Menden. Land unter im Mendener Süden. Vor allem Lendringsen von Starkregen wieder extrem betroffen. So ist die Lage.
Die Mendener Feuerwehr ist seit dem späten Donnerstagnachmittag im Dauereinsatz in Lendringsen. Der starke Regen hat im Mendener Süden dafür gesorgt, dass in etlichen Bereichen dort „Land unter“ gilt.
Betroffen waren beispielsweise die Marien-Apotheke, die Physiotherapiepraxis Fiebig, bei „Breunig und Kölling“ lief der Fahrstuhlschacht voll, und bei Tedi lief das Wasser bis ins Lager. Geschäftsleute und Mitarbeitende arbeiteten mit Flitschen und Handtüchern gegen das Wasser an. Ebenso erging es vielen Lendringsern in ihren privaten Häusern und Garagen.
Alle verfügbaren Einsatzkräfte gebunden
Autos pflügen sich beispielsweise auf der Lendringser Hauptstraße den Weg durch die Wassermassen, die sich dort insbesondere am Bieberberg-Kreisel stauen. Wie die Feuerwehr meldet, waren alle verfügbaren Einsatzkräfte durch die Einsätze gebunden.
Stadtalarm ausgelöst
Angesichts der Fülle der Einsätze und Anrufe wurde Stadtalarm ausgelöst, wie Feuerwehr-Sprecher Fabian Kreutz auf Nachfrage der Westfalenpost berichtet.
Überflutete Straßen und vollgelaufene Keller
„Durch den Starkregen ist es vor allem im südlichen Stadtbereich zu überfluteten Straßen und vollgelaufenen Kellern gekommen“, erklärt die Feuerwehr. Die Einsatzstellen wurden durch den Stab in der Feuerwache erfasst, priorisiert, an die Einheiten verteilt und entsprechend abgearbeitet.
Vor allem von der Lendringser Hauptstraße melden sich Betroffene. Aber auch von Anwohnern weiterer Straßen im Mendener Süden ist zu hören, dass ihre Keller und auch Garagen volllaufen. Betroffen waren neben der Lendringser Haupstraße zum Beispiel auch die Schulstraße und die Friedhofstraße, bilanziert Fabian Kreutz.
„Das war einfach zu viel Regen in zu kurzer Zeit.“
Und warum konnte das Regenwasser nicht ablaufen? Das habe nichts mit verstopften Abflüssen zu tun, sagt Fabian Kreutz: „Das war einfach zu viel Regen in zu kurzer Zeit.“ Man habe vor Ort gesehen, dass das Regenwasser dann später abgelaufen sei – oft auch ohne weiteres Zutun der Feuerwehr. Denn die Profi-Pumpen der Feuerwehr brauchen auch eine gewisse Wasserhöhe, um eingesetzt werden zu können, erläutert Fabian Kreutz
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Gegen 18.30 Uhr konnte die Feuerwehr die insgesamt 35 Einsätze beenden. Aber: „Wir behalten die Lage natürlich im Blick“, sagt Fabian Kreutz. „Es ist noch nicht absehbar, ob gegen 19.30 oder 20.30 Uhr noch mal mehr runterkommt.“ Falls das so sein sollte, seien die Einsatzkräfte dann „schnell wieder vor Ort“.
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Anwohnerin verzweifelt: Alle paar Monate ein neuer Boden
Die Nase voll bis obenhin haben unterdessen die Anlieger des Bieberberg-Kreisels. Brigitte Fiebig, Inhaberin der Physiotherapie-Praxis an der Lendringser Hauptstraße, wischt mit ihren Mitarbeiterinnen Kristina Sondermann und Gitta Erbe das Wasser vom Laminatboden. Als sie sieht, dass es auch darunter steht, ist sie den Tränen nahe: „Das ist seit der Fertigstellung jetzt das vierte Mal! Davor hatten wir nie Wasser im Haus. Heute stand es wieder bis hinten zu den WCs. Jetzt fallen Kurse und Therapien aus. Und ich kann auch nicht alle paar Monate einen neuen Boden legen.“
Rückstauklappen helfen nicht: Wasser schwappt durch die Ladentüren
Alle Anlieger hier hätten längst die Rückstauklappen, die der Stadtentwässerungsbetrieb allen Hausbesitzern in Menden so dringend empfiehlt. „Aber die helfen nichts, wenn das Wasser oben durch die Türen in unsere Häuser läuft.“ Das sei heute auch wieder passiert, obwohl die Geschäftstür bei Fiebigs eine neue, abdichtende Schwelle erhalten habe.
Vorbeifahrende Autos schwemmen das Regenwasser stärker in die Gebäude
Auch nebenan bei Tedi versuchen sie mit Handtüchern, Flitschen und Trocknungsgeräten der Wassermassen Herr zu werden. Der gesamte Markt sei betroffen, bis ganz nach hinten ins Lager, heißt es im Geschäft, das heute wegen der Aufräumarbeiten früher geschlossen hat. Zwei Türen weiter, in der Marien-Apotheke, stand das Wasser anfangs knöchelhoch, „und jedesmal, wenn draußen ein SUV vorbeirauschte, ist es wieder in Wellen in unsere Geschäftsräume geschwappt“, berichtet Mitarbeiterin Antje Landwehr. Die Gullydeckel am Kreisel hätten regelrecht auf dem herausschießenden Wasser getanzt, „einen halben Meter hoch“.
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Gullydeckel tanzen einen halben Meter hoch auf dem Wasser
Für alle Betroffenen hier ist die Ursache klar: Die im Zuge des Kreiselbaus verlegten Entwässerungskanäle sind schlicht zu mickrig. Das hatte im Dezember auch der SEM-Betriebsleiter Michael Mathmann eingeräumt und Abhilfe versprochen. Wie berichtet, sollen nun die Kanäle in der Bürgermeister-Weingarten-Straße erneuert werden, um die Hauptstraße nicht erneut aufreißen und den Verkehr in Lendringsen massiv behindern zu müssen.
SPD: Menden lässt seinen größten Stadtteil einfach im Regen stehen
Der SPD-Ortsvereinsvorsitzende Mirko Kruschinski, mit seiner Agentur Anlieger des Kreisverkehrs, sagte auf WP-Anfrage: „Es ist längst klar, was wir von Anfang an gesagt haben: dass die Kanäle hier unterdimensioniert sind.“ Doch seit das endlich auch von der Stadt offiziell eingeräumt wurde, sei schon wieder ein weiteres halbes Jahr ohne Gegenmaßnahmen verstrichen. Auch andere Ratsfraktionen täten laut Kruschinski gut daran, „diese Sache hier so ernst zu nehmen, wie sie tatsächlich ist. Es kann doch nicht sein, dass die Stadt Menden ihren größten Stadtteil wirklich im Regen stehen lässt.“
Auch größere Kanäle schützen nicht vor jedem Unwetter
Allerdings hatte Thomas Höddinghaus, Projektleiter für die neuen Hochwasser- und Starkregenkarten der Stadt Menden, keine Garantie für Sicherheit bei extremem Starkregen abgegeben: „Dann spielt das Kanalnetz keine Rolle mehr, das muss man klipp und klar sagen.“ Das gelte auch, wenn wild abfließende Wassermassen aus Feldern und Wäldern hinzukommen. Höddinghaus: „Ein Kanalnetz, dass so etwas aufnehmen könnte, ist nicht zu bezahlen.“