Menden. Traurige Nachricht für Menden: Im Alter von 91 Jahren ist die frühere langjährige Schulleiterin des WBG, Schwester Maria Virgina, verstorben.
Diese Frau hat viele heranwachsende Mendenerinnen und Mendener geprägt – und später Menschen in der letzten Phase des Lebens begleitet. Die frühere Direktorin des Walburgisgymnasiums, Schwester Maria Virgina Schütze, ist in der Nacht zu Mittwoch im Alter von 91 Jahren verstorben.
An ihr Lächeln erinnern sich Generationen von Mendener Schülerinnen und Schüler. Schwester Virgina war eine Schulleiterin, die „ihr“ Lyzeum mit Güte, Weitblick und – wenn nötig – auch Strenge führte. Sie war im besten Wortsinn eine Respektsperson. Generationen von Mendenern vermittelte sie das Bild einer absolut authentischen Persönlichkeit, die tief im Glauben verwurzelt, aber dennoch weltoffen ist.
Zahlreiche Beileidsbekundigungen auch online
Welch beeindruckende Frau Schwester Virgina war, spiegelt sich auch in den zahlreichen Beileidsbekundungen, die etwa im sozialen Netzwerk Facebook veröffentlicht wurden, wider. Dort heißt es beispielsweise: „Sie war eine tolle Frau!“, „Welch traurige Nachricht und welch großartige Lebensleistung! Möge sie in Frieden ruhen“, „Habe sie in guter Erinnerung“, „Ein toller Mensch, den ich nie vergessen werde. Ohne sie wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin. Ich bin ihr sehr dankbar“ und „Mit Schwester Virgina verbinde ich so viele Erinnerungen an meine Schulzeit am WBG. Sie kannte alle Schülerinnen und Schüler beim Namen. Auf dem Flur begegnete sie uns meist gütig lächelnd und zunickend, manchmal aber durchaus mit strengem Blick, dem nichts entging – auch keine ihrer Auffassung nach zu kurze Hose oder versäumte Teilnahme an der Schulmesse. Für die Belange ihrer Schule setzte sie sich mit viel Herzblut ein und hatte immer ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte ihrer Schützlinge.“
Schwester Virgina leitete das Walburgisgymnasium in einer Zeit, in der auch zahlreiche Schwestern die verschiedenen Unterrichtsfächer unterrichteten. Und sie war eine nahbare Lehrerin, die ihren Beruf mit viel Herzblut ausübte. Dazu konnte es auch gehören, etwa bei einem Schulfest in Ordenstracht auch mal in der Turnhalle auf dem Sportfeld zu stehen und mitzumachen.
In ihrem Nachruf hebt die Ordensgemeinschaft der heiligen Maria Magdalena Postel (SMMP) hervor, dass Schwester Virgina ein Leben für den Nächsten geführt hat. Sie kam nach einer Kindheit in Berlin infolge der Bedrohungen durch den Bombenkrieg ins Eichsfeld und machte ihr Abitur am Gymnasium der Ordensgemeinschaft in Heiligenstadt. Nach der Flucht in den Westen setzte sie sich anfangs in der Pflege tuberkulosekranker Kinder ein, bis sie in Geseke in die Ordensgemeinschaft der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel eintrat.
In Münster Germanistik und Geschichte studiert
Sie absolvierte zunächst eine Ausbildung zur Volksschullehrerin und studierte dann in Münster Germanistik und Geschichte, berichtet die Ordensgemeinschaft. Nach dem Referendariat in Kassel wirkte sie seit 1966 als Lehrerin am Walburgisgymnasium in Menden.
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1973 wurde Schwester Virgina Direktorin des Walburgisgymnasiums. Ihre Jahre als Schulleiterin seien anfangs geprägt gewesen von massivem Lehrermangel, stark wachsenden Schülerzahlen und dadurch bedingten baulichen Erweiterungen der Schulgebäude. Sporthalle, Fachräume und ein Klassentrakt wurden während ihrer Leitung errichtet.
Schulpartnerschaften aufgebaut
Schwester Virgina baute Schulpartnerschaften auf und erweiterte das Fächerangebot am Walburgisgymnasium stark – auch, um die Schule gut für die Zukunft aufzustellen. Gleichzeitig zeugen die Beispiele von ihrer Weltoffenheit.
Als sie 1997 pensioniert wurde, übernahm Schwester Maria Thoma die Leitung des WBG. „In Menden fühlten sich weiterhin viele Kolleginnen und Kollegen mit ihr verbunden“, heißt es im Nachruf des Ordens. „Die Schulgemeinschaft erinnerte sich dankbar an die lange Zeit ihres Wirkens.“
Rückzug und Stillstand wegen ihres Ruhestands? Das hätte nie zu dieser Ordensfrau gepasst. Die umtriebige Schwester Virgina übernahm wie selbstverständlich neue ehrenamtliche Aufgaben. Zum einen unterrichtete sie noch 15 Jahre ausländische Gastschülerinnen und -schüler sowie ausgesiedelte Jugendliche in der deutschen Sprache. Und zum anderen engagierte sie sich in der Hospizbewegung.
So arbeitete sie ab 1998 im Mendener Hospizkreis mit, davon mehrere Jahre auch im Vorstand. „Unzähligen älteren Menschen und ihren Angehörigen wurde sie in den vielen Jahren zu einer kundigen und einfühlsamen Begleiterin“, erklärt die Ordensgemeinschaft.
