Morsbach/Kirchhundem. Andreas Reinéry tritt fünf Jahre nach seiner Wahlniederlage erneut als Bürgermeisterkandidat an. Bislang ist er der einzige Bewerber.
Der Plan erinnert ein wenig an den Werdegang von Bernhard Vogel: 1976 bis 1988 Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, trat dieser nach einer Pause 1992 in Thüringen für das höchste Amt im Freistaat an und war dann bis 2003 Ministerpräsident von Thüringen. Bis dato übrigens der erste und bislang einzige Fall in der Bundesrepublik, dass ein Mensch zwei Bundesländer regiert hat. Nun will der ehemalige Bürgermeister der Gemeinde Kirchhundem, Andreas Reinéry, auf kommunaler Ebene dasselbe tun. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass er in seiner Heimatgemeinde Morsbach bei der Kommunalwahl Ende des Jahres zum neuen Bürgermeister gewählt wird.
Die WESTFALENPOST im Kreis Olpe ist auch bei WhatsApp. Jetzt hier abonnieren.
Folgen Sie uns auch auf Facebook.
Bestellen Sie hier unseren Newsletter aus dem Kreis Olpe.
Alle News aufs Handy? Jetzt die neue WP-App testen.
Die WP im Kreis Olpe ist jetzt auch bei Instagram.
Die SPD in Morsbach, dem Wohnort von Andreas Reinéry, wo er auch während seiner Zeit als Kirchhundemer Bürgermeister gemeldet war, hat den in Wissen im Landkreis Altenkirchen geborenen 60-Jährigen zu ihrem Kandidaten nominiert. Andreas Reinéry hatte nach acht Jahren als Polizeivollzugsbeamter ab 1987 zunächst ein Studium absolviert und war dann zunächst als Dienstaufsicht zum Hauptpostamt Gummersbach gewechselt, hatte nach sechs Monaten von 1990 bis 1992 eine Stabsstelle beim Oberkreisdirektor des Rhein-Sieg-Kreises im Referat für Wirtschaftsförderung erhalten, dann drei Jahre als Regierungsoberinspektor beim Bundesamt für die Anerkennung politischer Flüchtlinge in Köln gearbeitet, dann weitere drei Jahre bei der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Bonn als Regierungsamtmann im Stabsreferat des Vorstands verbracht und dann fünf Jahre lang beim Bundesrechnungshof in Köln und Bonn gearbeitet.
Ende 2003 wählte ihn der Rat der Stadt Bad Berleburg zum Beigeordneten, was auch die Funktion des Kämmerers beinhaltete. 2007 wurde er dann Abteilungsleiter für Stadterneuerung und Controlling der Stadt Bad Berleburg. Nachdem er 2009 vergeblich angetreten war, in Reichshof Bürgermeister zu werden, nominierte ihn 2014 die oppositionelle SPD Kirchhundem zu ihrem Bürgermeisterkandidaten, die Wahl gewann er überraschend. Den Erfolg konnte Reinéry aber nicht wiederholen; fünf Jahre später unterlag er seinem bisherigen Untergebenen, dem damaligen Bauamtsleiter der Gemeinde Kirchhundem, Björn Jarosz, der, seinerzeit ebenfalls parteilos, von der CDU vorgeschlagen wurde und die Wahl deutlich mit fast zwei Dritteln der Stimmen für sich entschied. Christdemokrat Alfred Bierhoff hatte Reinéry in der letzten Ratssitzung seinerzeit so verabschiedet: „„Es war nicht immer einfach mit Ihnen, aber vielleicht war es auch nicht immer einfach mit uns.“
Die Morsbacher SPD begründet ihre Entscheidung auf ihrer Homepage so: „Mit Andreas Reinery als parteilosem und unabhängigem Kandidaten geht die SPD nach einstimmigem Mitgliedervotum in den Wahlkampf um das Bürgermeisteramt in Morsbach“, so stellv. Vorsitzender Tobias Schneider. Reinéry habe „langjährige Erfahrung als Bundes-, Landes-, und Kommunalbeamter“. Der parteilose Andreas Reinéry als auch die SPD „werben angesichts der vielfältigen kommunalen Krise und extremistischer Bedrohung darum, auch die anderen demokratischen Morsbacher Parteien hinter dem Verwaltungsexperten zum gemeinsamen Engagement in der Gemeinde zu gewinnen“, heißt es weiter.
Aus unserem Archiv
In der Gemeinde im Oberbergischen Kreis ist die Ausgangslage vollkommen anders als in Kirchhundem: Stärkste politische Kraft im Rat ist hier die Liste der „Bürger für Morsbach“, die mit 34 Prozent bei der Wahl die CDU mit 32 Prozent auf Rang 2 verwies. Beide haben je neun SItze. Die SPD errang 19 Prozent, dazu kommen Grüne mit 9 und FDP mit 4 Prozent. Bürgermeister ist derzeit der parteilose Jörg Bukowski, der 2020 zum dritten Mal in sein Amt gewählt wurde und stolze 76 Prozent holte. Er tritt jedoch nicht wieder an. Er war bei seiner ersten Wahl 2009 von Unabhängigen, SPD, FDP und Grünen unterstützt worden und hatte seinen CDU-Konkurrenten mit über 70 Prozent weit hinter sich gelassen. Bislang hat die CDU keinen eigenen Bürgermeisterkandidaten nominiert.
Zu seinen Beweggründen befragt, erklärte der ehemalige und möglicherweise künftige Bürgermeister gegenüber unserer Zeitung: „Gern erinnere ich die Zeit in Kirchhundem, in der es ja auch viele schöne Erfolge zu feiern gab mit vielen netten Menschen und Dorfgemeinschaften. Die letzte Zeit habe ich mit dem Support meiner sieben Kids, dem Kümmern um die alten Eltern und vielen Reisen, Bergsteigen und Fliegen sowie als Dozent für Kommunal- Verwaltungs- und Staatsrecht am Rheinischen Studieninstitut zugebracht, eine perfekte Zeit.“ Doch ergebe sich nun die Situation, dass im Oberbergischen Kreis zehn von 13 Bürgermeistern aufhören, „auch der Bürgermeister meiner Heimatgemeinde, während Morsbach in vielen kommunalpolitischen Fragestellungen vor einer Zäsur steht“. Schon vorletztes Jahr hätten ihn drei andere Kandidaturanfragen erreicht, „die ich ablehnte. Der Morsbacher Anfrage hab ich dann nicht mehr widerstehen können, weil es um meine Heimat geht und es ja auch ehrt, anerkennt und Freude macht, meinen Mitbürgern nun das Angebot für eine Legislatur zu machen“, dies werde aber „klar wieder parteilos und unabhängig, und begleitet von Demut für das bislang gesunde gelingende Arbeitsleben“ erfolgen.