Menden. Zehn Jahre gibt es das Kindermode-Geschäft der Mendenerin Evi Kissing in der Innenstadt schon. Die Unternehmerin verrät ihr Erfolgsrezept.

Blumen, so weit das Auge reicht. Und eine knallbunte Zehn. Es sind die Überbleibsel eines besonderen Feier-Wochenendes mit vielen Aktionen. Evi Kissing (58) strahlt. Sie führt ihr Kindermode-Geschäft „Engel und Raubauken“ in der Mendener Innenstadt nun erfolgreich seit zehn Jahren. Ein Meilenstein, der die Unternehmerin sehr dankbar stimmt. „Ich bin echt glücklich“, sagt sie und verrät im Gespräch mit der Westfalenpost, worauf es als Einzelhändlerin in Zeiten sterbender Innenstädte ihrer Meinung nach wirklich ankommt.

„Alles, was hier hängt, hatte ich vorher mehrfach in der Hand.“

Evi Kissing
Inhaberin „Engel und Rabauken“

Kundenbindung ist das A und O

Ganz gleich, ob winzige Krabbelschuhe, Mini-Rücksäcke mit Tiermotiv oder Kleidung in 24 Größen für zwei Geschlechter: Auf rund 160 Quadratmetern bietet Evi Kissing an der Hauptstraße Mode und Accessoires für Kinder vom Babyalter bis zum Teenie an. „Alles, was hier hängt, hatte ich vorher mehrfach in der Hand“, sagt die Unternehmerin. Das beginne schon bei dem Besuch der Modemessen und ende im Geschäft, wo alles aufgebügelt und dekoriert werde. Viel Leidenschaft und Herzblut stecke in dem Geschäft im oberen Teil der Fußgängerzone Mendens.

Evi Kissing betreibt seit zehn Jahren ein Geschäft mit Kindermode in der Mendener Innenstadt
Evi Kissing wählt alle Waren mit Blick auf Qualität und Nachhaltigkeit aus. © WP | Jennifer Wirth

Die Qualität der Ware und nachhaltiges Handeln seien ihr extrem wichtig. „Wir haben den Ruf, teuer zu sein“, sagt Evi Kissing. Doch das stimme so nicht. Kissing betont, niemanden ausschließen zu wollen. Bei der Wahl der Ware mache sie immer einen Spagat zwischen dem Qualitätsanspruch und der Bezahlbarkeit. Ihr Anspruch dabei: Jeder soll fündig werden - egal, welches Budget. Ganzjährig gibt es deshalb auch ein Outlet im hinteren Bereich des Geschäfts. „Wir suchen auf den Messen aus, was uns auf Anhieb gefällt. Meist haben wir dabei schon konkret ein Kind im Kopf“, sagt Evi Kissing und schaut ihre langjährige Mitarbeiterin Ulla Weber-Schrewe lächelnd an. „Wir kennen viele Familien und begleiten sie über Jahre.“ Und das sei auch wichtig. „Die Kundenbindung ist das Allerwichtigste. Wer es nicht vorher schon wusste: Corona hat es noch einmal zutage geführt. Die Kunden haben uns so die Stange gehalten und Wege gefunden, uns zu unterstützen und das Überleben zu sichern.“ Und da ist sie wieder, die Dankbarkeit.

„Die Kunden haben uns so die Stange gehalten und Wege gefunden, uns zu unterstützen und das Überleben zu sichern.“

Evi Kissing

Immer mehr Qualitätsgeschäfte schließen: Innenstädte aktiv mitgestalten

Aber Kundenbindung ist harte Arbeit. Das weiß Evi Kissing genau. Erst recht in Zeiten, in denen viele Innenstädte aussterben oder sich zumindest stark wandeln. „Der Onlinehandel macht allen Einzelhändlern zu schaffen. Mit meinem Kaufverhalten entscheide ich, welcher Laden bleibt und wer es nicht schafft. Vielfalt gibt es nur, wenn man auch vor Ort einkauft.“ Dass auch in Menden immer mehr inhabergeführte Geschäfte - wie jüngst der Modeladen von Brunhilde Rieber oder „Kathrins“ - aufgeben, stimme sie traurig. Auch die Nachricht, dass das große Bekleidungsgeschäft „Grüter und Schimpf“ die Türen bald schließe, sei ein herber Schlag für die Innenstadt. „Ich bin total traurig darüber“, sagt sie. „Das sind Qualitätsgeschäfte mit guter Ware.“ Aber klar sei auch: „Man muss davon leben können. Und wir alle erleben Höhen und Tiefen.“ Sie selbst habe den Start des Krieges in der Ukraine mit Blick auf die Finanzen als Einbruch empfunden. „Aber man muss optimistisch bleiben“, sagt die 58-Jährige.

