Lendringsen. Als Kind hat Thomas Wortmann schon in dem Lendringser Geschäft herumgetollt. Nun muss er das Modehaus schließen. Hintergründe zum Wortmann-Aus.

An der Lendringser Hauptstraße wird es zum Jahresende einen tiefen Einschnitt geben: Das Modehaus Wortmann wird nach 72 Jahren schließen, falls nicht noch ein Wunder geschieht. Geschäftsführer Thomas Wortmann, heute 64, zieht es jedenfalls nach Norden bei Norddeich, wo sein Sohn als Arzt praktiziert. In Lendringsen geht damit wirklich eine Ära zu Ende. Das Modehaus mit seiner langen Glasfront ist seit Jahrzehnten prägend fürs Dorf.

Thomas Wortmann: Ohne Nachfolger bleibe am Schluss nur die Geschäftsaufgabe

„Das alles fällt uns nicht leicht“, sagt Wortmann leise, „ich selbst bin ja in diesen Räumen aufgewachsen.“ Doch ohne Nachfolger, und die seien trotz gut laufender Geschäfte und einiger Nachfragen auch im Kreise der langjährig Beschäftigten bisher nicht in Sicht, bleibe am Schluss nun einmal nur die Geschäftsaufgabe. Das sei aus seiner Sicht sehr schade, „denn hier ist immer noch viel möglich, das Gebäude wird verkannt“. Er selbst habe jetzt aber etwas anderes vor, auch beruflich wolle er sich durchaus noch nicht zur Ruhe setzen. Daher laute seine Devise ganz klar: „Das Leben ist zu kurz für irgendwann!“

„ Hier ist immer noch viel möglich. Das Gebäude wird verkannt.“

Thomas Wortmann
Geschäftsführer des Modehauses
Geschäftsführer Thomas Wortmann vor der neuen Herbstkollektion: Es wird die letzte sein, die in seinem Modehaus präsentiert wird.
Geschäftsführer Thomas Wortmann vor der neuen Herbstkollektion: Es wird die letzte sein, die in seinem Modehaus präsentiert wird. © Westfalenpost | Thomas Hagemann

1952 eröffnete sein Vater Josef das Modegeschäft Wortmann an der Lendringser Hauptstraße, acht Jahre später kam Sohn Thomas zur Welt. Schon als kleiner Junge lief Thomas zwischen Kleiderständern und Regalen herum, und die Mode sollte ihn sein Leben lang nicht mehr loslassen: 1979 begann er bei Sinn Moden seine dreijährige Lehre zum Einzelhandelskaufmann.

Modehaus Wortmann über Jahrzehnte auch ein Aktivposten fürs Dorf

Seinem Lendringsen blieb er ebenfalls treu: Thomas Wortmann engagierte sich auch als Geschäftsführer in vielfältiger Weise fürs Dorf. Das Textilhaus machte bei Veranstaltungen aller Art mit, unterstützte die Lürbker Schützen mehr als drei Jahrzehnte lang mit sehenswerten Ausstellungen im Schaufenster. Zum Lendringser Dorfadvent 2018 stand dort erstmals auch ein Stall für eine lebensgroße Krippe: Im Weihnachtsstand standen damals Schaufensterpuppen, die sich dank handgenähter Kostüme von Thomas‘ Schwester Annette Wortmann in Maria und Josef verwandelten. In kleinerem Format durfte der legendäre Lürbker Krippenbauer Uli Ostermann über viele Jahre zur Adventszeit seine Werke im Wortmannschen Schaufenster präsentieren.

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Die lebensgroße Krippe im Modehaus präsentierte Thomas Wortmann zum Lendringser Dorfadvent 2018.
Die lebensgroße Krippe im Modehaus präsentierte Thomas Wortmann zum Lendringser Dorfadvent 2018. © Frank Saul | Frank Saul

Geschäftlich gab es über all die Jahre die üblichen Aufs und Abs, doch bis auf ein kleines Intermezzo zwischen 2009 und 2011, als das Geschäft vermietet war und „Denaro“ hieß, blieb das Modehaus Wortmann immer das Modehaus Wortmann. Für den Lendringser änderte sich seit seiner Rückkehr gleichwohl einiges: „Die Waren der Hersteller werden heute über einen Vermittler an uns vergeben, das mindert das eigene geschäftliche Risiko enorm.“ Deshalb habe es die Schließung zum jetzigen Zeitpunkt auch nichts mit der gerade laufenden Erweiterung des Mitbewerbers am Salzweg-Kreisel zu tun. Wortmann sieht sehr wohl auch gute wirtschaftliche Perspektiven für einen Nachfolger, und ihm ist in solchen Momenten anzumerken, dass er sich ein Fortbestehen seines Traditions- und Familienbetriebes wünschen würde. Käme der Interessent plötzlich noch um die Ecke gebogen: Wer weiß, was noch alles ginge.

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Der Normalfall bliebe heutzutage allerdings tatsächlich die Schließung. Und in jedem Fall will sich Thomas Wortmann dann nochmals im Namen der Familie und des ganzen Hauses bei seinen treuen Kundinnen und Kunden bedanken: „Da kommt dann noch was.“