Elspe. Beim „WP-Mobil“-Treff im neuen „Schützenstübchen“ in Elspe kommt so manches heiße Eisen auf den Tisch. Selbstbewusste Elsper zeigen klare Kante.
Wer glaubt, interessante Unterhaltung gebe es in Elspe nur auf der Freilichtbühne, der irrt. Zwei Stunden lang diskutierten mehr als 20 interessierte Bürgerinnen und Bürger am Donnerstag mit der WP-Redaktion im nagelneuen „Schützen-Stübchen“ über das, was den Ort auszeichnet und was die Elsper umtreibt. Fazit nach 120 anregenden Minuten: In Elspe lässt sich prima leben und der Ort hat „fast“ alles, was ein Dorf braucht: gute soziale und wirtschaftliche Infrastruktur, ein Vorzeige-Zentrum mit Gellestadt und Jakobus-Kirche, eingebettet in eine intakte Landschaft und Natur. Klar ist aber auch: Die Elsper sind ein selbstbewusstes Volk und bei einigen Themen würden sie es am liebsten wie Winnetou und Old Shatterhand halten: einfach mal draufhauen.
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B 55, der Schlafkiller
Mit der nächtlichen Ruhe im Ort ist es seit zwei Jahren vorbei. Seit der Sperrung der A 45 bei Lüdenscheid rollen die Lkw-Kolonnen Richtung Osten rund um die Uhr durch den Ort. „Die Ortsdurchfahrt ist immer rappelvoll, ich bin mit dem Fahrrad schneller als mit dem Auto“, so Maximilian Ellinger. Aber nicht nur Lärm und Dieselgestank nerven, „das Radfahren ist gefährlich geworden, durch die Lkws entsteht ein richtiger Sog“, kritisiert Gaby Schmitz, zumal der alternative Radweg am Elspebach laut Wolfgang Poguntke seit Monaten gesperrt ist. Aber auch für Fußgänger ist der starke Verkehr eine Bedrohung, trotz der Fußgängerampel. Das Rotlicht werde regelmäßig überfahren. Deshalb fordern einige Elsper eine Vorschalt-Ampel, die blinkend auf die rote Ampel hinweist.
Einkaufsmarkt wird vermisst
Schmerzlich vermisst, da sind sich alle einig, wird der frühere Supermarkt (REWE Kaufpark) an der B 55, der jetzt geschlossen ist, weil sich die zu kleine Verkaufsfläche nicht mehr gelohnt hätte. Der neue Discounter (Penny) ohne Wurst- und Fleischtheke bzw. eine Käsetheke könne diesen nicht ersetzen. Die Kritik richtet sich an den Eigentümer, der zu wenig in das Gebäude investiert habe, aber auch an die Stadt, die hier keinen größeren Einzelhandel zulasse. Folglich würden viele jetzt auswärts einkaufen. „Wenn Menschen sich anders orientiert haben, kommen sie nicht mehr wieder zurück“, befürchtet Gaby Schmitz.
Sorge um Infrastruktur
Was den örtlichen Einzelhandel angeht, steht Elspe noch gut da, aber er bröckelt. Ein Deko-Geschäft habe vor kurzem geschlossen, auch eine Fahrschule wolle sich zurückziehen. Aber es gibt auch gute Nachrichten. Die Star-Tankstelle hat gerade ihren Vertrag um zehn Jahre verlängert, erklärte Seniorchef Josef Heinrichs: „Wir haben viel investiert und bald gibt es bei uns auch E-Ladesäulen.“ Und da sei ja auch noch das Geschäft Görg, seit über 125 Jahren ein Pfund in der Elsper City, wo es alles für Schule und Büro, Geschenk- und Trendartikel, Spiel- und Schreibwaren, Zeitungen etc. gibt, außerdem Lotto, Toto und „eine richtige Post“, so ein Seitenhieb auf den Zentralort Altenhundem.
Schandfleck Krankenhaus
Um den Lautstärke-Pegel im gemütlichen neuen Schützen-Stübchen, das nach dem gelungenem Umbau aus dem alten Speisesaal der Schützenhalle entstanden ist und künftig als eine Art „Dorftreff“ bzw. Dorf-Kneipe fungieren soll, merklich anzufeuern, bedurfte es an diesem Abend nur eines Stichworts: Altes Krankenhaus. „Lost Place“ und „Schandfleck“, „Wie kann man ein Gebäude nur so verrotten lassen“, sind nur einige Zitate der Bürger, verbunden mit einem Rundumschlag gegen alle Beteiligten jetzt und in der Vergangenheit. Obwohl es ein Privatgrundstück ist, sehen viele Elsper auch die Stadt in der Pflicht, weil Gefahr im Verzug sei, denn schon öfter kullerten Holzstücke und Steine auf das Umfeld. Max Ellinger: „Das Ding muss weg, am besten gestern.“
1025 Jahre Elspe: Das Programm
Mittwoch, 18. Juni 2025: 19 Uhr: Gellestatt Open Air mit der Band „Zentraleinkauf Obst und Gemüse“ (ZEOG), Donnerstag, 19. Juni: Gottesdienst in der Pfarrkirche, anschl. Dorffest auf dem Marktplatz mit vielen Aktionen, unterstützt durch die Elsper Vereine, und große Kaffee- und Brunchtafel für Jung und Alt.