„Der Onlinehandel macht allen Einzelhändlern zu schaffen. Mit meinem Kaufverhalten entscheide ich, welcher Laden bleibt und wer es nicht schafft.“

Evi Kissing

Einst an der Brandstraße gestartet und dann die Fläche verdreifacht

Nun feiert Evi Kissing erst einmal das zehnjährige Bestehen ihres Geschäfts, das sie einst auf 50 Quadratmetern an der Brandstraße gründete. Ohne ihre Stammkunden sei das undenkbar. Erst als sie sich diese aufgebaut hatte, wagte sie den Schritt ins größere Ladenlokal an der Hauptstraße „mit dem wunderschönen Eichenboden“. „Kinder und Mode waren schon immer meins“, sagt sie und strahlt. Ihren Traum vom eigenen Laden hat sie sich erst mit 48 Jahren verwirklicht. Dafür sei es einfach nie zu spät. Evi Kissing ist gelernte Krankenschwester und hat viele Jahre selbstständig in dem Bereich gearbeitet. Mit den eigenen Kindern kam dann auch der Wunsch, sich zu verändern. „Es war nicht immer einfach, alles unter einen Hut zu bekommen.“ Zu Beginn seien ihre Kinder noch recht klein gewesen. Doch wer nicht wagt, der kann nicht gewinnen. „Es hat immer alles irgendwie funktioniert. Ich habe auch ganz tolle Unterstützung von meinem Mann.“ Und auch ihre Tochter helfe aktiv mit, indem sie den Instagram-Kanal des Geschäfts bespiele.

Evi Kissing betreibt seit zehn Jahren ein Geschäft mit Kindermode in der Mendener Innenstadt
Evi Kissing betreibt seit zehn Jahren ein Geschäft mit Kindermode in der Mendener Innenstadt: Engel und Raubauken. © WP | Jennifer Wirth

Und was ist Evi Kissings Geheimrezept für ein funktionierendes Geschäft, abgesehen von einer treuen Stammkundschaft? „Ich gehe so unbeeinflusst wie möglich auf Messen“, sagt sie. Sie möchte keine anderen Geschäfte kopieren. „Wir möchten uns bewusst abheben.“ Kein 0815. Bei ihr sollen Kunden die Möglichkeit haen, etwas Besonderes zu kaufen, das nicht jeder hat. „Aber wir wollen trotzdem niemanden ausschließen.“ Sie sei immer auf der Suche nach neuen Labels. Am besten laufe derzeit Mode von „Molo“. „Mir geht es um Vielfalt. Das zeichnet uns aus.“ Auch Kunden aus Großstädten würden deshalb den Weg zu ihr finden. „Sie kommen wegen der guten Mischung.“ Darüber hinaus lege sie Wert auf eine gute, aber auch ehrliche Beratung - wenn sie denn gewünscht ist. „Man muss auch erkennen, wenn Kunden einfach ihre Ruhe möchten.“

So lange weitermachen, wie die Kunden es zulassen

Und nun? Wie geht es mit „Engel und Rabauken“ weiter? „Mein Wunsch wäre es, das Geschäft irgendwann mal weitergeben zu können. Aber davon bin ich erstmal noch weit entfernt. Weitere zehn Jahre sind für mich kein Problem“, sagt die Mendenerin lächelnd. „So lange die Stadt und die Kunden mich wollen, wird es weitergehen.“ Sie wünscht sich, dass der Einzelhandel wieder die Aufmerksamkeit bekommt, die er verdiene. „Ich spüre so langsam, dass das bei der jüngeren Generation ankommt.“

Evi Kissing betreibt seit zehn Jahren ein Geschäft mit Kindermode in der Mendener Innenstadt
Evi Kissing betreibt seit zehn Jahren ein Geschäft mit Kindermode in der Mendener Innenstadt: Engel und Raubauken. © WP | Jennifer Wirth

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