Rüblinghausen. Jürgen Kebbekus brennt nicht nur für seinen Beruf, sondern auch für ein erfüllendes Hobby. Sein neuestes Werk verschlang 1000 Stunden.

Die Auslage der Olper Metzgerei Kebbekus hat zwei Besonderheiten. Zum einen findet man wahrlich nicht oft neben Fleisch- und Wurstwaren eine ausgesuchte Käseauswahl in einer Metzgerei. Zum anderen aber fällt eine Reihe von Maschinen auf, die auf einem Regalbrett unter der Decke als Blickfang dienen: Motoren und Dampfmaschinen. Sie passen aber trotz der ungewöhnlichen Zusammenstellung in die Metzgerei, denn wie die Salate und Würste in der Kühltheke sind auch all diese Maschinen selbst hergestellt.

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Metzgermeister Jürgen Kebbekus übt seinen Beruf mit Leidenschaft aus. Als er die Schule zu Ende gebracht hatte und vor der Berufswahl stand, war es für ihn selbstverständlich, in den Familienbetrieb einzusteigen und unmittelbar an die Metzgerlehre auch in Rekordzeit die Meisterschule anzuschließen. Doch gibt es eine zweite Leidenschaft, die ihn im Anschluss an die Arbeit ausfüllt: den Modellbau.

Lanz
Wie das Original: der Miniatur-Lanz im Maßstab 1:5. © Jörg Winkel | Jörg Winkel

„Geschraubt habe ich eigentlich immer“, blickt Jürgen Kebbekus zurück, und den Einstieg in den Modellbau machte er in der Schule. Lehrer Volker Reichel, längst im Ruhestand und seit vielen Jahren als Fraktionschef der SPD im Olper Rat bekannt, leitete damals die Modellbau-Arbeitsgemeinschaft. Kebbekus: „Ich war ein schlechter Flieger, und wer ein schlechter Flieger ist, muss ein guter Modellbauer sein“, denn schließlich galt es, das wieder einmal abgestürzte oder notgelandete Modellflugzeug rasch wieder an den Start bringen zu können. Dem Modellbau folgte die Moped-Zeit, verbunden mit viel Geschraube und technischen Neuerungen. „Dann habe ich irgendwann beschlossen: Ich baue eine Dampfmaschine“, erinnert sich Jürgen Kebbekus. Aus einer Dampfmaschine wurden drei, und eines stellte sich ein, was bis heute blieb: „Was mich reizt, ist das Bauen. Wenn eine Maschine fertig ist und läuft, dann wird es langweilig.“

„Da kann ich einfach abschalten.“

Jürgen Kebbekus
Modellbauer aus Leidenschaft

Und Langeweile ist gar nichts für Jürgen Kebbekus. Im Keller der alten Dorfschule von Rüblinghausen, die die Familie Kebbekus kaufte und zum Wohnhaus umbaute, ist im Lauf der Jahre eine Werkstatt entstanden, die angesichts ihrer Ausstattung bei wohl jedem Bastler Neid erzeugt. Tischbohrmaschine, Drehbank und Fräse, 3D-Drucker, sogar ein Schmelzofen – es gibt praktisch nichts, was Jürgen Kebbekus in andere Hände geben muss. Der Dampfmaschine folgten erste Motoren, ein stationärer Zweitakter etwa. Dazwischen ein komplettes, schwimmfähiges und selbstfahrendes Dampfschiff. „Dann hat mein Vater sich den ersten Trecker gekauft“, erinnert sich Jürgen Kebbekus: Es war ein Lanz, und an dem gab es einiges zu reparieren. Aber das macht dem Metzgermeister nicht dieselbe Freude wie der Modellbau. Und so brachte er nun Traktor und Modell zusammen: Während der vergangenen drei Jahre entstand im Modellbaukeller ein maßstabsgetreuer Nachbau des legendären Lanz-Verkehrsbulldogs vom Typ HL 12, wie er von 1921 bis 1929 in Mannheim gebaut wurde. 1:5 ist hier der Maßstab, und mit einer einzigen Ausnahme hat Kebbekus wirklich jedes Bauteil des Traktormodells selbst gebaut. Der Großteil davon entstand nach Originalplänen, die Jürgen Kebbekus maßstabsgetreu verkleinert. „Die Gussteile sind aus Aluminium, da habe ich mir beim Reifenhändler eine Unfall-Alufelge besorgt und eingeschmolzen.“ Solche Arbeiten erledigt er vor der Tür im Schutz eines Vordaches. „Und ansonsten gehe ich eigentlich jeden Abend für ein, zwei Stunden in meine Werkstatt. Sonntags auch mal den ganzen Tag. Da kann ich einfach abschalten.“ Er drehte, fräste, bohrte, schliff, passte ein und besserte nach, selbst die Gummireifen hat er selbst gegossen, weil an allen fertig verfügbaren Profilen bestimmte Vertiefungen fehlten.

Original hat 12 PS

„Ich habe überschlagen: Das hat alles zusammen ungefähr 1000 Stunden gedauert“, so die Bilanz des begabten Modellbauers. Der Mini-Lanz funktioniert fast wie sein Vorbild. Auch hier muss erst ein Brenner in Gang gesetzt werden, bevor der Motor startet. Hier hat Jürgen Kebbekus sich aber eine kleine Abweichung vom Original erlaubt. Der Modellantrieb ist ein spiritus-betriebener Vakuum-Motor, der aufgrund seiner geringen Verdichtung viel einfacher zu bauen ist als ein echter Diesel. Doch das Anwerfen per Schwungrad und Laufgeräusch und das typische Nicken des Traktors sind identisch mit dem Original, das aus über 6 Litern Hubraum ganze 12 PS schöpft. Lenkung, Schaltung, alles funktioniert. Und nur ein Teil hat Jürgen Kebbekus nicht selbst gebaut: einen Eimer, der eigentlich an jedem Lanz hängt, um tropfendes Wasser aufzufangen. Er stand schon kurz davor, einen kleinen Blecheimer selbst zu bauen, als Ehefrau Heike einfiel, dass sie einen ganzen Satz kleiner Eimer in einem Bastelset bekommen hatte. „Ich habe nachgemessen, es war exakt der richtige Maßstab“, freut sich Jürgen Kebbekus, der den Eimer gern nahm und ihm lediglich den richtigen Farbton verpasste.

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Inzwischen ist der kleine Lanz schon wieder abgeschrieben, weil eben fertig und damit „langweilig“. Die Produktion der Kebbekus-Werkstatt allerdings läuft längst wieder: Die ersten Teile eines Benz-Motorwagens Nr. 3 sind bereits fertig. Im Maßstab 1:3 will Jürgen Kebbekus gleich zwei Nachbauten des ersten Automobils schaffen, das für eine echte Ausfahrt genutzt wurde, die legendäre Tour von Bertha Benz ohne Wissen ihres Mannes von Mannheim nach Pforzheim, die als Pioniertat gilt, welche die Alltagstauglichkeit des ersten Serien-Automobils unter Beweis stellte.