um Entscheidungen und Veränderungen geht, der kann in der Sitzung des Ausschusses für Planen und Bauen sein blaues Wunder erleben. Die CDU verblüfft mit einem Vorstoß die übrigen Fraktionen – und die Verwaltung tut etwas, was sie laut Baudezernent Jörg Müller „ja noch nie gemacht“ hat. Beides könnte enormen Einfluss darauf haben, wie das Menden der Zukunft am Nordwall aussieht.
„Mal ketzerisch gefragt: Brauchen wir da überhaupt ein Parkhaus?“
Auf dem ehemaligen Dieler-Gelände entsteht bekanntlich das Geschäftshaus der Küster GmbH, in das unter anderem die Stadtbücherei und das Jobcenter einziehen sollen. Dahinter, auf der Fläche des ehemaligen Parkhauses, soll ein neues Parkhaus für die Innenstadt entstehen. Dieser Eindruck verfestigte sich jüngst nach einer Bürgerveranstaltung, zu der die CDU eingeladen hatte. Doch ausgerechnet die Christdemokraten sind wohl nochmal in sich gegangen. Ratsherr Hubert Schulte jedenfalls meldet sich beim Tagesordnungspunkt „Entwicklungen im Bereich Nordwall“ zu Wort: „Mal ketzerisch gefragt: Brauchen wir da überhaupt ein Parkhaus?“ Schweigen. Dann setzt Schulte fort. Er habe den Eindruck, eine eingeebnete Fläche könne genügen, um den Parkplatzbedarf zu decken. Er verweist auf den Schlachthof-Parkplatz als Beispiel. Diese Einschätzung überrascht, hatte die Küster GmbH zuletzt doch ebenfalls Parkflächenbedarf angemeldet.
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Die Stadtverwaltung hat der Politik zwei Szenarien vorgestellt. Entweder soll die Errichtung eines Parkhauses öffentlich ausgeschrieben werden oder die Stadt stellt eine Projektskizze für einen Förderantrag und baut selbst „ein innovatives, klimagerechtes Parkhaus mit begrüntem Dach und begrünter Fassade, Schwammstadtelementen, PV-Elementen sowie attraktiven Parketagen, Stellplätzen und Fahrgassen“. Nun also könnte das Parkhaus ganz von der Agenda verschwinden und Raum frei werden für andere Nutzungen. „Die Frage von Hubert Schulte gefällt mir“, sagt Klaus Luig (FDP). Er verweist darauf, dass in dem Bereich schon im Ursprung auch urbanes Wohnen eingeplant war. Stefan Band (Bündnis 90/Grüne) verweist auf das „riesige Potenzial“, das in dem Grundstück stecke. Im Ergebnis wird der Punkt „urbanes Wohnen“ in die Vorgaben für die Projektskizze eingepflegt und der Ausschuss votiert einstimmig dafür, die Vorbereitungen für einen Förderantrag in Gang zu bringen.
Kerngebiet wird kurzerhand zu urbanem Gebiet
Damit aber ist es nicht genug der Überraschungen an diesem Donnerstagabend: Zwei Tagesordnungspunkte später geht es um den Bebauungsplan Nr. 247 „Nördlich Nordwall“. Eigentlich Formsache, doch Thomas Thiesmann (Die Linke) hinterfragt, ob der Begriff „Kerngebiet“ infolge der ersten Entscheidung nicht in „urbanes Gebiet“ umgewandelt werden müsse. Klaus Luig schlägt vor, das direkt zu tun, wenn das denn möglich sei. Baudezernent Jörg Müller zuckt kurz mit den Schultern: „Ich könnte jetzt mit einer typischen Verwaltungsantwort kommen und sagen ,Das haben wir ja noch nie gemacht‘, aber ja: Ich denke, das geht.“ So geschieht es und nach der ebenfalls einstimmigen Abstimmung kann sich der Zuschauer des Eindrucks nicht erwehren, dass Politik und Verwaltung über sich selber staunen.