Menden/Balve. Der mutmaßliche Attentäter von Solingen hätte gar nicht mehr in Deutschland sein sollen. Wie es um Rückführungen aus dem MK steht.

Nach dem grausigen Terroranschlag von Solingen am Freitagabend ist erneut deutlich geworden, dass der Täter bei einem korrekten Verfahrensablauf offenbar gar nicht mehr in Deutschland hätte sein dürfen – wie zuvor schon der aus Afghanistan stammende mutmaßliche Messerstecher von Mannheim, der im Juni einen Polizeibeamten getötet haben soll. Offenbar funktionieren Ausreisen oder Abschiebungen häufiger nicht, nachdem Menschen das Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik versagt worden ist. Die WP will wissen, woran das liegt. Wir fragten beim Märkischen Kreis an, dessen Ausländerbehörde auch für Geflüchtete in Menden und Balve zuständig ist.

Derzeit leben noch 625 ausreisepflichtige Menschen im Märkischen Kreis

Laut Auskunft von MK-Pressesprecherin Ursula Erkens gibt es aktuell im märkischen Kreisgebiet mit seinen 15 Städten und Gemeinden genau 625 ausreisepflichtige Ausländer. Sie sollen abgeschoben werden in die Hauptherkunftsländer Guinea, Marokko, Irak, Libanon, Ägypten, Aserbaidschan und Nigeria. Ursula Erkens: „Nach Syrien oder Afghanistan kann derzeit nicht abgeschoben werden, weil die Bundesrepublik zu diesen beiden Ländern keine diplomatischen Beziehungen unterhält. Folglich gibt es mit ihnen auch keine Vereinbarungen.“ Bekanntlich ist genau das unter dem Eindruck der Tat von Solingen gerade ein wichtiges Thema auf der Bundesebene.

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Im laufenden Jahr sind von 68 geplanten Abschiebungen 29 erfolgt

Für das laufende Jahr waren 68 Abschiebungen aus dem Märkischen Kreis geplant, nur 29 davon sind bisher durchgeführt worden. Im letzten Jahr sollten 100 Personen aus dem Kreisgebiet in ihr Herkunftsland zurückgeführt werden, tatsächlich geschehen ist das nach Angaben der Ausländerbehörde mit 42 Menschen. Für das Jahr 2024 stehen von den 68 geplanten Abschiebungen noch 39 aus, erklärt Erkens.

Viele Betroffene ziehen vor dem Abschiebetag zu Freunden

Doch woran scheitern so viele Abschiebungen? Laut der MK-Sprecherin tauchen viele Menschen unter, wenn klar ist, dass sie Deutschland verlassen sollen. „Sie ziehen dann häufig ungemeldet zu Familienmitgliedern oder Freunden, deren Anschriften der Ausländerbehörde nicht bekannt sind.“ In einigen Fällen widersetzen sich Menschen an ihrem Abflugtag den Behörden auch derart, dass eine Rückführung an diesem Tag nicht durchführbar ist.

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Untertauchen mittlerweile in mehr als der Hälfte aller Abschiebefälle

Schwierig werde es grundsätzlich immer dann, wenn sich Personen am Abschiebungstag nicht an der Wohnanschrift aufhalten. Auf die Frage, wie oft es im Kreisgebiet passiert, dass ausreisepflichtige Ausländer nicht abgeschoben werden können, weil sie nicht angetroffen werden, lautet die klare Antwort für den MK: „Regelmäßig. Mittlerweile in der überwiegenden Zahl der Fälle.“ Bei einigen Personen sei zudem die Klärung der Identität von vornherein schwierig oder nicht möglich.

Wer nicht anzutreffen ist, wird zur Fahndung ausgeschrieben

Und was geschieht, wenn ein ausreisepflichtiger Ausländer nicht anzutreffen oder auffindbar ist?
Dann, so die Antwort, werde die betreffende Person zur Festnahme ausgeschrieben. In der Regel erfolgten daraufhin Festnahmeversuche und Abschiebungsplanungen. Nach einer erfolgten Verhaftung kommen die Menschen dann bis zum Abflug in Abschiebungshaft oder Ausreisegewahrsam. So soll verhindert werden, dass sie erneut abtauchen.