Welschen Ennest. Viele Familien träumen vom Eigenheim. In Welschen Ennest entstehen jetzt drei Reihenhäuser mit 18 Wohnungen – neue Bauweise erregt Aufmerksamkeit.

Wände und Decken aus massivem Holz, schwebende Bäder, die fix und fertig und mit allem Drum und Dran montiert werden und eine Stromheizung, die keine Heizkosten verursacht, sondern sogar bares Geld einbringen soll – das Reihenhaus mit sechs Wohneinheiten, das derzeit am Johann-Heinrich-Limper-Weg in Welschen Ennest entsteht, stellt die Vorstellung vom klassischen Wohnungsbau in vielfacher Hinsicht auf den Kopf.

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„Geradezu revolutionär“ werden einige sagen, Architekt Tobias Hermes, Bauherr und Chef des Lennestädter Architekturbüros „Archifaktur“, nennt es lieber „gut durchdacht“ – und zwar vom Anfang bis zum Ende. Zum einen erkannte er schnell das Potenzial des Grundstücks im prosperierenden Ort Welschen Ennest und sicherte sich gleich drei große Bauplätze auf dem Gelände des früheren Marienheims. Zum anderen weiß er aus Erfahrung, wie man jungen Familien in diesen teuren Zeiten den Wunsch vom Eigenheim dennoch erfüllen kann, ohne bei Qualität und Komfort Abstriche machen zu müssen.

Das neue Bad
Das neue Bad von innen, nur der Spiegel und der Bodenbelag fehlen noch.   © Volker Eberts | Volker Eberts

Hermes und sein Team haben sich auf Holzmassivbau spezialisiert. Wände und Decken über dem Untergeschoss aus Stahlbetonwänden sind aus massiver Tanne oder Fichte, „die Decken aus Oedingen vom Sägewerk Schmelter, die Wände aus Österreich“, so der Architekt. Wer den Rohbau betritt, kann den natürlichen Werkstoff Holz sofort riechen. „Holz sorgt für ein sehr gutes Raumklima, hat hervorragende Dämmeigenschaften und die Feuchtigkeit durch Kochen oder Ausdunstung wird durch die diffusionsoffene Konstruktion sofort kompensiert“, so Projektleiter Manuel Molitor, Schreinermeister und Techniker für Holzbau.

Komplettes Badezimmer wird eingehoben
Imposanter Anblick: Das komplette Badezimmer hängt an Seilen und wird mit einem Kran an seinen Platz im Haus gehievt. Wie lange der Einbau wohl dauert? © Volker Eberts | Volker Eberts

Nachhaltiges Bauen mit natürlichen Baustoffen wird immer beliebter, „gerade jüngere Bauherren legen den Fokus darauf“, so Hermes. Aber letztlich geht es immer ums Geld. „Für junge Familien ist es heute megaschwer, neu zu bauen“, weiß er. Das Reihenhaus sei eine preisgünstige Alternative und die Bauweise mit vorgefertigten Elementen einfacher, schneller und damit auch günstiger. Gestartet im Oktober soll das erste Haus im neuen „Marienpark Welschen Ennest“ bereits im Mai/Juni bezugsfertig sein. Aber nicht nur die Wände mit passgenauen Schlitzen und Aussparungen für Elektrokabel und -schalter werden vorgefertigt, auch die Bäder und Gäste-WCs werden fix und fertig, mit Waschbecken, Duschwand und sogar Toilettenrollenhalter, angeliefert, dann mit einem Kran an Ort und Stelle gehievt und verschraubt. Kein Fliesenleger, kein Installateur muss hier noch groß Hand anlegen, lediglich Strom, Wasser und Abwasser müssen angeklemmt werden – „Plug & Play“ sozusagen. Dann noch die Tür einbauen – fertig!

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Dass es sich um ein Holzhaus handelt, ist von außen nicht sichtbar. Die Außenwände bekommen eine 24 Zentimeter starke Dämmung aus Mineralwolle und werden verputzt. Die Fenster haben eine Dreifach-Isolierverglasung und außen angebrachte Zip-Screens mit Solarmodulen für den sommerlichen Hitzeschutz, sodass das Haus den Energiestandard KfW 40 erreicht.  Dieser Dämmungsgrad erlaube es dann, eine „Nur-Strom-Heizung“ einzubauen, erklärt der Architekt.

Marienpark Welschen Ennest
So sollen die Reihenhäuser im Marienpark Welschen Ennest von hinten aussehen. © Volker Eberts | Volker Eberts

Für die Beheizung ist jeder Raum mit einer Infrarotheizung ausgerüstet, bestehend aus einem etwa 60 mal 60 Zentimeter großen, flachen Heizmodul an der Decke, das mit Strom betrieben wird. Der Strom dafür sowie für die gesamte energetische Versorgung des Hauses kommt vom Dach. Jede einzelne Wohnung hat eine eigene PV-Anlage inklusive Batteriespeicher. Hermes ist überzeugt, dass die PV-Anlagen viel mehr Strom produzieren als benötigt wird. Der überschüssige Strom im Sommer wird ins öffentliche Netz eingespeist, im Winter dagegen muss Strom aus dem Netz bezogen werden, aber viel weniger als zuvor eingespeist wurde. Unterm Strich gehen die Planer sogar davon aus, dass am Ende des Jahres bei den jetzt üblichen Entgelten mehr als 900 Euro an die Mieter zurückfließen werden. Dies sei keine Wunschvorstellung, „wir haben das sehr konservativ gerechnet“, so der Architekt. 

Mieten oder kaufen

Das erste Reihenhaus im neuen Marienpark soll im Juni fertig sein, das zweite im Dezember, das dritte Ende 2026, dann werden alle 18 Wohneinheiten dem Wohnungsmarkt zur Verfügung stehen. Der Mietpreis ohne Nebenkosten wird bei etwa 10 Euro pro Quadratmeter liegen, aber auch der Verkauf einzelner Einheiten als Eigentumswohnung sei nicht ausgeschlossen, so der Bauherr. Interessierte Mieter oder Käufer können sich hierzu bei der Immobilienabteilung der Sparkasse Attendorn-Lennestadt-Kirchhundem melden.

Das Pestel-Institut, das sich mit der Forschung regionaler Wohnungsmärkte beschäftigt, ermittelte im September 2024 in einer ausführlichen Regional-Analyse alarmierende Zahlen für den Kreis Olpe. Im Landkreis fehlen mehr als 1200 Wohnungen. Um das bestehende Defizit abzubauen, müssten ab sofort pro Jahr 460 Wohnungen neu gebaut werden, auch weil potenzielle Mieter oft in leerstehende Wohnungen nicht einziehen könnten, weil diese stark sanierungsbedürftig seien. Hoffnung auf schnelle Besserung sei trotz positiver Entwicklungen – wie in Welschen Ennest – nicht in Sicht.

Alle drei Häuser, die mit rund zehn Meter Abstand nebeneinander gebaut werden, bieten jeweils sechs gut ausgestattete Wohnungen mit unterschiedlichen Aufteilungen je nach Lebenslage, also für Familien, Best-Ager oder Senioren. Im Untergeschoss befinden sich drei barrierefreie Zwei-Zimmer Wohnungen (ca. 55 qm). Die drei Fünf-Zimmer Wohnungen in Erd- und Obergeschoss (ca. 115 qm) erstrecken sich jeweils über zwei Geschosse, verbunden mit einer eigenen Treppe. Jede Wohnung verfügt außerdem über Südbalkon bzw. Terrasse, eigene Parkplätze etc.