Freitag, 26. September 2025: Große Kinderdisco mit DJ und Lichteffekt-Show in der Schützenhalle; Samstag, 27. September: Großes Jubiläumsfest ab 19 Uhr in der Elsper Schützenhalle, mit der Live Band „Die Brandstifter“ aus Attendorn und vielen Überraschungen in der Halle.
Altersgerechtes Wohnen
Den freiwerdenden Platz könne man für die Anlage eines kleinen Parks u. a. für die Bewohner des nahegelegenen Seniorenheims nutzen, so ein Vorschlag aus der Bürgerschaft. Oder vielleicht für seniorengerechtes Wohnen? Denn: „Wir haben ein großes demographisches Problem und es gibt bei uns keine Angebote für barrierefreies und betreutes Wohnen“, so Benjamin Heinert. Fast neidisch blicken die Elsper auf Initiativen wie zum Beispiel den neuen Wohnpark in Langenei mit zehn barrierefreien Wohnungen. Auch in Elspe wohnen viele Senioren zum Teil in größeren Eigenheimen, die sie überfordern. Wenn diese dem Wohnungsmarkt zur Verfügung stehen würden, würde sich das zweite „Wohnproblem“ entspannen, zu wenig Wohnraum für junge Familien, denn auch viele „ausgewanderte“ Elsper zieht es in die Heimat zurück. Lothar Wittwer: „Ich kenne drei Paare, die ihre Kinder hier in Elspe aufwachsen sehen wollen.“
Schule und Vereine
Der Grundschule in der früheren Hauptschule will die Stadt eine neue Turnhalle spendieren. Lieber hätten es die Elsper, die Stadt würde das Geld in die Sanierung und Reaktivierung des früheren Lehrschwimmbeckens stecken, das jetzt zum Teil als Löschwasserreservoir für die Feuerwehr dient. Denn zum Schwimmunterricht werden die Kinder jetzt nach Grevenbrück gekarrt. „Das ist eine Frechheit der Stadt, die Kinder stehen länger unterm Föhn oder sind im Bus als im Wasser“, empörte sich ein Vater. 13 Vereine sind in Elspe zuhause, die Zusammenarbeit ist gut, Nachwuchsprobleme gibt es nur vereinzelt. Trotz intakter Vereinskultur: „Es wird nicht einfacher für die Vereine“, aus personeller und aus finanzieller Hinsicht, so Maximilian Ellinger, Vorsitzender des Schützenvereins St. Jakobus. Allgemeine Kritik hagelte es an der komplizierten Förderpraxis für öffentliche Zuschüsse. Kleinere Vereine hätten kaum eine Chance, an Fördermittel zu kommen, „dafür müsste es eine zentrale Anlaufstelle geben“, so Ludwig Schneider (ARGE).
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Wirtschaft
In kaum einem anderen Ort gibt es so viele Firmen in nächster Nachbarschaft zu den Wohngebieten. Bis ins Zentrum ragen die Firmengebäude. Woanders sorgt die Nähe mit unterschiedlichen Interessenslagen regelmäßig für Zoff und Ärger – nicht so in Elspe. Benjamin Heinert: „Das ist eine geborene Struktur, das ist hier kein Problem.“ Zumal die Unternehmen für Vereine und Dorfgemeinschaft ein verlässlicher Partner sind, wenn es um Sponsoring von Veranstaltungen gehen. Dazu gibt es bald wieder Gelegenheit, denn im kommenden Jahr feiert der Ort 1025-jähriges Bestehen (siehe Infobox) und 2026 ist der St.-Jakobus-Schützenverein Gastgeber des Kreisschützenfestes.
Kurz vor Weihnachten fragten die WP-Reporter letztlich nach den „Elsper Wünschen fürs Fest“: Der Wunschzettel u. a.: Wallburgturm freischneiden, mehr Freizeitangebote für Mädchen, mehr Ruhebänke im Gewerbegebiet und mehr Wild-West- und Indianer-Symbolik, denn schließlich sei man ja das Karl-May-Dorf. Winnetou und Old Shatterhand hätten sicherlich nichts dagegen.