„Sie war eine starke Frau, eine sehr starke Persönlichkeit, die gleichzeitig aber genau wusste, was gute Teamarbeit ist.“
Als „eine der wirklich großen Frauen unserer Stadt“, würdigt denn auch Wilderich von Boeselager vom Hospizkreis Menden die Verstorbene. Schwester Virgina sei eine „starke Frau, eine sehr starke Persönlichkeit, die gleichzeitig aber genau wusste, was gute Teamarbeit ist“. Der Hospizkreis hebt nachdrücklich hervor, welche Bereicherung Schwester Virginas Arbeit in all den Jahren gewesen sei, nachdem sie sich „auf dem damals noch ganz jungen Gebiet der Sterbebegleitung“ umgesehen und kundig gemacht hatte.
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Mit ihren vielfältigen internationalen Kontakten und ihrer ungebrochenen Dynamik habe Schwester Virgina 1998 ihre Recherche dort begonnen, „von wo Hospizgedanke und Palliativmedizin ihren weltweiten Ursprung genommen hatten: Im ,St. Joseph Hospice‘ von Cicely Saunders in London. Anschließend vertiefte sie ihre Erfahrungen sogar in den USA, und zwar im ,Memorial Hospice‘ in Worcester, Massachusetts. Und all ihre Erfahrungen brachte sie mit Freuden ein in unseren noch jungen Hospizkreis Menden.“
Großer Benefizabend auf der Wilhelmshöhe
Wilderich von Boeselager erinnert sich stellvertretend für den Hospizkreis an das Engagement, „das man nicht unbedingt einer Nonne zugetraut hätte: Kaum zurück aus den USA, ermunterte sie unseren Vorstand, in den sie schon 1999 gewählt worden war, am ,Hospice Day‘ im November ein Benefizkonzert ,Dixi in Concert‘ zu veranstalten, bei dem fast 500 Mendenerinnen und Mendener den Hospizkreis auf der Wilhelmshöhe kennenlernen und mit einer kräftigen Anschub-Finanzierung unterstützen konnten.“
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Im Frühjahr 2000 wurde sie für zwei Jahre 1. Vorsitzende des Hospizkreises. „Nicht als ob sie sich aufgedrängt hätte, keineswegs“, so Wilderich von Boeselager. „Vielmehr gab sie selbst zu bedenken, ob das Image einer Ordensfrau für einen Verein nicht störend sein könne, der ausdrücklich ALLE Menschen in ihrer letzten Lebensphase, ,unabhängig von ihrer Abstammung, ihrer Rasse, ihrer Sprache, ihrer Herkunft, ihres Glaubens, ihrer religiösen und politischen Anschauungen‘ (Satzung) begleiten will. Doch sie wurde einstimmig gewählt, weil jede und jeder im Hospizkreis längst ihre absolute Integrität erspürt hatte.“
Natürlich sei auch für Schwester Virgina die persönliche Begleitung von Menschen in ihrer letzten Lebensphase das Allerwichtigste ihres eigenen Engagements gewesen. Als eine Patientin eines Seniorenheims, die Schwester Virgina regelmäßig besucht hatte, während eines Wochenendes ganz ohne Angehörige verstorben sei, sei ein juristisches Problem aufgetreten, „das nicht nur für unseren Verein ganz neu war: Die Verstorbene wurde vom Ordnungsamt der Stadt anonym bestattet und es war völlig unklar, ob sich überhaupt jemand verabschieden durfte, ob die Sterbebegleiterin wissen durfte, wo der Leichnam aufgebahrt war, und ob jemand die Grabstätte kennen dürfe.“
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Für Schwester Virgina sei dies Grund genug gewesen, „unseren Bürgermeister zu bestürmen und zu bedrängen, bis die juristischen Fragen von Fachleuten befriedigend geklärt waren. Es dauerte fast ein Jahr.“ Seitdem habe der Hospizkreis für 307 Mendener Bürger und Bürgerinnen, die ohne Angehörige gestorben sind, eine Trauerfeier abgehalten. „Ein sehr besonderer Dienst, der inzwischen vielerorts Nachahmung gefunden hat“, bilanziert Wilderich von Boeselager. „Dies kann unsere Stadt und mit ihr der Hospizkreis unserer Schwester Maria Virgina Schütze ganz besonders verdanken.“
Für ihr herausragendes Engagement im Hospizdienst wurde Schwester Virgina 2013 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Die Laudatio hielt der damalige Landrat Thomas Gemke, der einst Schüler am Heilig-Geist-Gymnasium gewesen war, aber zwei Jahre größtenteils am Walburgisgymnasium unterrichtet wurde.
Ein tiefer Einschnitt war für viele Mendener, als sich Schwester Virgina aus der Hönnestadt verabschiedete, war die Ordensschwester doch in Gedanken stets mit Menden verbunden. Ab 2012 verbrachte sie ihren Lebensabend in Geseke, wo sie auch ihr Ordensleben begonnen hatte.
Das Requiem für Schwester Virgina wird am Donnerstag, 7. März, ab 14.30 Uhr in der Kirche des Bergklosters Bestwig gefeiert. Anschließend findet die Beerdigung auf dem Klosterfriedhof statt.